Müggelheimer Bote
14. Jahrgang, Ausgabe 4/2008
April 2008
Müggelheimer Bote

Inhalt
Wasserrettung: Saisonstart mit Containern
Frühjahrsputz in Müggelheim
BBI Schönefeld: Infos zu Erörterung und Anhörung
Was tut sich stadtplanerisch in und um Müggelheim?
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Richard Bartz - ein Porträt über Müggelheims ersten eigenen Pfarrer

von Herbert Pieper

Die evangelische Kirchengemeinde Müggelheim hatte als selbständige Gemeinde bisher fünf Pfarrer: Richard Bartz, Andreas Pensky, Bernhard Rogge, Reinhard Richter und Siegfried Menthel. Der letztgenannte geht mit Erreichen seines 65sten Lebensjahres in den Ruhestand. Dies ist der Anlass für einen Beitrag über ihn im Juni-Heft des „Müggelheimer Boten“ und für den folgenden Beitrag, in dem an den erstgenannten, den Pfarrer Bartz, erinnert wird.

Die Müggelheimer Kirche wurde bekanntlich am 1. Juli 1804 eingeweiht. Bis dahin hielt die Gemeinde ihren Gottesdienst in der „Betstube“ der Schule ab.

Da die Kolonisten reformiert waren (also Anhänger Zwinglis und Calvins; der Heidelberger Katechismus war in Gebrauch), wurde die Gemeinde schon 1765 der reformierten Hof- und Schlossgemeinde in Köpenick als Filialgemeinde angeschlossen, so dass die an der Königlichen Schlosskirche in Köpenick angestellten Pfarrer stets auch als Seelsorger in Müggelheim tätig waren. Das blieb bis 1946 so.

Mitte der 1930er Jahre nannte sich die Gemeinde nicht mehr „reformierte“ sondern „evangelische Kirchengemeinde Müggelheim“, da nur noch etwa ein Zehntel der Mitglieder reformiert war. Die Gemeinde wurde aber weiterhin von der Schlossgemeinde betreut.

In jener Zeit waren die Protestanten in „Deutsche“ und „Bekennende“ gespalten. Schon um 1930 hatte sich die „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ gebildet. Dass der Glaube der Deutschen Christen weitgehend an der NS-Ideologie orientiert war, zeigte sich spätestens Ende 1933. Damals wurde von den „Deutschen“ die Abschaffung des Alten Testaments und die Verkündigung eines heldisch-germanischen Jesus gefordert. Als Reaktion auf die Einführung des Arierparagraphen (Entlassung „nichtarischer“ Pfarrer) in der größten evangelischen Landeskirche, der Altpreußischen Union, durch die Deutschen Christen wurde dort der Pfarrernotbund gegründet (Protest gegen den Arierparagraphen, Hilfe für Betroffene, Bindung an Bibel und Bekenntnis, Opposition gegen den Reichsbischof und die Reichskirchenverfassung) und in anderen Landeskirchen so genannte Bekenntnisgesellschaften. Sie wurden vom Reichsbruderrat koordiniert, der Ende Mai 1934 zu einer Synode nach Barmen (Wuppertal) einlud. Dort bildete sich die Bekennende Kirche, die sich dann als rechtmäßige evangelische Kirche ansah und gegen die NS-orientierte Reichskirche aufbegehrte. Die Barmer Erklärung wurde ihr theologisches Fundament. Die Frage der Zusammenarbeit der Bekennenden Kirche mit staatlichen Behörden führte zu ihrer Teilung in zwei Flügel, den gemäßigten und den radikalen (Martin Niemöller, Dietrich Bonhoeffer). Von 1937 an wurde die Bekennende Kirche zunehmend verfolgt.

Im Dezember 1934 fasste der Müggelheimer Gemeindekirchenrat den Beschluss, wie schon vorher die Köpenicker Schlossgemeinde, sich der Bekennenden Kirche anzuschließen. Das führte u.a. zu Auseinandersetzungen mit dem national-sozialistischen Direktor der Müggelheimer Schule.

Im Oktober 1937 und erneut im März 1946 bat der Gemeindekirchenrat beim Konsistorium, für die Müggelheimer Gemeinde eine eigene Pfarrstelle zu schaffen. 1937 konnte das Pfarr-Gehalt nicht aufgebracht werden, der Bitte von 1946 wurde entsprochen. Die Evangelische Gemeinde Müggelheim wurde am 1. Januar 1947 zur selbständigen Pfarrgemeinde des Kirchenkreises Berlin-Ober-spree. Im Mai wurde Richard Bartz als der erste Pfarrer dieser Gemeinde vom Superintendenten Fritz Figur feierlich in sein Amt eingeführt.

