Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 3/2005
März 2005
Müggelheimer Bote

Aktuell: über 5 Jahre "Bote" im Internet - alle Ausgaben im Archiv
Inhalt
Abriss auf Werksteingelände hat begonnen
Kita "Bienenhaus" wird erweitert
Schönefeld: Landesentwicklungsplan für unwirksam erklärt
Sozialbündnis: 15 Jahre Miteinander
Frohe Ostern und einen schönen Frühlingsanfang!
Beagle-Spaziergang zum "Grünen Gipfel von Berlin"
Fragen und Antworten der "Schlaumeier"
Fasching in Müggelheim
Es bleibt dabei: M69 fährt nicht durch die Altstadt
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Jugendclub Mügge
Aus der BVV
Kleinanzeigen
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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PRESSESCHAU
Der Tagesspiegel 12.2.
„So verspielt man Autorität: Die gemeinsame Landesplanungsabteilung . . . ist nach dem jüngsten Urteil massiv in die Kritik geraten. Alle wichtigen Planwerke aus dieser Behörde wurden von Gerichten gekippt. Meist betrafen sie den Großflughafen in Schönefeld, das wichtigste Infrastrukturprojekt der Region.”

Junge Welt 14.2.
„Die Landespolitiker sollten das Urteil vielmehr als Chance begreifen, einen Schlussstrich unter die gleichermaßen stümperhaften wie größenwahnsinnigen Schönefeld-Pläne zu ziehen und das gesamte Planungsverfahren unter Einbeziehung der möglichen Standorte Jüterbog und Sperenberg neu zu beginnen. Auch sollte endlich die Realität eines boomenden Luftverkehrsstandortes in Leipzig zur Kenntnis genommen werden.”

Märkische Allgemeine, 11.2.
„Eines ist sicher: Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Frankfurt (Oder) vom Donnerstagabend hat die Potsdamer Landesregierung kalt erwischt. Das ist schon den Formulierungen zu entnehmen, die das Verkehrsministerium gestern verbreitete. Zuerst hieß es, man müsse „die Sachlage mit den Juristen erörtern“. Später . . . „nach unserer heutigen Sicht“ sei der Ausbau des Airports Schönefeld nicht gefährdet. Wer sich seiner Sache gewiss ist, klingt anders.

Die Welt, 11.2.
Entgegen der Auffassung der Landesregierungen, . . . sieht der Verwaltungsrechtler Elmar Giemulla mit dem Wegfall der landesplanerischen Grundlage für den Flughafenausbau den Planfeststellungsbeschluss und damit das Baurecht für den BBI „sehr, sehr stark gefährdet“. „Ich gehe davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Planfeststellungsbeschluss aufhebt, bei mehr als 50 Prozent liegt“, so Giemulla.

Schönefeld: Landesentwicklungsplan für unwirksam erklärt

Planung für Flughafen erneut ohne sichere Grundlage

von Gunnar Suhrbier

Am 10. Februar diesen Jahres erklärte das Brandenburgische Oberverwaltungsgericht in einer Normenkontrollklage von vier Gemeinden den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung LEP FS für unwirksam. Der LEP FS war erst im Herbst 2003 in Kraft getreten, nachdem das Land Brandenburg befürchten musste, in einer ähnlichen Klage gegen den bis dahin gültigen LEP SF zu unterliegen. Vielleicht kennzeichnet es die gegenwärtige Situation am besten, wenn man sich erinnert, mit welchen Worten der jetzt für unwirksam erklärte LEP FS vom zuständigen brandenburgischen Ministerium damals begrüßt worden war: „Flughafenbezogene Planung für Schönefeld wird auf eine sichere Grundlage gestellt.“ Offenbar kann jetzt von einer sicheren Grundlage für die Planung in Schönefeld überhaupt keine Rede mehr sein. Im Gegenteil: Dieses Urteil hat weitreichende und unabsehbare Folgen für den geplanten Bau eines Großflughafens in Schönefeld!

Das Gericht vertrat die Auffassung, der LEP FS sei unter Verstoß gegen Anforderungen höherrangigen Rechts zustande gekommen. Im Einzelnen führte es aus, die bei der Standortentscheidung zugrunde liegende Abwägung habe dem Grundsatz des mit Priorität zu schützenden Freiraums im engeren Verflechtungsraum und dem Gebot der Trennung insbesondere lärmerzeugender Nutzungen von lärmempfindlichen Nutzungen keine ausreichende Beachtung geschenkt. Weiterhin habe der Plangeber die Zahl der im Umfeld eines internationalen Flughafens Berlin-Schönefeld sowie die Zahl der im Umfeld eines weniger stadtnahen Standortes durch Fluglärm betroffenen Anwohner noch nicht einmal in gröberer Annäherung ermittelt. Schließlich sei die Abwägung deshalb zu beanstanden, weil darin überhaupt die Belange des Lärmschutzes nicht mit dem ihnen nach den verfassungsrechtlichen Wertungen zukommenden hohen Gewicht eingeflossen seien. Ungeachtet des bedeutenden Gewichts der für einen stadtnahen Standort sprechenden Belange hätte diesen Belangen nicht die geringe Beachtung geschenkt werden dürfen, die ihnen angesichts anderer Belange tatsächlich nur zugebilligt worden sei.

