Ein Blick in die Vergangenheit
Altem Wasserwerk als historischem Bauwerk droht der Verfall
von Harald Kampffmeyer
Blickt man vom Müggelturm in Richtung Süd-Ost, so sieht man mitten im Wald zwischen den Bergen und dem Langen See einige rote Dächer. Es ist das alte Wasserwerk Köpenick. Dieses war am 6. Juni Ziel einer Besichtigung. Organisiert hatte das unser Müggelheimer und "alte Wasserwerker" Johannes Horscht. Teilnehmer: alte Kollegen von Johannes sowie Mitglieder des Umweltkreises. Geführt wurden wir von Andreas Huch, heute tätig im Wasserwerk Friedrichshagen.
Zunächst sei die gediegene Architektur des Gebäudekomplexes erwähnt. Dem Unterzeichner beschlich wieder der Gedanke: Mann, die konnten es noch, unsere Alten. Das Ensemble wurde 1907 fertig und ging in Betrieb. Damals war es das modernste Wasserwerk Deutschlands, denn alles funktionierte dort elektrisch.
Initiator für den Bau war der damalige Stadtrat Hugo Schüßler. Köpenick – damals noch nicht zu Berlin gehörig, sondern Stadt im Landkreis Teltow – hatte schon etwa 30.000 Einwohner. Und es war die "Wäscherei" von Berlin mit ungefähr 200 Wäschereibetrieben. Die brauchten Wasser. Grund genug, das Gewerbe mit einem neuen Wasserwerk zu unterstützen.
Der Köpenicker Stadtbaumeister Hugo Kinzer entwarf die Gebäude; eine Mischung aus englischem Landhausstil und deutscher Backsteinarchitektur. Das Wasser kam von unten aus zwei Hebebrunnengalerien, mit insgesamt elf Brunnen um das Werk herum. Das Grundwasser war – und ist auch noch heute – biologisch sauber.
Für das Wasser kam nun die 1. Reinigungsstufe, denn unser Grundwasser enthält Eisen und Mangan, jeweils gebunden in ihren Hydrogencarbonatformen. Da diese Verbindungen mit Sauerstoff reagieren, wurde das Wasser über Berieselungsanlagen der Luft ausgesetzt. Im Ergebnis entstehen dann ausflockende Metalloxidhydrate, die ausfiltriert wurden.
Dazu dienten als zweite Stufe Sandbettfilter. Davon gab es fünf mit je 100 Quadratmeter Fläche und ein Meter hoher Sandbettschicht. Die Filtergebäude sind tief in die Erde gelegt, um das Wasser kühl auf etwa acht Grad zu halten. Oben ist nur je ein bewachsener Hügel zu sehen. Wenn der Filtersand "gesättigt" war, wurde er in Knochenarbeit von den Arbeitern mit Schubkarren über Schrägen raus gekarrt und kam in die Sandwaschanlage, die ihr eigenes Gebäude hat. Dann wieder "sauberer" Sand wurde wieder verwendet. Mit diesem Schritt war das Wasser "fertig" und gelangte in den Reinwasserbehälter. Von dort wurde mittels dreier Pumpen (1 x 500 m³ /Stunde; 2 x 250 m³/Stunde) das Trinkwasser zu den Abnehmern befördert.
Aber für Müggelheim – auch Abnehmer – gab es eine Besonderheit: Den Hochbehälter auf den Müggelbergen, etwa 350 Meter vom Werk entfernt! Dem Betrachter erscheint dieser Behälter wie ein bewachsener Hügel. Darin ist aber eine Stahlbetonkonstruktion. Der Behälter fasste, wenn er voll war, 1930 Kubikmeter. Wir konnten nur den Eingangsbereich besichtigen, denn die innere Treppe zum oberen Rand des Behälters war gesperrt, weil sie bereits sehr verrostet ist.
Werk und Behälter gingen 1996 außer Betrieb. Das Werk steht unter Denkmalschutz. Nicht nur Gebäude, sondern auch die alte, gediegene technische Ausrüstung. Und das ist ein Problem. Wer kauft den Wasserbetrieben das Werk als Investor ab (auch nur für einen Euro), wenn er nichts daraus machen darf? Nur ein Museum ginge. Wie viele zahlende Besucher müssten dort kommen, damit sich das trägt? Da hin, so abgelegen mitten im Wald und nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar?
Zeichen des Verfalls sind jedenfalls schon deutlich sichtbar. Wenn nicht in naher Zukunft eine Instandsetzung erfolgt, wäre auch dieses Stück unserer Kulturgeschichte verloren. Mit dem Geld, das für "Leerlauf" von Wowereits Wunderflughafen BER in einem Monat verbraten wird, wäre alles zu retten. Aber unsere Politiker haben halt ihre Prioritäten!