„Schweinegrippe” und ein Plädoyer für einen besseren Impfschutz für alle
von MR Dr. Rolf Förster
Wenn wir auch mit dem bisherigen Verlauf der Schweinegrippe im wahrsten Sinne des Wortes Schwein gehabt haben und die WHO offiziell die Pandemiegefahr aufgehoben hat, so rechnen Experten im Laufe der kommenden Saison doch mit Infektionswellen durch den neuen A/H1N1-Virus, die womöglich weniger harmlos verlaufen als im vergangenen Winter, wobei auch Mutationen in hochaggressive Virusstadien nicht ausgeschlossen werden.
Bisher verliefen die Erkrankungen viel milder als erwartet - das ist doch klasse. Die Welt war gewarnt und durch H5N1 vorbereitet - super. Noch nie gab es so schnell einen schützenden Impfstoff - noch besser und vor allem hoch verantwortungsvoll! Hätte die Politik den Impfstoff nicht bestellt und wäre die Epidemie dramatischer gewesen, wäre das Geschrei riesengroß. Was man der Politik eindeutig vorwerfen muss, war die diletantische Öffentlichkeitsarbeit. Die Kommunikation war katastrophal, das unqualifizierte Palaver in den Medien, in denen fast ausschließlich über Impfrisiken berichtet wurde, die gar nicht vorhanden sind, hat die meisten Menschen leider verunsichert. Bitte denken Sie alle daran, die Gefahr durch eine Pandemie war real. Weltweit starben mehr als 18.400 Menschen an der Seuche. Das Virus zirkuliert weiter, es macht krank, es tötet immer noch und vor allem auch jüngere Menschen!
In der Zeitschrift „Science“ berichtet jüngst (Juni 2010) ein Team von der University of Hong Kong, dass bei intensiven Untersuchungen die H1N1-Viren mit anderen im Schwein vorhandenen Grippeviren Erbgutmaterial ausgetauscht haben müssen, die eben mehr Menschen infizieren und viel mehr Tote fordern werden, schreiben die Forscher. Ihren Angaben zufolge ist die Studie weder von der Pharmaindustrie unterstützt worden, noch haben die Autoren Geld von Pharmaunternehmen erhalten. Das sollte uns für das kommende Gefahrenspotential wirklich sensibler machen! Der Druck schnell zu handeln, bleibt eben trotz der glimpflich verlaufenen A/N1H1-Pandemie bestehen. Das Robert-Koch-Institut geht ebenfalls davon aus, dass im Herbst die nächste pandemische Influenza anrollt.
Was vorbeugend zu tun ist, habe ich bereits im November 2009 im Müggelheimer Boten geraten. (Händehygiene, Mundschutz mit Acti Protect, Flächendesinfektion, Meiden von Menschenansammlungen etc )
Wichtig ist, das Angebot der Impfungen zu nutzen: Denken Sie immer daran, dass Impfungen zu den wirksamsten Vorbeugungsmaßnahmen gehören, die wir heute in der Medizin kennen! Viele Infektionskrankheiten haben nur durch Impfungen inzwischen ihren Schrecken verloren! Moderne Impfstoffe sind gut verträglich und unerwünschte Arzneimittelwirkungen werden nur in sehr seltenen Fällen beobachtet. Unmittelbares Ziel der Impfung ist es, den Geimpften vor einer ansteckenden Erkrankung zu schützen. Bei Erreichen hoher Impfquoten ist es möglich, einzelne Krankheitserreger zu eliminieren und schließlich weltweit auszurotten. Vor allem sollten das medizinische Personal, chronisch Kranke, wie Menschen mit Asthma, chronischer Bronchitis, Diabetes und Schwangere ab 2. Trimenon zuerst geimpft werden. Kinder sollten bereits ab dem 6. Monat geimpft werden. Jedem nützt die Impfung und sie schützt nicht nur den Geimpften. Jeder hat also die Möglichkeit sich schützen zu lassen und jeder Geimpfte ist ein Überträger weniger!
Unternehmen sie keine Urlaubsreisen ohne ausreichenden Impfschutz, lassen sie sich nicht von impfmuffelnden Ärzten und den Medien verunsichern, denn wenn es zu den Wellen mit einer hoch infektiösen und deutlich aggressiveren Virusvariante kommt, dann könnte eine Impfung,erst zu diesem Zeitpunkt durchgeführt, einen sprunghaften Anstieg von Todesfällen nicht mehr verhindern! Bedenken sie auch, dass die Medikamente „TAMIFLU“ und „RELENZA“ wenn überhaupt, nur in den ersten 24 Stunden wirken und wer hat bis dahin schon die Diagnose sicher gestellt?
