Die Wildschweine sind los
Viele Rasenflächen gleichen einem umgepflügten Acker
Von Simone Jacobius
In diesem Jahr treiben sie es wirklich wieder wild. So manch Rasen sieht aus wie ein umgepflügter Acker, auch die Grünstreifen entlang des Müggelheimer Damms sind aufgewühlt, ebenso wie viele Rasenflächen zwischen Straße und Gartenzaun. „Normal”, heißt es aus dem Forstamt. Die Wildschweinpopulation entwickle sich immer wellenförmig, der letzte Jahrgang hätte gute Lebensbedingungen gehabt, von daher seien in diesem Jahr sehr viele unterwegs und auf Futtersuche. Vor allem die nötigen Proteine in Form von Würmern und Engerlingen finden sie jetzt in gut bewässerten Rasenstücken.
„Die Verwüstungen, welche diese Population hinterlassen, sind nicht zu übersehen. Das Straßenland von ganz Müggelheim ist zerwühlt. Es sieht schrecklich aus und schadet dem Ansehen unseres schönen und bei Ausflüglern beliebten Müggelheim”, schreibt mir ein Müggelheimer Ehepaar. Das Paar hat immerhin mit bekommen, dass in letzter Zeit drei Wildschweine im Bereich Ludwigshöheweg erlegt worden sind.
Doch wie viele dieser Waldbewohner gibt es und wie viele sind inzwischen schon „verstädtert”? Wildschweine sind äußerst anpassungsfähige Tiere, was es schwierig macht, ihren Bestand genau zu erfassen, heißt es dazu von Staatssekretärin Britta Behrendt aus der Senatsverwaltung für Umwelt. Sie hatte auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Martin Sattelkau geantwortet, der sich nach der Bejagung von Wildschweinen speziell im Gebiet Müggelheim erkundigte.
Innerhalb bewohnten Gebietes dürfen nur die Stadtjägerinnen und Stadtjäger Jagd auf Wildschweine machen. Und das ist meist wenig. So wurden im Bereich Müggelheim im vergangenen Jahr beispielsweise gerade mal drei Schwarzkittel erlegt. Das heißt, diesen Stand haben wir für dieses Jahr jetzt auch schon erreicht. Viele meinen, dass der finanzielle Anreiz für die Stadtjäger zu gering sei und fordern eine höhere Abschussprämie. Das wird jetzt geprüft.
Aber die Stadtjäger führen auch regelmäßig Beratungen durch, um Anwohner über die Sicherung von Grundstücken und die Reduzierung von Nahrungsquellen (wie Kompost oder bewässerte Flächen) zu informieren. Auch die Revierförstereien bieten regelmäßige Sprechstunden an.
Denn Wildschweine dringen zunehmend in urbanisierte Räume vor. Grund dafür ist die lange Trockenperiode im Juli und August. Sie führt dazu, dass Wildschweine ihre Nahrungssuche auf feuchtere Gebiete ausdehnen – also in die Nähe von Gewässern oder in Siedlungen mit bewässerten Flächen. „Einige Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer haben im Straßenrandbereich Rasenflächen angelegt, die sie pflegen und insbesondere im Sommer bewässern. Diese optisch ansprechenden Flächen bieten jedoch auch Insekten, wie Käfern, geeignete Ablageplätze für ihre Eier. Wenn diese Insekten zu Engerlingen heranwachsen, könnten sie der Hauptgrund für das Wühlen der Wildschweine auf der Suche nach Nahrung sein”, erläutert Behrendt.
Um diesem Problem entgegenzuwirken, könnten Maßnahmen wie der Verzicht auf die Bewässerung von für Wildschweine zugänglichen Flächen sowie eine effektive Einzäunung privater Grundstücke in Betracht gezogen werden. Die Entscheidung über die Umsetzung dieser Maßnahmen liegt jedoch im Ermessen der Grundstückseigentümer. Soll heißen: Wir alle können dazu beitragen, dass die Wildschweine im Wald wohnen bleiben und dort ihr Futter suchen. Dazu gehört auch, dass wir Fallobst schnell entsorgen und die Tiere nicht mit Küchenabfällen füttern. Und dann dürfen wir noch entscheiden, ob wir lieber ein ansprechendes grünes, dafür aber zerwühltes Umfeld haben möchten, oder lieber ein gelbes, vertrocknetes.