Geschichten aus dem Müggelwald |
Verschneite Ostern, Ostereiermus, oder es wird doch noch alles gut
von Ingrid Zweiniger
Seit Tagen stand der Osterhase vor seiner Osterhasen-Malwerkstatt und wunderte sich. Der Müggelwald war tief verschneit. Alles war weiß und die Schneeflocken fielen immer noch vom Himmel und bedeckten die Erde mit einem weißen, flauschigen Schneeflockenteppich.
„Ist nun Weihnachten, oder ist nun Ostern? Kommt der Weihnachtsmann, oder bin ich jetzt dran in das kleine Dorf am Rande des Müggelwaldes zu ziehen und die Ostereier zu verstecken? Es sind zwar noch ein paar Wochen, aber komisch ist das schon.
Ich könnte mich totlachen, wenn ich mir vorstelle, ich soll die Ostereier im Schnee verstecken. Aber das ist ja noch nicht einmal das Schlimmste. Viel schlimmer ist es, die Ostereier zu beschaffen.
Ich muss auf den Friedrichshagener Wochenmarkt, da gibt es nämlich die Eier von den glücklichen Hühnern. Und nur diese Eier bemale ich und lege sie in die Osternester. Ich bin doch nicht bekloppt und nehme die Eier von den unglücklichen Hühnern, die in ihren kleinen Gefängnissen sitzen, sich nicht bewegen können, die die Eier legen müssen und dann darauf warten, dass sie geschlachtet werden. Na prima, ein wunderschönes Hühnerleben. Jetzt habe ich genug nachgedacht. Ich gehe erst einmal in meine Malwerkstatt und wärme mich auf.”
In diesem Moment kam Walli das Wildschwein vorbei. „Hallo Häschen, wie geht es dir? Hast viel zu tun, oder?”
„Also erstens bin ich nicht dein Häschen, sondern der Osterhase und zweitens überlege ich, wie ich zu den Eiern komme, die ich bemalen muss. Denn ich habe keine Lust, durch den tiefen Schnee zu stapfen, mir die Pfoten zu erfrieren, vielleicht noch auszurutschen wenn ich den Korb voller Eier habe und dann mit Eiermus meine Osterhasen-Malwerkstatt zu betreten. Kannst du mir mal sagen, wie man Ostereiermus bemalen soll?”
Beide mussten lachen. Walli sagte: „Mach doch nicht solch ein Theater. Ostereiermus wird mit Farbe vermischt und mit einer Schöpfkelle in die Nester gefüllt.”
So eine lustige Idee hatte der Osterhase schon lange nicht mehr gehört. Er lachte, bis ihm der Bauch weh tat, dann ließ er sich in den Schnee fallen und strampelte mit den Pfoten.
Als sich beide beruhigt hatten, nahm der Osterhase Walli mit in seine Malwerkstatt. Walli war erstaunt. So etwas hatte sie noch nie gesehen. So viele Farbtöpfe, so viele Pinsel, riesengroße Tische und überall kleine Körbchen und Nester.
„Hier arbeitest du also mit deinen Freunden, denn du allein kannst doch die Arbeit gar nicht schaffen?”
„Ja, hier arbeiten wir alle zusammen, wir Osterhasen aus dem Müggelwald. Willst du ein Möhrchen haben? Mehr kann ich dir nicht anbieten.”
„Na klar, gerne”, sagte Walli das Wildschwein, „und jetzt mache ich dir einen Vorschlag. Was hältst du davon, wenn ich dir die Ostereier hole?”
Der Osterhase war sprachlos.
„So etwas willst du für mich machen? Bis nach Friedrichshagen laufen und die Eier vom Wochenmarkt holen?”
„Nein”, sagte Walli, „das ist meine Bedingung. Ich hole die Eier aus Müggelheim von Patrick. Der hat auch Eier von glücklichen Hühnern in seiner Kaufhalle. Das weiß ich.”
Der Osterhase überlegte. Erfrorene Pfoten, Eiermus oder Eier aus der Kaufhalle in Müggelheim. „Na gut, ich bin einverstanden. Aber nur Eier von glücklichen Hühnern, das musst du mir versprechen.”
„Versprochen!”, sagte Walli, „Wildschwein-Ehrenwort.”
Dann machten sie sich mit einer großen Kiepe auf den Weg, um die Eier für das Osterfest zu holen.
Hinweis
Am 14. Februar 2005 gegen 19.30 Uhr überquerte Walli das Wildschwein den Müggelheimer Damm und lief in Richtung Kaufhalle. Ob sie bei Patrick angekommen ist, bleibt ein Geheimnis.
|