Serie für den Natur- und Gartenfreund
Eiskalt erwischt
von Marianne Schäfer
Anfang Februar, der Himmel war klar und blau. Ich beobachte beim Frühstück die vielen Vögel am Futterhäuschen. Meisen, Grünfinken, Erlenzeisige, Buchfinken, auch ein Kernbeißer knabbert an den Kernen im Futterhäuschen. Die Meisen holen sich meistens ein Kernchen, fliegen damit auf einen Ast, dort hacken sie eifrig auf die Kernschale ein, damit sie an das nahrhafte Futter kommen. Alles war wie immer, bis mir auffiel, es sind außergewöhnlich viele Vögel da. Das bedeutet, es wird kalt! Der wenige Schnee war schon zuvor getaut. In den Gärten sah man schon die ersten Schneeglöckchen und auch die Krokusse schoben schon die grünen Spitzen aus dem Boden. Da kam aus dem Osten ein großes Hoch mit sibirischer Kälte.
Die plötzliche Kälte, ohne Schneedecke bezeichnet man als Barfrost. Diese unglückliche Konstellation mit der vorherigen milden Winterperiode, das wissen die Gärtner und langjährige Gartenbesitzer: das wird schlimm!
Erst jetzt im März, bei den frühlingshaften Temperaturen und den ersten Gartenarbeiten, werden die Schäden offenbar. Gnadenlos hat der Frost dem Frühlingserwachen ein Ende gesetzt. Ich telefonierte mit einem mir bekannten Gärtner. Er sagte: An so eine extreme Situation mit den Folgen kann ich mich nicht erinnern! Wir werden in den Gärten, wo man mit besonderen, teuren Pflanzen, viel Geld und Arbeit investiert hat, viele Verluste entdecken. Ja genau so war es! Diese teuren, neuen Züchtungen und Importe sind meistens unserem Brandenburger Klima nicht gewachsen.
Als es nun frühlingsmäßig milde wurde, konnten wir unseren Garten genauer betrachten.
Viele Blätter von meinem Efeu, welcher teilweise am Haus hoch wuchs, fallen braun und trocken ab. Besonders an der Ostseite des Hauses. Efeu ist die Symbolpflanze für ewiges Leben, für Beständigkeit und Ausdauer. Daher wird er auf vielen Friedhöfen und auch als Symbol in Steinplastiken, an Simsen und Säulen verwendet. Ich weiß, dass er nach einem Rückschnitt wieder ergrünen wird, aber traurig ist das jetzige Bild. Krokusse und Schneeglöckchen waren angefroren und leicht verkrüppelt. Einige Tulpen sind gar nicht mehr gewachsen, andere haben braune Spitzen und die Blüten sind stecken geblieben. Jetzt blühen die so genannten Botanischen Tulpen. Sie sind züchterisch kaum verändert. Daher sind sie robuster und erfreuen durch Beständigkeit. Dann sehen wir zu den Rosen. Da sieht es tatsächlich traurig aus. Je nach Standort und Sorte werden wir doch große Ausfälle haben. Bei einigen kann durch einen tiefen Rückschnitt noch kräftiger Austrieb erfolgen.
Erstaunlich sind die Schäden auch anvielen Sträuchern zu sehen. Feuerdorn, Berberitzen, Schneeball und auch bei einigen Freilandazaleen. Wieder mal sind bei den Kirschlorbeer Büschen die Blätter und auch die oberen Triebe braun. Entweder auch hier ein starker Rückschnitt, oder man trennt sich von den Pflanzen. Traurig ist der Anblick von den Grün-Weiß-Blättrigen und den Grün-Gelb-Blättrigen Eonymus, den Einfassungs- und rankelnden Halbsträuchern. Diese sind auch auf dem Friedhof, wo sie teilweise als Ersatz für den bisher so robust-gesunden Buxus, welcher nun wegen massivem Befall von neuen Krankheiten total gerodet werden musste, verwendet worden. Eventuell treiben sie nach einem tiefem Rückschnitt wieder aus. Teilweise wurden auch besonders dekorative Staudengräser vom Frost nieder gemacht. Auch diese sind Züchtungen. Die Gräser die früher Karl Foerster als Neuheit in der Gartengestaltung anbot, waren bodenständig und naturbelassen.
Selbst die "Zweijährigen", lang vertraute Pflanzen in unseren Gärten, die sich jedes Jahr selbst versamen, um dann im nächsten Jahr erst zu blühen, hat´s eiskalt erwischt. Davon betroffen sind zum Beispiel Goldlack, Lichtnelken, Bartnelken und auch die Silbertaler, oder Mondtaler genannten. Sie blühten im April hübsch violett und im Herbst leuchtete der Samenstand mit den Talern silbrig. Besonders traurig sind die Totalverluste bei den gesamten Heleborus Arten, den Christrosen. Alle, von Stinkwurz, über die weiße, im Spätherbst überreich angebotenen Christrosen, bis hin zu den größeren und farbigen Lenzrosen, sind beinahe alle erfroren. Eventuell haben sich einige wenige, welche einen ganz besonders geschützten Standort hatten und mit Laub und Kieferngeäst abgedeckt waren, gehalten.
Aber, sowie die Sonne die Luft und die Erde etwas erwärmte, wurden uns überall die bunten Frühlingspflanzen angeboten. Primeln mit extrem großen Blüten in Gelb, Rot und Blau. Stiefmütterchen, Osterglocken, Hyazinthen, Tulpen und dann bald auch die ersten Polsterstauden. Dazu noch das reiche Angebot von allen Ziergehölzen, die man nun, an die eventuell leeren Stellen pflanzen kann. Ich habe viele Frühlingsblümchen im Garten verteilt und freue mich an ihrem Blühen. Auf, auf in den Garten, es ist viel zu tun! Einiges kann ersetzt werden und andere Pflanzen werden wieder ergrünen. Vielleicht wird bei der Gelegenheit etwas im Garten umgestaltet. Karl Foerster sagte: Ein Garten ist nie fertig. Wer das glaubt, der irrt sich!