Müggelheimer Bote
17. Jahrgang, Ausgabe 10/2010
Oktober 2010
Müggelheimer Bote

Inhalt
Es tut sich was am Müggelturm
Graffitis sind das größte Problem
Mit Gummistiefeln und Regencape zum Erntefest
BBI-Flugrouten sorgen für Zündstoff
Kulturwochenende: Die Mitstreiter hinter den Kulissen
Seniorenchor: "Singen ist wie Medizin"
"Schweinegrippe" und ein Plädoyer für einen besseren Impfschutz
Luise - Königin der Herzen
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BBI-Flugrouten sorgen für Zündstoff

Auch im Südwesten Berlins formiert sich Widerstand

von Simone Jacobius

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat die Anfang September bekannt gegebenen Abflugrouten vom künftigen Hauptstadtflughafen BBI in Schönefeld verteidigt. Abknickende Starts im 15 Grad Winkel würden die extrem stark betroffenen Gemeinden Blankenfeld-Mahlow entlasten. Allerdings räumt der Chef der DFS, Hans Niebergall, ein, dass durchaus noch Spielraum bestehe. Beispielsweie wären abknickende Starts auch nur auf der Südbahn möglich, die Nordbahn könnte geradeaus führen. Die Fluglärmkommission sei jetzt am Zuge, im Rahmen des mehrmonatigen Beratungsverfahrens, Vorschläge zu machen, so Niebergall.

Auch wenn der Flughafen etwa 25 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegt: Viele Flugrouten führen künftig über die Stadt. Besonders betroffen sind danach die Bezirke Steglitz-Zehlendorf mit Wannsee, Neukölln und Tempelhof-Schöneberg (v.a. Lichtenrade) aber auch Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow auf Brandenburger Gebiet. Nach Bekanntwerden der geplanten Flugrouten gab es eine Welle der Entrüstung in den südlichen Berliner Bezirken. Das hat sofort zur Gründung von Bürgerinitiativen geführt. Die betroffenen Gemeinden und Bezirke sollen jetzt auch in der Fluglärm-Kommission einen Platz bekommen - und das schon ab der nächsten Sitzung am 25. Oktober.

Flughafen-Chef Rainer Schwarz forderte, dass die endgültigen Flugrouten sehr viel eher festgelegt werden müssten, als bisher geplant. Nach ursprünglicher Planung soll das erst drei Monate vor Inbetriebnahme des BBI, also im März 2012 sein.

Nach Gutachter Dieter Faulenbach da Costa vom Airport Consulting-Büro in Offenbach, dürften Wannsee und Müggelheim die am stärksten betroffenen Gebiete sein - nach bisherigen Planungen. Eine Boing 747, die in Schönefeld startet, würde in Müggelheim eine Höhe von rund 900 Metern erreicht haben. Das macht einen Geräuschpegel von 78 Dezibel (zum Vergleich: ein Rasenmäher hat etwa 85 Dezibel). Weil über Müggelheim die An- und Abflugrouten nah beieinander liegen, müssten sich Anwohner auf etwa 480 Flugzeuge am Tag einstellen, rechnete er vor. Über dem Wannsee flögen die Maschinen zwar in etwa 1800 bis 2200 Meter. Aber je nach Flugzeugtyp sind auch hier Messwerte von bis zu 80 Dezibel möglich.

In Stahnsdorf, Erkner oder Teltow werden die Maschinen eine Höhe von etwa 1700 Metern haben, also auch dort wird mit mehr Lärm zu rechnen sein. Insbesondere der Westen des BBI wird stärker belastet sein, weil der Wind zu 60 Prozent aus Westen kommt und Maschinen gegen den Wind starten.

Falls für die Nordbahn doch gerade Starts durchgesetzt werden, lägen Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow nicht mehr in den betroffenen Gebieten. Die internationale Sicherheitsrichtlinie aus dem Jahr 2004 schreibt abknickende Starts bei Parallelstart mit mindestens einem 15 Grad-Winkel vor. Der bisherige Vorschlag der DFS beinhaltet zwei abknickende Routen, von daher könnte eine Startbahn auch gerade verlaufen, ohne die Richtlinie zu verletzen.

Der BVBB freut sich darüber, dass er jetzt mehr Mitstreiter hat und setzt auf eine breite Front, um gegen Nachtflüge und für Entschädigungszahlungen vorzugehen. Ein bisschen ärgert Ferdi Breidbach sich aber doch: „Das Interesse für unser Anliegen ist erst durch den Aufschrei der Bürger im Westen Berlins entstanden.” Zumal auch die Politik so tue, als sei Berlin jetzt erst betroffen (denn Müggelheim und Bohnsdorf gehören ja für viele nicht mehr dazu).

Der Regierende Bürgermeister ging sogar so weit zu sagen, dass er von abknickenden Starts noch nie etwas gehört habe und nun selbst völlig überrascht sei. Eine blanke Lüge, meint Breidbach und wedelt mit einem Blatt Papier herum. Es ist ein Schreiben der Flugsicherung aus dem Jahr 1998, in dem deutlich auf die Verpflichtung zu abknickenden Starts hingewiesen wurde. Das Schreiben wurde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens eingereicht.

Dennoch begrüßt der BVBB es außerordentlich, dass so viele Neu-Betroffene bereit sind sich zu wehren. Allerdings weiß Breidbach aus Erfahrung, dass man nur geschlossen etwas erreichen kann, also sollten sich alle Bürgerinitiativen in ihrem Vorgehen abstimmen.


Kommentar

von Simone Jacobius

Bislang vertraten die meisten Berliner die Meinung, der BBI ist ja sooo weit weg, das tangiert uns nicht. Und die paar Hanseln die es betrifft... selber Schuld. Nun hat es sie auch erwischt. Ein bisschen triumphieren könnte man ja schon wenn es nicht so traurig wäre. Warum steht sich nur immer jeder sich selbst am nächsten und die Interessen der anderen beschäftigen ihn gar nicht? Und warum spielt es immer noch eine größere Rolle, wenn die wohlhabenden Bezirke aus dem Süd-Westen aufschreien? Wie dem auch sei: Es ist schön, dass jetzt noch mehr Mitstreiter sich dem Kampf gegen den Fluglärm angeschlossen haben.