Richard Bartz, am 22. Mai 1903 in Berlin geboren, hatte nach dem Schulbesuch vom Oktober 1920 bis April 1924 eine Lehre bei einer Bank absolviert und sich danach neben seiner beruflichen Tätigkeit auf das Abitur vorbereitet. Im September 1925 bestand er die Reifeprüfung. Nun studierte er in Berlin (vom 1. November 1926 bis 30. September 1927 und vom 1. März 1929 bis 30. Sep-tember 1932) und Bethel (Bielefeld) (vom 1. November 1927 bis 1. März 1929) Theologie.

In einem Brief schrieb er später (anlässlich der Bitte um Zulassung zum Ersten Theologischen Examen): „Es gibt wohl kaum eine Periode der Nachkriegszeit, die so hässlich ist wie die Zeit der Inflation. Gewinnsucht, Spekulation, Betrug konnte ich als Bankbeamter aus unmittelbarer Nähe beobachten, und dies widerte mich derart an, dass ich alle Lust an meinem Beruf verlor. Ich erkannte aber zugleich wie wichtig für unser Volk Menschen sein müssten, die den Willen Gottes zum Maßstab machten. Diese Not unseres Volkes machte mir das Herz schwer. Ich könnte helfen, wenn ich Pfarrer würde.“

Nach der Vikariatszeit bestand er am 23. Januar 1936 vor dem Prüfungsamt der Bekennenden Kirche das zweite Theologische Examen. „Wer sich als Kandidat der Theologie, also noch vor der festen Anstellung im Pfarramt der Bekennenden Kirche anvertraute, verzichtete auf alle Sicherheiten bezüglich Gehalt und Pension; er war auf Gedeih und Verderb auf die brüderliche Hilfe der Bekennenden Kirche angewiesen, die selber ausschließlich von freien Spenden lebte. Von den Kirchensteuern bekam sie nichts.“ Dies schrieb Albrecht Schönherr in seinen Erinnerungen (1993) und ergänzte: „Sich der Bekennenden Kirche anzuvertrauen war für uns ‚Junge Brüder’ wirklich allein Sache des Glaubens.“ Am 3. Februar 1936 wurde Richard Bartz ordiniert. Nach der Ordination war er sieben Monate Hilfsprediger der Bekennenden Kirche in Lagow (Neumark). Seine erste Pfarrstelle trat er am 1. Oktober 1936 im Kirchenkreis Luckenwalde an. Als Pfarrer in Pechüle war er auch für das Dorf Bardenitz zuständig.

Vom 1. Januar 1947 an war Pfarrer Bartz in der neuen selbständigen Pfarrgemeinde Müggelheim tätig. Vor der eigentlichen Einführung in sein Amt nahm der Superintendent des Kirchenkreises Oberspree am 20. April 1947 die vom Evangelischen Konsistorium angeordnete Gemeindebefragung vor. Im Protokoll heißt es: „Ist die Gemeinde damit einverstanden, dass das Evangelische Konsistorium Herrn Pfarrer Bartz in die freie Pfarrstelle der Gemeinde beruft? Diejenigen, die diese Frage bejahen, wollen sich von ihren Plätzen erheben. Es erheben sich alle. Auf die Aufforderung des Superintendenten, diejenigen wahlberechtigten Gemeindeglieder, die nicht einverstanden seien, möchten aufstehen, erhebt sich niemand. Die Gemeinde erklärt sich somit einstimmig mit der Berufung des Herrn Pfarrer Bartz durch die Kirchenbehörde einverstanden. Darauf schloss der Superintendent die Befragung mit Gebet und Segen.“ Am 15. Mai 1947 fand in der Müggelheimer Dorfkirche der feierliche Einführungsgottesdienst für Pfarrer Bartz statt.

Die Zeit seines Amtes für die Kirchengemeinde Müggelheim war eine schwierige Zeit (die Nachkriegsjahre, Gründung der DDR: Herrschaft einer im Kern atheistischen Partei, Verfolgung der Jungen Gemeinde, die Christen erleben Benachteiligungen und Restriktionen).

Es gibt zwei herausragende Ereignisse, die mit dem Namen von Pfarrer Bartz verbunden bleiben.

