Tipps für Sportler gegen Krämpfe

MR Dr. Rolf Förster – Facharzt für Sportmedizin

Wadenkrämpfe treten leider plötzlich und unerwartet auf und bereiten mitunter höllische Schmerzen. Meistens hält der Spuk nicht lange an, sodass kein (Be-)Handlungsbedarf besteht, es sei denn, die Krämpfe treten häufig oder gar sehr häufig auf.
Ein Wadenkrampf entsteht eigentlich nicht in der Muskulatur, ist also kein rein muskuläres Problem, wie viele Patienten denken, sondern ein neurologisches. Ausgelöst werden Muskelkrämpfe durch spontane Depolarisierung der Nervenmembranen: Es bilden sich Nervenimpulse, die dann im Endeffekt zu einem „Erregungssturm“ im Muskel führen.
Elektrolytverschiebungen können die Reizbarkeit der Nerven, die den Muskel versorgen, erhöhen und die Entstehung von Krämpfen begünstigen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Menschen im Sommer mehr Wadenkrämpfe bekommen als im Winter – man schwitzt mehr und trinkt unter Umständen nicht genug.
Weitere Risikofaktoren sind vorgeschädigte Schutz-und Isolierschichten der Nervenfasern, die aus dem sogenannten Myelin bestehen. Eine solche Demyelinisierung kann durch unterschiedliche Erkrankungen wie z.B. die diabetische Neuropathie oder Schilddrüsenerkrankungen hervorgerufen werden, aber auch durch verschiedene Medikamente, Alkohol und Vitamin B-Mangel. Bei älteren Menschen treten auch deshalb Wadenkrämpfe häufiger auf. Hinzu kommen mechanische Auslöser: Senkt man die Zehenspitzen nach unten, so dass sich der Wadenmuskel verkürzt – wie das beispielsweise der Fall ist, wenn der Fuß durch eine schwere Bettdecke heruntergedrückt wird oder in fußschädigenden High-Heels steckt – kann es leicht zu Wadenkrämpfen kommen. Auch übertriebene Saunagänge, bei denen der starke Elektrolytverlust nicht zwischendurch ausgeglichen wird, können zu Muskelkrämpfen führen. Häufig sind auch Irritationen der beinversorgenden Nerven beim Abgang aus dem Wirbelkanal durch Bandscheibenvorwölbungen etc. Auslöser. Beugt man den Fuß in die Gegenrichtung und streckt dabei den Wadenmuskel, löst sich der Krampf. Die Akutempfehlung lautet daher, den Wadenmuskel zu dehnen bzw. seinen Gegenspieler anzuspannen.
Tipps zur Vorbeugung: In Bewegung bleiben, regelmäßiger moderater Ausdauersport. Übertreiben sie es aber nicht und achten Sie darauf, Ihre Muskeln nicht zu überlasten. Fakt ist aber: Muskeln, die nicht an Bewegung gewöhnt sind, verkürzen sich und sind schneller überlastet. Wer nach abendlichem Training zu Wadenkrämpfen neigt, sollte lieber morgens Sport treiben. Zusätzliche Magnesiumzufuhren können manchmal helfen, sie nützen aber oft mehr dem Hersteller. Hüten Sie sich vor unseriösen Fernsehwerbungen. Essen Sie vielmehr ausgewogen. Wer sich gesund ernährt beugt durch den ausreichenden Mineralstoffgehalt Elektrolytstörungen vor. Und vernachlässigen Sie nicht die Flüssigkeitszufuhr (günstig: Apfelschorle im Verhältnis Wasser zu Saft von 3:1 ).
Worauf Sie hingegen verzichten sollten: Hungerkuren sowie zu viel Fast Food. Bei Verformungen oder Fehlstellungen der Füße und Beine kommt es aufgrund der Fehlbelastungen häufiger zu Wadenkrämpfen (Orthopäden aufsuchen). Tragen Sie bequeme und möglichst keine hochhackigen Schuhe. Auch kann eine ungünstige Schlafposition dazu führen, dass die Wade nachts verkrampft. Rückenschläfern hilft oft eine Knierolle dabei entspannt zu schlafen. Wenn Sie auf der Seite schlafen, kann ein sogenanntes Seitenschläferkissen helfen, das zwischen die Knie geklemmt wird. Ansonsten kann es guttun, aufzustehen und ein wenig umherzugehen, Beine ausschütteln, Muskel knetend massieren und Dehnübungen durch Vorfußanhebungen durchzuführen wobei die Ferse fest auf den Boden gedrückt bleiben muss.
Bei dennoch sehr häufigen und schmerzhaften Krämpfen kommen Chininpräparate zum Einsatz, die meist wirkungsvoll, allerdings verschreibungspflichtig sind. Manchmal hilft auch schon ein Tonic Wasser, es muss ja nicht gleich ein Gin-Tonic sein oder?