Müggelheim bei Olympia dabei

Pauline Jagsch hat auf der Krampe paddeln gelernt. Jetzt startet sie in Paris

Von Simone Jacobius

PRIVAT

Sie liebt das Wasser, die Bewegung, ihren Sport. Pauline Jagsch ist im Olympiateam der deutschen Kanuten und derzeit in Paris. Am 6. August beginnen die Kanu-Wettkämpfe östlich von Paris im Wassersportzentrum Vaires-Sur-Marne (zwischen Paris und Disneyland) und die 21-jährige Müggelheimerin wird im K4 und im K2 jeweils über 500 Meter an den Start gehen. Mit ihrer K2-Partnerin Lena Röhlings stellt sie ein Berliner Team dar – und zwar eines, dass bereits seit zehn Jahren gemeinsam durch Dick und Dünn geht.

Die Liebe zum Wasser wurde Pauline quasi in die Wiege gelegt. „Ich bin in Müggelheim aufgewachsen“, sagt sie zur Begründung und kann sich noch gut an das erste Schnuppertraining als Fünfjährige mit der Kitagruppe im Kanuverein Müggelheim erinnern. „Weit gekommen bin ich nicht. Ich landete noch am Steg im Wasser“, sagt sie heute lachend. Abgeschreckt hat es sie nicht…

Mit der gleichaltrigen Lena Röhlings ist sie bereits als Elfjährige bei einer Pfingstregatta in Saalfeld das erste Mal im K2 gestartet und landete gleich auf dem Siegertreppchen. „Der Zweier begleitet uns somit schon recht lange, auch wenn immer nur sporadisch, doch wenn wir zusammenfahren, ist immer eine gewisse Magie mit im Boot. Insgeheim war immer unser Traum 2028 in Los Angeles zusammen an den Start zu gehen und dass das Ganze nun schon vier Jahre früher klappt, ist einfach phänomenal“, freut sich Pauline.

Das Berliner Team gehört zu den jüngsten Teilnehmerinnen im Zweierkajak der Damen. Deutsche Meistertitel hat sie schon mehrere. Die nationale Rangliste der Damen hat sie auf Platz 1 gewonnen. International hat sie im K4 beim Worldcup in Szeged und Poznan (zusammen mit Paulina Paszek, Jule Hake und Sarah Brüßler) den zweiten Platz geschafft – beides zusammen war maßgeblich für eine Olympia-Qualifizierung.

„Ich komme aus einer Wassersportfamilie, wollte aber eigentlich gar nicht in den Leistungssport. In der siebenten Klasse habe ich es noch abgelehnt, Zeit mit Freunden und Familie zu haben war mir wichtiger“, erinnert sie sich. Erst in der zehnten Klasse hat sie sich für den Leistungssport entschieden. Die fröhliche, 1,85 Meter große junge Frau sagt zwar schon von sich, dass sie ehrgeizig sei – aber ohne dabei verkrampft zu sein. Mit der Entscheidung für den Leistungssport wechselte sie vom Köpenicker SC zum professionelleren SC Berlin-Grünau, legte ihr Abitur auf der sportbetonten Flatow-Schule ab und trainierte dann ein- bis zweimal täglich. Jetzt zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele auch vier Mal am Tag. Werktags wohnte sie im Internat in Grünau, an den Wochenenden im Elternhaus in Müggelheim. Auch jetzt lebt sie noch in Müggelheim – wenn sie mal in Berlin ist. Denn etwa die Hälfte des Jahres ist sie bei Wettkämpfen im In- und Ausland oder in Trainingslagern. 

Inzwischen ist Pauline in der Sportfördergruppe der Bundeswehr als Sportsoldatin und studiert an der Hochschule für Sport und Gesundheit – sehr viel online. Klar, dass auch hierbei der Fokus auf Sport liegt. Mit dem Studiengang Soziale Arbeit & Sport würde sie später gerne mit Kindern zusammenarbeiten. „In welche Richtung es genau geht, weiß ich noch nicht, da muss ich noch mehr Erfahrungen sammeln. Aber am liebsten würde ich aktuell an einer Grundschule arbeiten und/oder in Sportvereinen“, sagt sie. Im letzten Semester ist das Studium allerdings etwas kurz gekommen. Die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele hatte Vorrang. „Aber das wird nächstes Semester wieder  anders“, verspricht sie sich selbst. Denn sie weiß, wie schnell Leistungssport zu Ende sein kann und will auf jeden Fall für die Zeit danach gewappnet sein.

Kurz vor den Olympischen Spielen haben die Kanuten noch in Kienbaum trainiert – und sie sich ein Zimmer mit Teamkollegin Lena geteilt. Die beiden wollen auch im Herbst gemeinsam auf ihre Lieblingsinsel fahren: Mallorca. Und noch etwas eint die beiden jungen Frauen: ihre Liebe zu Schlagern. Eher eine ungewöhnliche Leidenschaft in diesem Alter.

Doch zuerst liegt der Fokus auf Olympia. Denn das bedeutet Pauline sehr viel, „weil es so auf Anhieb geklappt hat; ich kann nicht sagen, dass es schon ein Traum von Kindheit an gewesen war, sondern der Traum von Olympia  ist tatsächlich erst in den letzten Jahren gewachsen“, sagt sie. Sie hat ein gutes Gefühl, da sich ein tolles Team um den Trainer Lars Kober (auch ein Ex-Müggelheimer) gebildet hat und das letzte halbe Jahr intensiv trainiert wurde. Aus Köpenick sind außerdem noch Tim Hecker und Lisa Jahn dabei. Und Lars Kober ist als Bundestrainer der Kanadier Herren mit in Paris. 

Pauline hofft, in Paris das abrufen zu können, was sie im Training und bei den Worldcups gezeigt hat und natürlich ist es ihr Traum, mit einer Medaille nach Hause zu fahren; sowie die Spiele genießen zu können und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Denn Paris soll nur der Auftakt sein. Ihr eigentliches Ziel ist Los Angeles in vier Jahren, wo sie auf jeden Fall wieder mit am Start sein möchte.

Wer Pauline sehen möchte, kann die Renn-Kanu-Wettkämpfe in den Livestreams bei ARD/ZDF vom 6. bis 10. August verfolgen und dann ggf. die Endläufe des Damen-K2 und Damen-K4 im ARD/ZDF-Fernsehen.