Die eierlegende Wollmilchsau
Neue Lüfter des FBB vorgestellt
von Bernhard Jurisch
Wer seine Fenster wegen des Fluglärms geschlossen hält, muss auf andere Weise für eine Be- und Entlüftung der Räume sorgen. Der von der Flughafengesellschaft (FBB) im Rahmen des Schallschutzprogramms hierfür zur Verfügung gestellte Einfachlüfter war problematisch, weil er nur in einer Richtung arbeitete und so im Sommer feuchtwarme und im Winter feuchtkalte Luft in die Wohnung blies. Der dadurch im Inneren entstehende Überdruck drückte die Feuchtigkeit in Decken und Wände, so dass Schimmelbildung vorprogrammiert war. Es kam daher zum Rechtsstreit, in dem letztlich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg den betroffenen Bürgern Recht gab und die Flughafengesellschaft verpflichtete, in einem Belüftungskonzept nachzuweisen, dass durch eine geordnete Entlüftung keine Schäden entstehen.
Und siehe da! – Immer dann, wenn die Gerichte die Zumutungen der FBB zurückweist, wird sie erfinderisch und präsentiert eine Lösung, die zuvor vehement von ihr als zu teuer und unnötig abgelehnt worden war: Die – wie es ein Spaßvogel bezeichnete – eierlegende Wollmilchsau, mit welcher die FBB hofft, die aufwendigen Belüftungskonzepte vermeiden zu können. Es geht um Lüftersysteme, welche sowohl be- als auch entlüften, die mit der ausströmenden Luft entweichende Wärme zu 80 Prozent rückgewinnen, die einströmende Luft filtern und so von Pollen und (dem groben) Feinstaub reinigen, für einen Feuchtigkeitsausgleich sorgen, den Lärm nicht durch die Lüftungsrohre in das Haus lassen und das alles, ohne im Inneren störenden Luftzug zu verursachen.
Das machte neugierig!
Die Bürgerinitiative Müggelheim (BIM) und die Ortsgruppe des BVBB baten den Hersteller dieses Systems, die Fa. Siegenia, das Gerät am 16. März in einer gemeinsamen Veranstaltung im Dorfklub vorzustellen und sich den kritischen Fragen der Müggelheimer zu stellen.
Herr Nelles präsentierte das neu entwickelte Gerät „Aerovital ambience“, das wegen seiner relativ geringen Maße innen, sowohl für die Wand wie auch eine Deckenmontage ausgelegt ist. Die Luft wird in zwei getrennten, gegen Lärm und Temperatur isolierten Rohren von geringem Durchmesser, abwechselnd nach innen und nach außen geblasen. Die Luft wird seitlich an den Geräten an der Wand entlang in den Raum geführt bzw. angesaugt und nach außen geblasen, also nicht mittig in den Raum hinein, wodurch unangenehme Luftströmungen vermieden werden.
Die Leistung von 60 m³/Stunde wird als Luftaustausch für einen von zwei Menschen bewohnten Raum als ausreichend angesehen. Die Wärmerückgewinnung von 85 Prozent ist – worauf Herr Nelles hinwies – sicherlich besser als bei einem geöffneten Fenster, bei dem ein Wärmeverlust von 100 Prozent entsteht. Die FBB bezahlt die Basisversion des Geräts und hat sich bereit erklärt, bereits eingebaute Einfachlüfter auf Antrag auszutauschen. Es gibt darüber hinaus die „Smart“-Variante mit Fernsteuerung über WLAN, die allerdings teurer ist.
In der sehr lebhaften Diskussion wurden kritische Fragen zu dem Filterkonzept gestellt: Der Hersteller geht davon aus, dass die Filter zweimal im Jahr ausgetauscht werden sollten, was bei einem Filterpreis von zur Zeit 28 Euro eine nicht unerhebliche Kostenbelastung darstellt; zumal dann, wenn für das betreffende Gebäude mehrere Lüfter erforderlich sind. Nach den Vorstellungen der FBB sind diese Kosten, wie auch die Stromkosten, von den betroffenen Bürgern zu tragen.
Dr. Thomas von der BIM wies darauf hin, dass zwar die Filter der Klasse 5 ausreichend Pollen und den groben Feinstaub (Rußpartikel) zurückhalten, was für den Allergiker eine erhebliche Verbesserung gegenüber einer einfachen Fensterlüftung bedeute. Es bestehe aber die Gefahr, dass durch das Herausfiltern des groben Feinstaubs die Kristallisationskerne für die Ultrafeinpartikel fehlten, die – als Nanopartikel fast schwerelos – dann lange Zeit im Raume schwebten und eingeatmet würden. Die Forderung nach einem Filter der Klasse 7 konnte Herr Nelles nur damit beantworten, dass die Firma daran arbeite, die Produktion letztlich aber von einer kostendeckenden Nachfrage abhänge.
Nach lebhafter Diskussion dankten die Teilnehmer Herrn Nelles und der anwesenden Vorsitzenden des BVBB, Christine Dorn, für die verständlichen und fachkundigen Darlegungen und der Moderatorin, Hilla Uppenkamp, für die Organisation und freundliche Führung durch die Veranstaltung.
BIM und die Ortsgruppe des BVBB werden beim nächsten Angerfest Informationen, Musterbriefe an die FBB und Listen von Firmen aus der Umgebung, welche diese Geräte montieren, zur Verfügung stellen.