Die gegenwärtig oft geäußerte Ansicht, der jetzt entfallene LEP FS habe keinen Einfluss auf das Planfeststellungsverfahren, spricht für geringes Verständnis der Sachlage. Mit dem LEP FS ist dem Planfeststellungsbeschluss das „Ziel der Raumordnung“ abhanden gekommen, auf das er sich beruft! Die Überprüfung des Beschlusses hinsichtlich seiner Übereinstimmung mit den Zielen der Raumordnung durch das Bundesverwaltungsgericht dürfte also schon aus diesem Grunde schwierig, wenn nicht gar unmöglich werden.

Die Planfeststellungsbehörde hatte vorsorglich, als hätte sie Schwierigkeiten schon geahnt, noch eine eigene, etwa 20 Seiten umfassende „Standortalternativenprüfung“ in den Beschluss eingefügt. Diese Darstellung orientiert sich allerdings sehr stark an den Kernaussagen des LEP FS und übernimmt bis ins Detail – teilweise wörtlich übereinstimmend – dessen Begründungen. Auch sie läuft daher Gefahr, bei der jetzt im Rahmen der Klagen erforderlich werdenden Überprüfung der Standortabwägung durch das Bundesverwaltungsgericht aufgehoben zu werden. Das daraus zwingend folgende endgültige Aus für das Projekt hätte sicher auch dementsprechend weitreichende politische Konsequenzen!

Interessant ist die Frage, ob die Landesregierungen den Planfeststellungsbeschluss doch noch retten können, indem sie erneut und damit zum dritten Mal versuchen, mit einem für den Standort Schönefeld „passenden“ Landesentwicklungsplan den beabsichtigten Bau in Schönefeld landesplanerisch zu untermauern. Das werden sie wegen inzwischen auch in Deutschland rechtswirksam gewordener europarechtlicher Vorschriften wohl eher bleiben lassen!

Eine EU-Richtlinie fordert für neu aufzustellende Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit, wozu in Deutschland Auslegung, Einwendungen und Anhörung gemäß Verwaltungsverfahrensgesetz gehören dürften. Dafür ist ein Umweltbericht zu erstellen, der u. a. vernünftige Alternativen zu berücksichtigen hat sowie eine Darstellung der Gründe für die Wahl der geprüften Alternativen enthalten muss. Man kann nach den bisherigen Erfahrungen mit den Landesregierungen und den Flughafenplanern nicht erwarten, daß sie sich erneut freiwillig dieser öffentlichen Kritik ihrer Flughafenplanung stellen werden – mit sicher wieder weit über 100.000 Einwendungen!

Zur Neudefinition von Zielen der Raumordnung könnte letztendlich auch ein neues Raumordnungsverfahren dienen, dessen gewünschte Aussage zum Standort allerdings wiederum vorher feststehen würde: Schönefeld. Man darf getrost bezweifeln, dass ein solches Verfahren, mit dem das gesamte Projekt auf den Stand von vor 1994 zurückfällt, der Überprüfung seiner Rechtsstaatlichkeit standhalten würde.

Gegenwärtig wird versucht, die verfahrene Situation durch das Auswechseln von Beamten in der Gemeinsamen Landesplanung zu retten. Die Beamten hatten die unternehmerische „Gemeinsame Empfehlung“ einer privatrechtlichen Firma, die unter sachfremden Erwägungen von Politikern zustande gekommen war, ohne ein Raumordnungsverfahren und ohne ergebnisoffene Abwägung aller Belange in ein rechtssicheres landesplanerisches „Ziel der Raumordnung“ umzuwandeln. Dass auch dieser zweite Versuch nur unter grober Missachtung rechtsstaatlicher Normen und mit einer gehörigen Portion kollektiver Ignoranz und Arroganz der verantwortlichen Politiker und Planer gelingen konnte, hat das Brandenburgische Oberverwaltungsgericht durchschaut und daher den Plan zu Recht für unwirksam erklärt.


Die Argumente des OVG, um den LEP zu stoppen

von Karl Georg Maucher

Der LEP-FS bestimmt u.a., dass der Flughafen Berlin-Schönefeld als einziger Flughafen der Region Berlin-Brandenburg zum Großflughafen „weiter zu entwickeln” ist.