Unter bisherigen Skeptikern ist ein Umdenken erfolgt, man spricht sich jetzt zu recht für eine flächendeckende Impfung der Bevölkerung aus, endlich hat man erkannt, dass die Chance, die Viruserkrankung auszurotten nur darin liegt, das Virus gar nicht erst zur Ausbreitung kommen zu lassen. In Zeiten der Grippe-Welle kommt dieser saisonalen Influenza-Impfung große Bedeutung zu. Sie kann der Bildung von hochpathogenen Mischvarianten verschiedener Erregerstämme entgegen wirken. Risikopatienten sollten vor allem diese Impfmöglichkeiten nicht ungenutzt lassen, denn es ist bekannt, dass Grippeinfektionen Entzündungsprozesse auslösen, die z.B. Ablagerungen in den Gefäßen destabilisieren und zu Thromben führen, die dann eben einen Herzinfarkt oder Schlaganfall als Folge haben können. Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sind einem hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt. Für Personen in kontaktintensiven Arbeitsbereichen wie Busfahrer, Lehrer, Schwestern und Ärzten gilt das ebenso. Wenn sie sich schon nicht zum eigenen Schutz impfen lassen, dann wenigstens zu dem ihrer Mitmenschen!
In diesem Herbst beinhaltet die Influenzaschutzimpfung gleichzeitig eine Komponente gegen den H1/N1-Virus! Eine zusätzliche Schweinegrippeschutzimpfung wird damit höchstwahrscheinlich unnötig.
Auch möchte ich ein Plädoyer für die rechtzeitige Grippetherapie bei Kindern halten: Influenza wird maßgeblich von Kindern verbreitet! Frühe Diagnose (evtl. Influenza- bzw. Schweinegrippeschnellteste) und Therapie helfen nicht nur bei den Betroffenen, Komplikationen zu vermeiden, sondern tragen vor allem auch zur Eindämmung von Epidemien bei! Bei klinischem Influenzaverdacht: Soforttherapie erforderlich, um Komplikationen und Superinfektionen und schlimmste Szenarien zu vermeiden!
Also mit relativ einfachen Mitteln kann die Vorsorge optimiert werden: Die erwähnten Desinfektions- und Schutzmaßnahmen, dazu gehören unbedingt auch die rechtzeitige Anwendung der freiverkäuflichen Präparate „Wick Erste Abwehr“ und „Cystus 052 Bio-Halspastillen“, können das Ansteckungs-, Übertragungs- und Erkrankungsrisiko durch Unterbrechung und Bekämpfung der Übertragungswege effektiv senken!
Bitte Impfmöglichkeiten umfangreich nutzen! Ich weiß, wovon ich rede: Wir haben unsere geliebte 5-jährige Enkeltochter innerhalb von 36 Stunden an einer Grippeviruserkrankung verloren, auch weil sie vom Kinderarzt nicht gegen Virusgrippe geimpft wurde.
Für ältere Menschen grundsätzlich und für alle chronisch Kranken mein dringender Rat: Lassen sie sich auch gegen Pneumokokken impfen! Daten aus aller Welt zeigen, dass eine wachsende Zahl der Grippetoten nicht an dem Virus, sondern an einer aufgepfropften bakteriellen Infektion stirbt. Unter diesen Bakterien dominieren Pneumokokken, die wie man schon länger weiß, eine bösartige Verbindung mit Influenzaviren eingehen und schon an sich Lungen- und Hirnhautenzündungen verursachen, die zunehmend eine Resistenz gegen Antibiotika aufweisen. In Deutschland sterben jährlich etwa 10 000 Patienten im Rahmen einer Pneumokokkenpneumonie- vor allem ganz junge und ganz alte Menschen sind dafür anfällig. Pneumokokkeninfektionen sind hinsichtlich Morbidität und Letalität die bedeutendsten bakteriellen Erkrankungen bei über 50-Jährigen! Die sich per Tröpfcheninfektion örtlich und übers Blut verbreitenden Erreger verursachen u.a. Mittelohrentzündungen, Kieferhöhlen- und Lungenentzündungen. Auch Verläufe ohne auffallende Krankheitssymptome sind häufig aber auch invasive Infektionen mit Meningitis und Sepsis gefürchtete Komplikationen. Trotz adäquater Antibiotikatherapie ereignet sich jeder zweite Todesfall innerhalb von 48 Stunden.
