6. Jahrgang, Ausgabe 09/99 | |
September 1999 | Home | Archiv | Impressum |
Enthüllungen im Flughafen-Filz lassen Gegner hoffen Fachliche Tipps für Einwendungen gegen den Flughafen Entführte Drachen und blasige Füße: Gute Laune im Zeltlager der Jugendfeuerwehr Premiere: Diesmal zwei Tage Erntefest und mit Parforce-Jagd Auf einen Blick: Alle Kurse im Dorfclub Unbürokratische Putzaktion des ASB Wein- und sangesfreudige Geburtstagsfeier des Dorfclubs Uneinsichtige Mountainbiker zerstören die Müggelberge Neue Dreckecke wird zum Ärgernis Den Straßennamen auf der Spur (II) Allen Erstklässlern viel Spaß und Erfolg in der Schule!
Serie für den Natur- und Gartenfreund Geschichten aus dem Müggelwald
© 1999 Müggelheimer Bote
Zuletzt aktualisiert am 03.09.1999
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Enthüllungen im Flughafen-Filz lassen Gegner hoffenNahezu täglich gibt es neue Enthüllungen im Flughafen-Filz. Man weiß oft nicht, ob man als Gegner des Ausbaus in Schönefeld angesichts dilettantischer Verfahrensfehler weinen oder lachen soll. Wer jedoch gehofft hatte, dass das Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 3. August eine Kehrtwende zur Vernunft bewirkt, sieht sich arg enttäuscht. Auch jetzt noch hält die Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH (BBF) an ihrer kleinkarierten und nicht tragfähigen Standortwahl fest, statt die vom Gericht verfügte Zwangspause zum Nachdenken zu nutzen.Die BBF entschied sich nach dem Urteil zunächst dafür, keine Neuausschreibung des gesamten Projekts zu veranlassen. Damit bleiben die gegensätzlichen Interessen der beiden zerstrittenen Investorengruppen um Hochtief und IVG weiterhin ein unkalkulierbares Risiko. Auch nach Wiederaufnahme der Privatisierungsverhandlungen kann es - wie schon oft geschehen - dazu kommen, dass der unterlegene Investor gegen seine Benachteiligung vor Gericht zieht, was eine erneute Torpedierung des Projektes zur Folge hätte. Eine zweite Entscheidung, die die BBF längst hätte treffen sollen und zu der sie nun durch das Urteil gezwungen ist: die Trennung von Privatisierung und Ausbauplanung. Eine wesentliche Ursache für die gegenwärtige Situation ist nämlich die andauernde Liquiditätskrise der BBF. Deren Gesellschafter hofften bis vor kurzem noch, möglichst rasch den Kaufpreis für die BBF überwiesen zu bekommen. Mit dem Geld hätte endlich ein Teil der Finanzprobleme gelöst und noch schnell vor Jahresende das Planfeststellungsverfahren eröffnen werden können. Blauäugig und - wie man jetzt sieht - vorschnell haben Politiker und Abgeordnete die Privatisierungsverträge unterschrieben und abgesegnet. Die Privatisierung ist gründlich geplatzt und bis zum Jahresende keinesfalls mehr realisierbar. Dafür wird versucht zu retten, was zu retten ist. Das ist zunächst die Erlangung des Baurechts in Form eines Planfeststellungsbeschlusses - etwa vergleichbar mit der Baugenehmigung beim Privathaus. Das Verkehrswegebeschleunigungsgesetz, das noch bis zum Jahresende gilt und dessen Verlängerung zweifelhaft ist, hat dabei zentrale Bedeutung. Es ermöglicht neue Planungen in den fünf neuen Bundesländern ohne Raumordnungsverfahren, mit verkürzten Fristen im Planfeststellungsverfahren und mit nur einer, nicht mehr anfechtbaren gerichtlichen Einspruchsebene: dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin. Die ständig wiederholten Beteuerungen der Verantwortlichen, trotz der gescheiterten Privatisierung - also auch ohne Investoren - das Planfeststellungsverfahren mit den vorhandenen konzeptneutralen Unterlagen unter Ausnutzung des genannten Gesetzes auf jeden Fall noch in diesem Jahr eröffnen zu wollen, lassen nur folgende Schlüsse zu: Man fürchtet offensichtlich . . . . . . den weitere Terminverzug, weil das den Konkurrenten in Leipzig und Stendal zugute kommt und den Baubeginn erheblich verzögern würde, . . . die vielen Klagen, die gegen das Vorhaben angestrengt und durch alle gerichtlichen Instanzen gehen würden, . . . eine ordentliche Planung und Genehmigung des Flughafens gemäß den andernfalls geltenden gesetzlichen Vorschriften, insbesondere