Gedanken aus Müggelheim

Von Lutz Melchior

Ich blicke mich um und sehe ungefähr 30 bis 40 Leute im Saal des Hotels Müggelsee. Die Resignierten, vom jahrelangen Kampf gegen den Flughafen zermürbt, die Mutter, deren kleine Kinder aufgrund landender Flugzeuge abends nicht einschlafen können und deren Haus aufgrund der Flugroutenlüge keinen Schallschutz erhält, der passionierte Privatmann, der mit unendlich vielen Messungen zeigt, dass die „normierten“ Berechnungen zur Lärmbelastung lebensfern sind. Einwohner, denen der Schallschutz versagt wird, weil die Raumhöhen ihres Hauses aus den 40er-Jahren nicht den heutigen Normen entsprechen oder die Schallschutzgrenze einen Meter vor der Grundstücksgrenze verläuft.

Ich bin mittendrin und natürlich die Menschen, die genau wissen, wer da vorne am Pult steht und wieder einmal versucht, den größten standortpolitischen Skandal in Berlin-Brandenburg seit 1990 schön zu reden. In epischer Breite postulieren die Herren der FBB die wirtschaftlichen Vorteile des Flughafens Berlin-Brandenburg für die Region. Sie erwähnen nicht, dass der Flughafen heute und in absehbarer Zukunft Verluste macht. Stört ja auch ihr schönes Gesamtbild. Bezahlt werden die Verluste ja vom Steuerzahler. Das Szenario ist beängstigend, die Diskussion emotional. Auf der einen Seite die selbst verliebten Technokraten, verfangen in Simulationen und Messergebnissen zu Flugbewegungen und immer dann, wenn argumentativ in die Enge getrieben, sich darauf zurückziehend, das alles, was der Flughafen tut, durch höchste Gerichte gedeckt ist. Wie diese Gerichtsurteile zustande gekommen sind, interessiert nicht.

Auf der anderen Seite sehe ich Menschen, die sich von den politischen Entscheidungsträgern, die diesen Standort zu verantworten haben, verraten und betrogen fühlen und mit dem Verlust von Lebensqualität und Gesundheit klar kommen müssen. Der Flughafen hat und wird nie freiwillig Zugeständnisse machen. Alles, was heute an Lärmschutzmaßnahmen existiert, haben der BVBB und die Bürger mit privaten Mitteln in Gerichtsverfahren erkämpft. Die Anwälte des Flughafens werden immer mit Steuermitteln bezahlt. Der Flughafen betreibt diese Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Nachbarn im Dialog“. Das Wort Nachbarn suggeriert im Kontext einen Dialog auf Augenhöhe. Nach dem Auftritt der Protagonisten dieser Veranstaltung muss ich feststellen, der Flughafen ist vielleicht mein Nachbar, aber kein Partner. Er behandelt mich nicht auf Augenhöhe, er verfolgt Ziele, mit denen ich nicht einverstanden bin. Er ist mein Gegner. Ich werde Organisationen, die den Flughafen im Rahmen rechtsstaatlicher Mittel bekämpfen, unterstützen. Ich werde keine weitere Veranstaltung dieser Reihe besuchen. Tut mir leid!    

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