Das umstrittene Tor zur Welt
Der Flughafen BER hat eröffnet, unter vielen Protesten
Von Simone Jacobius
SIMONE JACOBIUS
„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!” Mit vielen Protesten ist am Reformationstag, dem 31. Oktober, der neue Flughafen BER eröffnet worden: neun Jahre später, mit Kosten von knapp 7 Milliarden etwa drei Mal so teuer, wie ursprünglich geplant und Problemen, die die Menschen weltweit nur den Kopf schütteln ließen ob der viel gerühmten deutschen Ingenieursleistung. Nicht zu vergessen das Minus-Geschäft mit dem die Flughafengesellschaft den neuen Flughafen in Betrieb nimmt.
Um 14 Uhr landeten die ersten Flugzeuge, EasyJet aus Tegel und eine Lufthansa-Maschine aus München. Eigentlich sollten sie zeitgleich landen, aufgrund des schlechten Wetters war das leider nicht möglich, so dass sie doch mit 5 Minuten Abstand nacheinander landeten. Ein Omen? Haben wir nach all den Pannen und Problemen gar einen Schön-Wetter-Flughafen bekommen?
Coronabedingt fielen die ganz großen Feierlichkeiten zur Eröffnung allerdings aus. Nur ein kleiner Bahnhof war es, mit Flughafenchef Engelbert Lüdtke-Daldrup und Berlins Regierendem Michael Müller. Apropos Bahnhof: Dass es vom Ankunftsterminal keine Rolltreppe zum unten liegenden Bahnhof gibt – geschenkt. Peanuts im Vergleich zu den früheren Mängeln. Gibt ja immerhin Fahrstühle… sofern sie funktionieren und nicht stillgelegt sind wie zur Eröffnung.
Zurück zu den Protesten. Mindestens vier Demos waren zur Eröffnung angemeldet. Eine auch vom Aktionsbündnis Südost und dem BVBB. Die Anwohner, auch viele Müggelheimer, wehrten sich gegen die drohende Lärmbelastung, den mangelnden Lärmschutz (erst etwa 30 Prozent haben bisher Lüfter oder Lärmschutzmaßnahmen bewilligt bekommen). Dem Tag angemessen (Reformationstag) luden die Aktivisten zu einer kleinen Performance: Luthers leicht abgewandelte Thesen wurden an eine Tür geschlagen. Sie lauteten unter anderem Neid, Habgier, falscher Standort und „du sollst nicht lügen”. Untermauert durch frühere Zitate der BER-Verantwortlichen, die als Pappköpfe gezeigt wurden, rollte Luther alias Alex Fröhlich noch einmal die Flughafengeschichte auf. „Allesamt Maulhelden! Dabei unfähig, dem Volk auf‘s Maul zu schauen, so wie ich es konnte!“, sagte Luther nur dazu.
Generelle Probleme mit dem Fliegen hatten dagegen Umweltaktivisten von BUND, Fridays for future und den Extinction rebellions. Letztere kamen als Pinguine verkleidet und propagierten „Kluge Vögel bleiben am Boden“. Viele junge Leute waren dabei, die mit Witz und klugen Sprüchen den Sinn des Flughafens auf die Schippe nahmen.
Dank Corona wird es für die lärmgeplagten Anwohner ein softer Start. Auch wenn vom 7. November an alle Flüge vom BER gehen, also auch die bisher in Tegel landenden und startenden, wird es nur ein Bruchteil dessen sein, was vor Corona war. Die FBB geht davon aus, dass es bestimmt bis 2023/24 dauern wird, bis sie das frühere Niveau an Maschinen und Fluggästen wieder erreicht hat. Zeit, die uns als Betroffenen geschenkt wird.
Kleine Erinnerung: Seit dem 31. Oktober tickt die Uhr. Vom Tag der Eröffnung an haben Sie noch fünf Jahre Zeit, Ihren Antrag für Lüfter oder Lärmschutz an die FBB zu stellen. Den Termin sollten Sie im Blick behalten.
sip