Gedanken aus Müggelheim
von Norbert Gustmann
Immer wieder werde ich gefragt, ob eigentlich unser Kampf gegen die Auswirkungen des Flugverkehrs nach der Eröffnung des BER noch Sinn macht. Nicht selten höre ich Resignation heraus, vor allem bei jenen, die 2001 und danach alles – auch mit teuren Klagen – versucht haben, um gegen den Standort und danach gegen den Nachtflug zu kämpfen.
Ich kann dies durchaus verstehen. Und manchmal frage ich mich ja auch, was treibt dich denn an, in deinem Alter in einer Bürgerinitiative, die sich für die vom Fluglärm und Immissionen betroffenen Bürger einsetzt, mitzuwirken. Werden dich die Auswirkungen des Fluglärms überhaupt noch treffen?
Immerhin wird, wie von uns vorausgesagt, auch der Eröffnungstermin im November 2017 schon wieder ernsthaft in Zweifel gezogen. Der Projektsteuerer WSP CBP prognostiziert in einem "geheimen" Bericht, dass die Eröffnung nicht vor März 2018 stattfinden kann.
Ich weiß schon, dass die gesundheitlichen Risiken langfristig für jüngere Menschen und vor allem für die Kinder viel größer sind als für mich. Aber was mich aufregt und zu Aktivitäten treibt, ist zuallererst die menschenverachtende Arroganz der Politik und Wirtschaft gegenüber den im Umfeld des Flughafens lebenden Bürgern. Es ist die Unfähigkeit der Politik, einen verhängnisvollen politischen Fehler bei der Standortwahl einzugestehen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Das ist die Haltung der verantwortlichen politischen Parteien zum Nachtflugverbot und zu einem angeblich erstklassigen Schallschutz, der in Wirklichkeit in den meisten Fällen nicht einmal den Namen verdient. Es ist die absichtliche Verschleierung all jener Faktoren, die zu einer Verschlechterung der Lebensqualität in gesundheitlicher, sozialer, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, ökologischer Hinsicht unter ständig startenden und landenden Flugzeugen führen. Es ist die undemokratische Geheimniskrämerei in Gremien des Flughafens bei Entscheidungen, die zuerst uns, die Betroffenen, etwas angehen. Dagegen nichts zu tun heißt für mich, freiwillig ein Stück Freiheit aufzugeben. Denn für mich bedeutet Freiheit, die Möglichkeit zu haben, etwas zu verändern.
Ich kann einfach nicht hinnehmen, wie die Politik mit falschen Versprechungen uns, die Bürger von Berlin und Brandenburg, betrogen hat. Ich erinnere an einige der Versprechungen und Lügen: "es hätte keinen besseren Standort gegeben", "70.000 Arbeitsplätze werden geschaffen", "es seien in Schönefeld nur ein Zehntel Menschen im Vergleich zu Tegel betroffen", "der Flughafenbau kostet nur 1,7 Milliarden Euro", "es wird keine Überschreitungen der 55 dB(A) geben und damit ein hundertprozentiger Schallschutz garantiert". Von den Eröffnungspannen und Korruptionsskandalen ganz zu schweigen.
2016 wird in Berlin gewählt. Ein gutes Jahr, um den Politikern, die an der falschen Standortentscheidung festhalten, die "Rote Karte" zu zeigen, oder uns mit Vorschlägen, wie der Einführung einer Umweltabgabe, und Forderungen wie der Durchsetzung des Nachtflugverbotes und tatsächlichen Schallschutzes aktiv in den Wahlkampf einzumischen. Dazu allerdings brauchen wir kreative Ideen und aktives Engagement von vielen. Ihre Mitarbeit ist überall, ob in der BIM oder im BVBB, gefragt.
In seiner Glosse im letzten Müggelheimer Boten schrieb Herr Hochmuth: "Um uns kümmern müssen wir uns weiter selber". Wie wahr!
In diesem Sinne wünsche ich uns gemeinsam ein erfolgreiches und gesundes Jahr 2016.