Gedanken aus Müggelheim
von Simone Jacobius
„April, April, der weiß nicht was er will” heißt es immer so schön. Und was auf den Monat passt, mag vielleicht auch auf anderes passen. Denn nicht nur das Wetter weiß jetzt oft nicht, was es eigentlich will – wärmende Sonnenstrahlen, Stürme, Regen oder Schneegestöber. Alles ist jetzt drin. Auch manch menschlicher Geist scheint von dieser Unstetigkeit getroffen zu sein – leider oft nicht nur auf den April beschränkt. Wie kann es ansonsten sein, dass das Eigentum anderer mit Missachtung gestraft wird? Noch schlimmer: Mit brachialer Gewalt oftmals zerstört wird?
In den letzten Wochen war es wieder verstärkt zu beobachten: Die BVG-Wartehäuschen: morgens ein Trümmerfeld, ein Scherbenhaufen und somit auch eine Gefahr für Mensch und Tier. Wer macht so etwas? Immer wieder zwischen Müggelheim und Krankenhaus werden die Wartehäuschen ein Opfer blinde Zerstörungswut. Kann es nicht auch einfach ein Boxsack sein, an dem man sich austobt? Können diese Menschen ihre anscheinend im Übermaß vorhandene Energie nicht bei einem Lauf durch unsere schöne Gegend abreagieren oder ganz sinnvoll in Arbeit investieren? Holz hacken soll auch ganz prima dafür geeignet sein.
Diese Missachatung anderer Leute Eigentum (damit sind nicht nur die Wartehäuschen gemeint, sondern auch privates Eigentum) greift immer mehr um sich. Schon zu Halloween hatte ich darüber geschrieben, wie Briefkastenanlagen zerstört, Fassaden absichtlich beschmutzt wurden. Diese Beispiele ließen sich beliebig lang fortführen.
Doch woher kommt diese Missachtung? Das kann doch nicht alles nur auf eine schlechte Kinderstube zurückzuführen sein, da muss doch mehr dahinter stecken. Aber was? Wenn ich es wüsste, und somit auch die Lösung des Problems, würden viele Menschen Schlange stehen bei mir. Aber ich bin genauso ratlos.
Unzufriedenheit mit der Regierung, mit dem Staat, ja ok, das galt damals bei den Hausbesetzern. Abgefackelte Autos, ja, Missgunst gegenüber den Reicheren und Unzufriedenheit mit der ungerechten Verteilung des Geldes, der immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich.
Aber was hat privates Eigentum von Hänschen Müller oder Tante Frieda damit zu tun? Warum zählt privates Eigentum heute nichts mehr?
Als ich ein Kind war, wurde mir beigebracht, dass ich für alles, was ich kaputt mache, oder wenn ich anderen einen Schaden zugefügt habe, ich dafür gerade stehen muss. Zumindest eine Entschuldigung war fällig. Ok, ist schon ein paar Jährchen her, die Zeiten haben sich auch gewandelt. Aber muss man seinen Frust in Form von Zerstörungswut rauslassen? Gehört das heute zum guten Ton? Oder sind das doch wieder nur ein paar wenige Chaoten, die so etwas machen? Aber das Beispiel mit den BVG-Wartehäuschen ist nur eines. Fahrerflucht, ein Kavaliersdelikt? Wird heutzutage auch immer häufiger praktiziert. Sachen „nur mal kurz ausleihen”, ohne zu fragen selbstverständlich - gang und gäbe, vor allem in Bezug auf Fahrräder. Bücher ausleihen und vergessen zurückzugeben – einfach nervig. Immer ist das Eigentum anderer betroffen, Eigentum, für die diese sich vielleicht abrackern mussten, um es sich leisten zu können. Sollte das nicht von uns allen gewürdigt werden?
Vielleicht sollten wir dieses Unstete doch besser dem April-Wetter überlassen.