Glanz vergangener Zeiten
Der 1961 wieder aufgebaute Müggelturm war früher ein Publikumsmagnet – und steuert wieder darauf zu
Von Michael Braun, Hönow
Auch wenn die äußere Erscheinung nicht unbedingt ins architektonische Weltkulturerbe gehörte, der neue Müggelturm von 1961 „erbte” ganz sicher die Beliebtheit seines Vorgängers. Dabei waren im Wettbewerb durchaus nicht nur „Quadratisch-praktisch-gut-Entwürfe“ eingegangen. Allein das Portemonnaie war zu dünn für andere, schönere Lösungen.
Etwa 240.000 Besucher machten sich seit 1961 Jahr für Jahr auf die Kraxeltour den Berg und die 126 Treppenstufen des Turms hinauf. Ansonsten stand der neue Turm gut sichtbar als Landmarke am Südufer des Müggelsees, gut drei Meter höher als der alte. Bis zum Untergang der DDR konnte sich sicherlich niemand ein Ostberlin ohne ihn vorstellen, so viele Attraktionen gab es dort ja auch nicht.
Das änderte sich 1989 schlagartig. Der Zuspruch sank leider abrupt, anders ausgedrückt: Die Berliner orientierten sich neu. Attraktionen konnten nun überall erfahren werden. Die kommenden 25 Jahre verfiel der Charme von Turm und Gaststätte buchstäblich auf einen nie geahnten Tiefstwert. Erst mit der Übernahme durch Matthias Große war der Niedergang gestoppt und die Chance auf einen Neustart gegeben. Große indes musste sich durchkämpfen. Von der Inbesitznahme Anfang Mai 2014 bis zur Erteilung der Baugenehmigung vergingen schon mal mehr als drei Jahre.
Dann allerdings kam ein beachtliches Tempo auf: Terrassenvergrößerung, Wintergarten, Straßenankauf und behindertengerechte Erschließung, um nur einige der gelösten „Problemzonen“ zu nennen.
Am 1. Mai 2018 dann die lange erwartete Neueröffnung mit viel Musik und Maischolle im Angebot für 9,90 Euro. Seitdem sind Turm und Gaststätte täglich von 10 bis 20 Uhr für Gäste empfangsbereit. Der Ausblick ist nach wie vor grandios.
Zu wünschen wäre dem Müggelturm allemal, dass er wieder den Stellenwert zurückbekommt, den er offenbar einmal besaß. Denn 1958 öffnete die Gaststätte schon 48 Stunden nach dem von der Plattform her ausgebrochenen Brand wieder, so wichtig war das Bauwerk damals. Das nach dem Entfernen aller Eisenstützen übrig gebliebene Brandholz wurde übrigens Müggelheimer Rentnern kostenlos übereignet. Dem damaligen Baumeister Jacob kann es nur Recht gewesen sein und die Rentner hatten‘s schön warm und gemütlich. So geht Sparsamkeit!
So preiswert, wie die Silvesterfeier 1960 für 25 Mark wird es künftig nicht wieder sein, aber feiern kann man dort auch wieder. Das wurde schon mehrfach bewiesen, nicht nur zu Silvester.
Zu tun bleibt allerdings immer noch. Die Planungen des jetzigen Besitzers Mathias Große sehen unter anderem vor, dort eine Außenstelle des Standesamtes einzurichten, eine umfassende Sanierung der Außenanlagen, sogar eine Hundeterrasse soll es später geben. Na dann schon mal gut Wau, Wau.