Müggelheimer Bote
12. Jahrgang, Ausgabe 11/2005
November 2005
Müggelheimer Bote

Inhalt
BVBB: Von Unstimmigkeiten und Geldknappheit
Indischer Abend im Dorfclub
Ehrung von Martin Jahn
Nachlese zum Schulhoffest
Polizeitheater zeigte Schutz für Senioren auf
Arbeitgeber: Flora und Fauna als Arbeitsplatz
Was beim neuen Berliner Mietspiegel zu beachten ist
Weitere Meldungen
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Serie für den Natur- und Gartenfreund

Ein Pilzjahr

von Marianne Schäfer

Zurückblickend waren das diesjährige Frühjahr und der Sommer, was das Wetter betraf, doch eher betrüblich. Die Tagestemperaturen dümpelten wochenlang bei etwa 10°, 15°, oder um 18° und 21° C von April bis Anfang Juni dahin. Dazu war es oft bewölkt und es regnete verhältnismäßig oft. Erst ab Mitte Juni gab es eine normal warme Periode und so wechselte es den ganzen Sommer. Das ist ideales Pilzwetter!

Tatsächlich konnten viele Gartenbesitzer an ihren Sträuchern, Bäumen und an den Rosen vielerlei Pilzkrankheiten feststellen. Dagegen waren Schäden durch tierische Schädlinge gering, außer dass die Miniermotte in den Kastanien sich wieder massenhaft vermehrt hatte. Vielleicht lag es daran, dass die kurze Schönwetter-Periode die Eiablage und die weitere Larven Entwicklung sehr begünstigte.

Bei den Pilzkrankheiten will ich besonders die Monilia-Krankheit des Steinobstes erwähnen. Diese Pilzkrankheit hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr hartnäckig bemerkbar gemacht. Sie befällt hauptsächlich Pfirsich, Aprikosen, Mandel, Kirsch, und Pflaumenbäume. In den Blüten werden insbesondere die geschlechtlichen Organe geschädigt. Die befallenen Blüten welken schnell, ohne Früchte anzusetzen und bleiben im vertrockneten Zustand lange an den Bäumen hängen. Auch die Triebe können befallen werden, welche dann welken.

Unter der Spitzendürre leiden hauptsächlich Sauerkirschen und Aprikosen. An den Früchten ruft der Pilz in der Zeit der Reife eine Fäule hervor. Auf der Oberfläche der faulenden Früchte entstehen halbkugelförmige Konidienlager welche dann einen zusammenhängenden gelbbraunen Belag bilden. Fallen die Früchte zu Boden oder hängen sie als Mumien an den Zweigen, verbreiten sie als Krankheitserreger die gefürchtete Pilzkrankheit erneut.

Die Verbreitung der Erreger-Sporen geschieht hauptsächlich durch den Wind, ferner durch Insekten. Außerdem kann der Erreger an geschädigten Trieben als Myzel überwintern. Eine chemische Bekämpfung ist nur im beschränktem Maße möglich: Mumien verbrennen und welke Triebe weit zurückschneiden und ebenfalls verbrennen. Die Schere anschließend gründlich mit heißem Wasser reinigen

Was sind eigentlich Pilze? Pilze sind eine der ältesten Lebensformen der Erde. Sie sind in ihrer enormen Vielfalt und erfolgreichen Anpassungsfähigkeit in allen möglichen Elementen, Erdteilen und in und an anderen Lebensformen existent und nachweisbar. Sie ermöglichen bestimmte Vorgänge des Lebens, zum Beispiel Symbiosen und anderseits wandeln sie totes organisches Material um, so dass ein biologischer Kreislauf möglich ist.

Der wunderbare, goldene Herbst hat uns wirklich für den nicht so wunschgemäßen Sommer entschädigt. Angenehme Temperaturen, viel Sonnenschein. Morgens der glitzernde Tau auf den Blättern, Blüten und allen Halmen. Kunstvolle Spinnennetze kamen mit „Glitzertropfen“ erst so richtig zur Geltung. Ein verspäteter Blütenflor setzte noch mal ein und erst Mitte Oktober hatten wir in zwei Nächten den ersten leichten Frost.