nach dem Luftverkehrsgesetz, . . . eine erneute Standortdiskussion, bei der die sachfremden Erwägungen zur Sprache kämen, von denen die Politiker 1996 bei der Standortwahl ausgingen, . . . die schon lange überfällige Novellierung des verfassungswidrigen Fluglärmgesetzes, die zweifellos den Bau des Flughafens in Schönefeld erschweren oder gar unmöglich machen würde. Die dritte Entscheidung aber, nämlich grundsätzlich an dem Ausbaukonzept für Schönefeld festzuhalten, ist nach meinem Eindruck der schwerwiegendste Fehler. Ein Aspekt, der in diesem Zusammenhang wichtig erscheint, ist die Tatsache, dass die gesamte Region Berlin-Brandenburg 40 Jahre lang in den Kategorien Ost/West denken und handeln mußte. Deshalb fällt es vermutlich vielen Entscheidungsträgern noch heute schwer, zukunftsweisende Konzepte zu entwickeln, die einer Weltstadt würdig sind. Zu lange hat Berlin provinziellen Mief erlebt, zu lange haben (West-)Berliner ihre Flughäfen inmitten der Stadt als normal hinnehmen müssen und zu lange mussten Wirtschaft und Verkehr, Hoffnungen und Ideen der Menschen an Mauern enden. In Berlin ist man offensichtlich zehn Jahre nach der Wende noch nicht in der Lage, Entscheidungen zu treffen, die von Weitsicht und Vernunft geprägt sind. Ein Flughafen unmittelbar vor der Haustür wird daher auch heute von den meisten Bewohnern der Region für völlig normal gehalten. Mangelnde Sachkenntnis, Ignoranz, finanzielle Zwänge und Inkompetenz politischer Entscheidungsträger, die mittels „Gemeinsamer Empfehlungen” über die Standorte von Milliardenprojekten befinden wollen, tun ein Übriges für diesen Provinzialismus, der uns umgibt. Welche andere Lösungen bieten sich an? Neben den bereits bekannten Planungen für den Leipziger Flughafen und einen Neubau bei Stendal auch das neue Konzept für einen Flughafen Berlin Brandenburg International in Sperenberg, das der BVBB am 21. August der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Komponenten dieses Konzeptes wurden bereits vor geraumer Zeit von „Daimler-Chrysler Immobilien” zur Diskussion gestellt. Bereits ihre Hauptmerkmale lassen eine sorgfältige Detailkenntnis der Berliner Flughäfen erkennen und sind sofort überzeugend, obwohl bisher weder eine wirtschaftliche Analyse, noch das konkrete Interesse eines Investors vorliegen: - keine Wohnbevölkerung in der unmittelbaren Umgebung - uneingeschränkter Nachtflug möglich - optimal entwicklungsfähige Verkehrsverbindung - Anschluß des Flughafens mittels Magnetschwebebahn nach Berlin - großzügige Erschließung durch vorhandene Gleisanlagen - Grund und Boden sind Bundeseigentum - Entwicklungsflächen reichlich vorhanden - niedrige Bodenpreisrichtwerte - ökologische Eingriffe sind ausgleichbar - Nachnutzung Tegel: hochwertige Wohnbebauung - Nachnutzung Schönefeld und Baufeld Ost: Standort der Berliner Messe/ILA, Sonderlandeplatz, Entwicklungszentrum Luftverkehr - Nachnutzung Tempelhof: stadtzentrales Terminal („Check-In-Airport”) mit Abfertigung, Geschäftsreiseflug und Werksverkehr, Magnetschwebebahn nach Schönefeld/Messestadt und Sperenberg/BBI. Noch ist Zeit, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen. Es setzt allerdings den Mut zur großen Lösung und den freiwilligen Ausstieg aus dem Projekt Schönefeld voraus, bevor dieser durch Rechtsprechung, durch Proteste der Bevölkerung oder aufgrund unüberwindbarer wirtschaftlicher Hürden und Risiken für den öffentlichen Haushalt erzwungen wird. Nur Projekte dieser Größenordnung ziehen namhafte Investoren und Kapital aus dem In- und Ausland an. Sie schaffen für die Region und die Hauptstadt ein zukunftsweisendes Image, das zweifellos eine vielfältige und positive Anziehungskraft ausüben wird. Es kommt nicht darauf an, ob ein transkontinentales Luftdrehkreuz Berlin Brandenburg International im Jahr 2007 oder 2010 den Betrieb aufnimmt. Entscheidend sind die Wettbewerbs- und Ausbaufähigkeit, die Kapazitätssteigerungen bis weit über das Jahr 2050 hinaus ermöglichen. Der Weg nach Schönefeld ist frei? Die Antwort erübrigt sich- er führt in eine Sackgasse! Gunnar Suhrbier, BVBB Müggelheim |