Anlässlich der 200-Jahrfeier von Müggelheim gestaltete er am 1. Juni 1947 den Festgottesdienst. Er predigte über jenen Spruch, der damals an der Wand über der Kanzel (heute an der Predigtkanzel) geschrieben war: „Ich bin dein Pilgrim und dein Bürger wie alle meine Väter“ (Psalm 39, Vers 13). Bartz sagte: „Unser Leben ist schwer und hart, aber es kann uns zum Segen werden, wenn wir Bürger sind des Reiches Gottes und wissen, dass wir in die ewige Heimat pilgern.“

Im Jahre 1950 beantragte der Gemeindekirchenrat bei der „Glasbeschaffungs-stelle“ Glasscheiben für die Kirchenfenster. Hierbei entstand die Idee, die schmucklose Müggelheimer Kirche durch Bleiverglasung der Kirchenfenster zu verschönern. Am 8. Oktober 1950 konnte Pfarrer Bartz dem Kunstglaser Paul Rotkeit (Altglienicke) mitteilen, dass die Mittel genehmigt worden waren. Bereits zum Weihnachtsfest 1950 schmückten die neuen Fenster (die noch heute existieren) das Kirchengebäude.

Im Jahre 1952 zog die Familie Bartz (die Ehefrau Gertrud, geborene Dietrich, mit der der Pfarrer seit 1937 verheiratet war, der Sohn und die Tochter) nach Berlin-Kaulsdorf im Kirchenkreis Berlin Land um. Richard Bartz war am 1. April 1952 Inhaber der dortigen Pfarrstelle geworden, die er bis 1971 bekleidete. Im Informationsblatt von 2003 der evangelischen Kirchengemeinde Kaulsdorf lesen wir: „Ein ehemaliger Konfirmand sagte auf Befragen über ‚seinen Pfarrer’: Er war korrekt, verlässlich, konservativ, geradlinig, - und so mochte er ihn.“ Seinen Ruhestand verlebte Richard Bartz mit seiner Frau in Berlin-Marienfelde. Als die Müggelheimer Kirchengemeinde am 1. Juli 1979 nach gerade voll-endeter Neuausmalung der Kirche (in der jetzigen Farbgebung) das 175. Jubiläum der Kirchweihe feierte, lud sie die ehemaligen Müggelheimer Pfarrer ein. Pfarrer Bartz folgte damals der Einladung und erfreute die Gemeinde mit seinem Besuch. Er starb am 19. August 1988.

Danksagung: Für die Überlassung von Material zu Richard Bartz bin ich seinen Kindern Ulrich Bartz (Berlin-Kreuzberg) und Barbara Holzhausen, geb. Bartz (Petershagen in Westfalen), ebenso zu großem Dank verpflichtet, wie Günter Kühn (Müggelheim) für die Vermittlung und für seinen Hinweis auf einen Fehler im „Müggelheim-Buch“ (dort steht, dass Bartz 1952 in den Ruhestand gegangen wäre).


Kirchentermine im April

Gottesdienste
Sonntag, 6.4., 10 Uhr: Gottesdienst - Pfarrer Wilinski
Sonntag, 13.4., 10 Uhr: Abendmahlsgottesdienst - Pfarrerin Schwedusch-Bishara
Sonntag, 20.4., 10 Uhr: Gottesdienst - Pfarrer Menthel
Sonntag, 27.4., 10 Uhr: Gottesdienst - Pfarrer Schmidt

Junge Gemeinde: montags, 19 Uhr, Kirchstraße 4 in Köpenick (außer in den Ferien)
Treff der älteren Generation: Mittwoch, 9.4., 14 Uhr bei Frau Damm
Umweltkreis: Freitag, 18.4., 20 Uhr bei Familie König, Darsteiner Weg 38
Konfirmandenkurse: „Gebet und Meditation”, 25.-27.4. in Gussow und B-Kurs, 30.4.-3.5. in Gussow
Gemeindeseminar zur Spiritualität:
2. Abend - 7. April, 20 Uhr „Wie das Herz zu reden beginnt” - Einführung in den Weg des Herzens- bzw. Jesusgebetes
3. Abend - 14. April, 20 Uhr „Wie die Stille uns erfüllt” - der christliche Weg des Schweigegebetes (Kontemplation)
jeweils im Dorfklub Müggelheim

Familienwochenen
de in Gussow: 25.-27. April, gleichzeitig Konfirmandenkurs. Anmeldungen bitte umgehend bei der Katechetin Simona Behrendt