Pech für Müggelheim

Starts und Landungen gehen über unsere Köpfe

von Simone Jacobius

Nun stehen sie also fest die Flugrouten für den neuen BER. Lange erwartet, bargen sie nun doch keine großen Überraschungen mehr. Eigentlich blieb alles fast beim alten, auf dem Stand, den die Deutsche Flugsicherung (DFS) bereits im Juli 2011 vorgeschlagen hatte. Sie wurden nun nahezu vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) bestätigt. Und somit ist es amtlich: Der Müggelsee wird überflogen. Eines der größten Naherholungsgebiete der Stadt, Naturschutz- und Trinkwasserschutzgebiet liegt nun unter den Flugrouten. Bei Starts in Richtung Osten sollen dann 122 Flüge pro Tag dort rüber führen.

Über Müggelheim sind es immer noch 45 - und zwar die großen, schweren Maschinen, die länger geradeaus fliegen müssen. Damit ist zwar unserem Ort nicht der ganze Kelch übergeschüttet worden, aber zusätzlich zu den Landungen, die alle über Müggelheim führen, haben wir auch noch diesen Teil der Starts abgefasst. Demnach sind wir also doppelt belastet und haben, egal wie der Wind steht, immer Flugzeuge über unseren Köpfen.

Eine Hoffnung besteht allerdings: Denn sowohl das Bundesverkehrsministerium, als auch das BAF sicherten zu, spätestens nach einem Jahr die Routen überprüfen zu wollen - allerdings sei auch dann nur mit kleineren Modifizierungen und nicht mit bahnbrechenden Änderungen zu rechnen, heißt es.

Mehrere Gemeinden und Bürgerinitiativen haben jetzt bereits Klagen angekündigt - allen voran die Friedrichshagener. Sie wollen vor die Europäische Union gehen und Beschwerde einlegen. Wer genaueres zu den Routen nachlesen möchte, kann dies auf der Internetseite www.baf.bund.de tun.

Inzwischen hat sich eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Infrasturukturministeriums Brandenburg, der Fluggesellschaften, der Deutschen Flugsicherung und des Flughafens gebildet. Sie suchen nach Verbesserungsmöglichkeiten für die Flugroutenentscheidung. Beispielsweise ob die Piloten an Sonn- und Feiertagen erst eine größere Höhe erreicht haben müssen, bevor sie von der Route abweichen und frei fliegen dürfen. Oder auch, ob verspätete Maschinen ausschließlich auf der Südbahn landen dürfen, um weiter weg vom dicht besiedelten Gebiet zu sein. Tropfen auf dem heißen Stein! Allerdings wird auch geprüft, ob höhere Landeanflüge möglich sind - das würde dann Mügglheim unmittelbar betreffen. Die Flughafengesellschaft will jetzt aufgrund der Routenfestlegung das Gebiet neu berechnen in dem die Anwohner Anspruch auf Schallschutz haben.

Doch nur wer aufgibt hat verloren. Proteste, Demonstrationen - der Kampf geht weiter. Und der BVBB bereitet die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof vor. Wer sich nicht kampflos dem aufgedrückten Lärmteppich und den sinkenden Grundstückspreisen ergeben will, sollte endlich aufwachen und etwas tun.


Bei Regen und Kälte gegen den BER

"Überflüge stoppen", "Wir geben erst Ruhe, wenn über unseren Köpfen Ruhe herrscht" oder "BER = Polit-Versorgungswerk". Mit solchen und ähnlichen Transparenten machten die Betroffenen des Großflughafens BER in Schönefeld ihrem Unmut erneut bei einer Großdemo Luft. Knapp 5000 kamen bei eisigem Regen am 21. Januar zum Marsch auf der Friedrichstraße. Das Motto: "Der Gesundheit zuliebe - Neuplanung sofort". Auf dem Gendarmenmarkt wurde betonte BVBB-Ehrenvorsitzender Ferdi Breidbach erneut, dass der Standort aufgrund der gesundheitlichen Gefährdung Hundertausender nicht zu verantworten sei. Auch die Vorsitzende der CDU im Potsdamer Landtag, Saskia Ludwig, versprach den Betroffenen Unterstützung. Immer wieder wurden die falschen Aussagen der Politik an den Pranger gestellt. "Schönefeld wurde als Regionalflughafebn genehmigt, nicht als Drehkreuz, wie es jetzt beabsichtigt ist", erläuterte Franziska Borkenhagen vom Bündnis Südost. T./F. sip

Nächste Großdemo des BVBB und aller BIs am 25. Februar

Sammeln um 14.30 Uhr Gedächtniskirche/Breitscheidplatz; Abmarsch um 15 Uhr über den Kudamm - Ende gegen 16 Uhr

Schönefeld - das schriftliche Urteil liegt vor

Nach ungewöhnlicher Verzögerung liegt nun das schriftliche Urteil des 4. Senates des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) in Sachen Klage gegen Teile - Lärmschutzkonzept BBI - des Planergänzungsbeschlusses (PEB) zum Ausbau Flughafen Schönefeld vor. Das Urteil ist 76 Seiten lang. Hier kann ich nur ausgewählte, wichtig erscheinende Passagen heraus greifen und einige kommentieren. Ich gebe als Bezug die im Urteil zu findenden Randnummern (Rn) an.