Und genau dann kamen die beliebten Waldpilze in Massen. Nicht nur die Müggelheimer gingen mit Körben in den Wald und kamen nach Stunden mit gut gefüllten Körben wieder nach Hause. Auch ich bin mit Korb und Messer zu „ meiner Pilzstelle“ gewandert. Überall traf ich Menschen die sich rufend verständigten, lachend ihre Funde verkündeten.

Ich ging still meines Weges, freute mich über das grüne Moos, welches sich in den Jahren nach der Wende wieder angesiedelt hat. Moos ist unter anderem ein Indikator für Luft-Güte. Nach der Stillegung vieler Industriebetriebe ging die enorme Luftverschmutzung deutlich zurück. Tief sanken meine Schritte ins Moos, ich stieg über dicke, abgebrochene Äste und umgestürzte Baumstämme. Dann war ich an „meiner Stelle“. Mein Blick schweifte erstmal in die Runde, dann konzentrierte ich mich auf die braune Hutfarbe der Pilze und auf die Pilzform, soll heißen: Ich setzte mir in Gedanken die Pilzbrille auf. Ein Paar Schritte weiter stand der erste Pilz. Bevor ich ihn schnitt, sah ich in die unmittelbare Umgebung. Und richtig, da standen sie, groß und klein, alle Braunkappen oder Maronen im Kreis. Ich erntete sie und legte sie sauber ins Körbchen.

So ging ich systematisch die Fläche ab. Dabei bin ich öfter dicht an ein Netz einer Kreuzspinne gekommen. Ich umging das Gespinnst. Die dicke, 10 – 13 mm große, weibliche Kreuzspinne saß mitten in ihrem Netz. Deutlich war die weißliche kreuzartige Zeichnung auf ihrem Hinterleib zu sehen. Sie gehört zu den Radnetzspinnen und legt ihr Netz vertikal, in Mannshöhe zwischen Bäumen oder Sträuchern an. Das Netz besteht aus einem Rahmen mit etwa 30 nicht klebenden Speichen. In jedem von den Speichen gebildeten Sektor sind etwa 40 klebrige Fangfäden kreisförmig angeordnet.

Mein Körbchen war fast voll. Überwiegend Maronen, nur ein schöner Steinpilz. Über mir, über den hohen Kiefernwipfeln rief ein Kolkrabe. Krorr-krorr-krorr. Ich antwortete, bemühte mich, genau den Ton und den rollenden Klang zu treffen. Ich wiederholte - und der Kolkrabe antwortete. So ging unser „Gespräch“ hin und her. Der Kolkrabe setzte sich über mir auf einen dicken Ast der lockeren Kiefernkrone und beäugte mich. Drehte und wendete seinen Kopf. Ich rief noch einmal, unruhig wendete er sich auf dem Ast. Dann flog er rufend im Kreis über mir. Dann war er fort. Ich suchte weiter noch ein paar Pilze. Ich fand einen „ Erdschieber“ oder Milchling. Den habe ich viele Jahre nicht gesehen. Mich erinnert er an die Nachkriegszeit. Damals hatten wir den riesigen, geschmacklosen Pilz gerne gesammelt. Mehrmals mit neuem Wasser gekocht und dann mit viel Thymian und Majoran gewürzt, fein passiert und dann die „graue Pampe“ als Leberwurst – Ersatz auf die Stullen geschmiert.

Da hörte ich wieder den Kolkraben. Er flog wieder über mir, rief sein Krorr- krorr und hat seine drei Jungvögel dabei. Alle flogen eine Runde und dann zogen sie ab. Ich schmunzelte und dachte: Wer weiß, was ich ihm gesagt habe, es muss doch was Nettes gewesen sein.