Er legt unterschiedliche Planungszonen fest, in denen keine Vorhaben geplant werden dürfen. Das Gericht hat in seiner mündlichen Verhandlung und in der Urteilsbegründung folgendes deutlich gemacht:

- Der LEP-FS stünde in seinen wesentlichen Aussagen im Widerspruch zum Landesentwicklungsprogramm (Lepro)

- Es sieht einen Verstoß gegen das Grundgesetz, Artikel 2, Absatz 2, der lautet: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.”

- Die Abwägung, die bereits im Rahmen der Raumordnungsplanung (auch LEP FS) das Trennungsgebot von Wohngebieten und Flughäfen zu berücksichtigen hat, sei vom Plangeber nicht ausreichend berücksichtigt worden. Ein besonderer Knackpunkt war die unzureichende Recherche der Anzahl der betroffenen Bürger in den Wohngebieten. Der Planungsgeber ging von 31 000 Betroffenen aus, obwohl hinlänglich bekannt ist, dass von mindestens 100 000 Betroffenen auszugehen ist. Dieses wurde von den Sachverständigen der Kläger nachgewiesen. Der Senat vertrat in seinem Urteil die Meinung, dass der Plangeber die Zahl der im Umfeld eines internationalen Flughafens Berlin-Schönefeld, sowie die Zahl der im Umfeld eines weniger stadtnahen Standortes durch Fluglärm betroffenen Anwohner, noch nicht einmal in gröberer Annäherung ermittelt habe.

- Ein weiterer gravierender Mangel der Abwägung sei, dass die Belange des Lärmschutzes nicht mit dem ihnen nach den verfassungsrechtlichen Wertungen zukommenden hohen Gewicht eingeflossen seien. Sie seien vielmehr mehr oder weniger bewusst ausgeklammert worden.

- Das Gericht hat die Offensichtlichkeit und Erheblichkeit der Mängel auch damit begründet, dass wesentliche Abwägungsmängel zumindest den Staatssekretären und Regierungsmitgliedern des Landes Berlin bekannt gewesen und anscheinend aus politischen Gründen ausgeblendet worden seien. Eine Heilung der Abwägungsmängel scheint aus diesem Grund kaum möglich.

- Die Zielstellung der Landesplanung Brandenburg einer Dezentralisierung von Vorhaben in Brandenburg sei mit der Standortwahl „Schönefeld” nicht entsprochen worden, denn Schönefeld läge im sogenannten „engeren Verflechtungsraum”


Fluglärmmessungen: Hat die FBS manipuliert?

von Gunnar Suhrbier

Die Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS) hat im Herbst 2004 in Müggelheim Fluglärmmessungen vorgenommen. Die Auswertung der Messungen und ein Vergleich mit bereits 1998 von ihr unter ähnlichen Verhältnissen durchgeführten Messungen ist in einem Bericht vom 30.11.2004 so zusammengefasst worden: „Die Anzahl der Flüge hat demnach im Vergleich zum Messzeitraum 1998 um 39 % zugenommen. Der äquivalente Dauerschallpegel ist dagegen annähernd konstant geblieben. Die Zahl der Überschreitungen von 75 dB(A) hat deutlich abgenommen. … Ursache für diese Veränderungen sind zum einen das in letzter Zeit besonders am Flughafen Schönefeld kräftig gestiegene Verkehrsaufkommen, vor allem aber … die Verjüngung der Flugzeugflotten …“

Bereits bei einer ersten Durchsicht des Berichtes waren zahlreiche sachliche und methodische Fehler sowie gravierende Widersprüche aufgefallen, die eine eingehende Untersuchung nötig machten. Die Fachgruppe Fluglärm des BVBB hat den Bericht daher sorgfältig analysiert. Das vorläufige Ergebnis rechtfertigt die Annahme, daß die FBS Details des Berichtes und seine zusammenfassende Aussage manipuliert hat, um ein für sie günstiges Auswertungsergebnis nicht zu gefährden.

Die FBS ging womöglich davon aus, dass viele Leser des Berichtes der Auswertung nicht sorgfältig folgen werden. So hat sie eine Reihe von wichtigen Annahmen und Vereinfachungen, die für das Ergebnis von ausschlaggebender Bedeutung sind, entweder nicht oder nur beiläufig erwähnt, in anderen Fällen auch im Text und in den Diagrammen zu vertuschen versucht. Einem unbefangenen Leser werden daher die meisten Täuschungsversuche erst nach Zuhilfenahme eines Taschenrechners auffallen.

Gerade weil sich viele Adressaten des Berichtes lediglich mit den Diagrammen und der Zusammenfassung beschäftigen werden, hätte die FBS deutlich auf die von ihr gemachten Vereinfachungen und methodischen Probleme hinweisen müssen. Der Bericht erweckt jedoch den Eindruck, dass die FBS weder die fachlichen Voraussetzungen noch das Interesse hatte, eine über alle Zweifel erhabene Auswertung ihrer Ergebnisse vorzulegen. Die Fachgruppe Fluglärm des BVBB arbeitet gegenwärtig an einer ausführlichen fachlichen Stellungnahme.