(Rn 22) "Die Klagen sind nicht begründet. Die flugbetrieblichen Regelungen … des PEB leiden nicht an Fehlern, die zu einem Anspruch der Kläger auf neue Entscheidung führen." Das ist die Generalaussage. (Rn 24) "Die von den Klägern geltend gemachten Fehler des Planergänzungsverfahrens liegen nicht vor". (Rn 30) "Nach der Rechtsprechung des BVerwG müssen nicht alle Unterlagen, die möglicherweise zur umfassenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, ausgelegt werden, sondern nur solche, die – aus Sicht der potenziell Betroffenen – erforderlich sind, um das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen. … Das gilt auch für nachträglich eingeholte Gutachten; Anlass sie auszulegen besteht nur, wenn die Behörde erkennt oder erkennen muss, dass ohne diese Unterlagen Betroffenheiten nicht oder nicht vollständig geltend gemacht werden können." Hiermit wurde unsere Kritik an der Verdunkelungs- und Geheimhaltungsstrategie der Behörden abgeschmettert. Das "Nichterkennen" der Behörde, dass Unterlagen für Betroffene wichtig wären, reicht aus, um deren Unterdrückung zu rechtfertigen.

(Rn 45) "Die Planfeststellungsbehörde ist gemäß § 8, Abs. 4, Satz 1 LuftVG ermächtigt, im Rahmen der Planfeststellung … auch den Flugbetrieb zu regeln. Zentrales Element dieser Ermächtigung ist die mit ihr verbundene Einräumung planerischer Gestaltungsfreiheit. … Begrenzt wird die Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde durch das fachplanerische Abwägungsgebot i.V.m. dem in § 29b, Abs. 1, Satz 2 LuftVG enthaltenen Gebot, auf die Nachtruhe der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. … Innerhalb dieser Grenzen wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Planfeststellungsbehörde in der Kollision verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet; die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und damit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen." So, hier haben wir es. Das Gericht sieht, dass die Betroffenen (Kläger) zurückgestellt wurden und die Flughafengesellschaft (Beklagte) mit dem PEB begünstigt wurde. Es sagt aber, das ist in Ordnung, wegen Planungsfreiheit.

(Rn 48) "Für die Nutzung der Nachtrandzeiten, also in der Zeit von 22.00 bis 24,00 Uhr und 5.00 bis 6.00 Uhr, ist kein standortspezifischer Bedarf erforderlich. Auch die Durchführung eines Flugbetriebes in den Nachtrandstunden bedarf im Rahmen der Abwägung im Hinblick auf § 29b, Abs. 1, Satz 2 LuftVG jedoch einer besonderen Begründung. … Solche Gründe können sich z.B. aus den Erfordernissen einer effektiven Flugzeug-Umlaufplanung, aus den Besonderheiten des Interkontinentalverkehrs oder aus dem Umstand ergeben, dass der Flughafen als Heimatflughafen oder Wartungsschwerpunkt von Fluggesellschaften deren Bedürfnisse nachvollziehbar nicht ausschließlich in den Tageszeiten abdecken kann." Also ein Bedarf muss gar nicht da sein. Aber betriebswirtschaftliche Vorteile für Flughafen und Fluggesellschaften obsiegen über unseren Gesundheitsschutz.

Dieses Urteil können wir nicht stehen lassen. Zwölf BI – darunter auch der Müggelheimer Umweltkreis der evangelischen Kirche als erster - haben sich mit dem BVBB zu einer Klägergemeinschaft zusammen geschlossen, um den Fortgang des Klageverfahrens, erst zum Bundesverfassungsgericht und dann zum Europäischen Gerichtshof gemeinsam zu organisieren und zu finanzieren. Gemeinsam wurden für die BVerfG-Klage 85 000 Euro gesammelt. Das reicht. Rechtsanwalt Boermann und (neu) Verfassungsrechtler Prof. Zuck sind beauftragt. Parallel zur Klage sollen und müssen die öffentlichen Proteste weitergehen. Hier kann Müggelheim viel mehr tun. Harald Kampffmeyer Ortsgruppensprecher BVBB, 65 94 29 08