Inaktivität verkürzt das Leben
Aber Tanzen hält im Alter das Gehirn fit
von Dr. med. Rolf Förster
Einige ältere Müggelheimer, die sich aktiv im Tanzzirkel betätigen, haben mich nach einer Quizsendung mit meinem Kollegen Dr. Hirschhausen im Fernsehen, wo er persönlich vor und nach einem relativ kurzzeitigem Tanztraining die Aktivitäten seines Gehirns mittels MRT-Untersuchungen darstellen ließ, gefragt, ob denn etwas dran sei, an der Behauptung, dass sich besonders durch Tanzen, die Hirnleistungen verbessern würden. Beim Kollegen Hirschhausen fanden sich jedenfalls nach Beendigung der Studie signifikante Veränderungen im Hirn-MRT und zwar sowohl in Regionen, die für die Koordination komplexer Bewegungen notwendig sind, als auch in Regionen, die mit Aufmerksamkeit und Gedächtnis assoziiert sind.
Daraufhin habe ich mal die evidenzbasierte Studienlage recherchiert. Tatsächlich existieren Untersuchungen, die aussagen, dass zwar ausreichende Bewegung lebensnotwendig ist, dass aber Bewegung alleine nicht ausreicht: Zwar kann körperliche Aktivität die Neurogenese stimulieren, die neugebildeten Zellen benötigen jedoch auch eine ausreichende kognitive Stimulation, um zu überleben. Eine solche multisensorische Stimulation findet idealerweise beim Tanzen statt: Tänzer verarbeiten Musik und versuchen die Bewegungsabläufe mit dem Rhythmus zu synchronisieren, sie absolvieren komplexe dreidimensionale Bewegungen, zugleich kommunizieren sie auf unterschiedlichen Ebenen mit dem Tanzpartner. Dadurch können ältere Menschen ihre Hirnleistungen stärker verbessern als mit einfachem Fitnesstraining, weil Tanzen eben größere Anforderungen an das Gehirn stellt.
Bei Studien mit Kontrollgruppen, die an einem Fitness- und Krafttraining teilnahmen (Tänzer und Kontrollgruppen trafen sich 2 Mal die Woche für eineinhalb Stunden) konnte gezeigt werden, dass nach sechs Monaten bei den Tänzern, die immer wieder neue Schritte und Figuren einstudierten, eine erhebliche Aufmerksamkeitsverbesserung im Kognitionstest nachweisbar war. In allen drei geprüften Domänen (Wachsamkeit, geteilte Aufmerksamkeit, Flexibilität) waren die Tänzer im Schnitt signifikant besser als vor Trainingsbeginn. Auch der Gleichgewichtssinn war hier eindeutig besser. Nur bei den Tänzern, nicht jedoch bei den Fitnesssportlern, kam es im Verlauf der Studie zu einem signifikanten Anstieg eines Neuropeptids im Serum, welches für das Nervenwachstum und das Langzeitgedächtnis wichtig ist.
Da wir auf eine wirksame medikamentöse Demenzprävention wohl noch eine ganze Weile warten müssen, sollten eben nichtmedikamentöse Verfahren, wie viel Bewegung, insbesondere das Tanzen und eine gesunde Ernährung genutzt werden, um die Leistungsfähigkeit des Denkorgans im fortgeschrittenen Alter zu erhalten. Bei der Ernährung scheint eine ausreichende Vitamin B-Zufuhr, insbesondere Vitamin B12, von Vorteil zu sein.