Dennoch ist nur etwa jeder Fünfte der über 60-Jährigen in Deutschland geimpft!
Und noch etwas sehr Wichtiges: Neueste Studien sagen eindeutig aus, dass nicht nur Risikogruppen vordringlich geimpft werden sollten, sondern vor allem Kinder und dies möglichst bei Influenzaschutzimpfungen schon ab 6 Monate!
Die Erkenntnis lautet heute: Man schützt Erwachsene am besten vor einer tödlichen Influenza- und auch Pneumokokkeninfektion, in dem man die Kinder bzw. Enkel rechtzeitig impft!
Da ich schon dabei bin, eine Bresche für wichtige Impfungen zu schlagen, noch eine dringende Empfehlung für Säuglinge, Kleinkinder und Jugendliche: Impfschutz gegen Menigokokken! Diese bakterielle Infektion kann tödlich verlaufen oder zu bleibenden Hirnschäden führen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Meningokokken C-Impfung generell für alle Kinder ab dem 2. Lebensjahr (Kinder ab 1. Geburtstag und Jugendliche bis einen Tag vor dem 18. Geburtstag). Empfehlenswert ist der Konjugatimpfstoff, der bereits für Säuglinge ab dem 2. Lebensmonat zugelassen ist.
Leider gibt es in Deutschland auch erhebliche Impflücken bei Masern. Diese hoch ansteckende Infektionskrankheit, die durch Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen) übertragen wird, geht oftmals mit schweren Komplikationen, wie Lungen-Mittelohr- und Hirnhautenzündungen einher. Optimaler Schutz durch Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln erstmalig im Alter von 11-14 Monaten, zweite Impfung bis Ende des zweiten Lebensjahres. Neuerdings wird die Masernimpfung auch für alle nach 1970 geborenen Erwachsenen empfohlen, sofern sie nicht oder nur 1x geimpft sind oder der Impfstatus unklar ist!
Alle Erwachsenen sollten einen international gültigen Impfausweis besitzen und natürlich auch die geforderten üblichen Standardimpfungen ordentlich mit Chargennummer, Handelsname des Impfstoffes, Impfdatum, Stempel und Unterschrift des Arztes dokumentiert sein. Zu den Standardimpfungen gehören in erster Linie die vollständige Grundimmunisierung gegen Tetanus und Diphtherie (Td). Auffrischung alle zehn Jahre, bei Kinderlähmung (Polio) nur noch im Alter von 9-17 Jahren eine Auffrischung. Jede Auffrischung mit Td sollte Anlass sein, eine einmalige Impfung gegen Pertussis (Keuchhusten) für Erwachsene in Kombination mit Td durchzuführen, bei 9-17 jährige gleich in Kombination Td-Polio und Pertussis. Pertussisschutz wird bei Schwangeren für den Ehemann und die werdenden Großeltern empfohlen! Ferner sind Standardimpfungen Grundimmunisierungen gegen Varizellen (Windpocken) und Hepatitis B bei allen nicht geimpften 9-17-Jährigen und gegen das Humane Papillomavirus bei 12-17-jährigen Mädchen und Röteln bei Frauen präkonzeptionell. Seronegative Frauen mit Kinderwunsch sollten sich ebenfalls gegen Varizellen impfen lassen.
Darüber hinaus sollten notwendige Impfungen bei Auslandsreisen beim reisemedizinisch erfahrenen Arzt oder Reiseveranstalter aber auch bei Gesundheitsämtern oder der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin eingeholt werden. Dabei handelt es sich überwiegend um Hepatitis A und B Impfungen, Typhus, Tollwut-Meningokokken, japanische Encephalitis Cholera und Gelbfieberschutzimpfungen sowie Malaria-Prophylaxe. Während die Abrechnung bei Reiseimpfung überwiegend nach dem Kostenerstattungsverfahren erfolgt, fällt die Praxisgebühr bei Vorsorgeimpfungen ebenso wie bei der Inanspruchnahme von sogenannten IgeL-Leistungen nicht an.
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