Serie für den Natur- und Gartenfreund
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Resümee aus der Jahrhundertflut
Mit Entsetzen, großer Anteilnahme und Mitgefühl haben wohl alle Bürger das dramatische Geschehen an den Hochwasser führenden Flüssen verfolgt. Große Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung ist nötig und wichtig.
Man fragt sich, wie konnte es zu so einem verheerenden Ausmaß kommen? Ist das noch normal, oder ist das doch schon eine Folge der Klimaveränderung?
Ich habe Fakten und Äußerungen in den Medien verfolgt, die dazu, auch in Hinblick auf den Ende August in Johannesburg stattgefundenen Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung, gemacht wurden.
Unep Chef Klaus Töpfer fordert klare Absprachen auf dem „Nachhaltigkeitsgipfel”.
Der Begriff: „Nachhaltigkeit” wurde zuerst von einem Förster geprägt. Er lautet in etwa: Die nachhaltige Entwicklung ist eine ökonomische, soziale und ökologische Entwicklung. Die weltweiten Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation befriedigt, ohne die Lebenschancen künftiger Generationen zu gefährden. Es ist ein Wandlungsprozess, der zu neuen Wertvorstellungen und Konsumgewohnheiten führen soll.
Unep-Chef Töpfer sagte: „Die Menschen müssen endlich begreifen, dass sie sich an die Erfordernisse der Natur anzupassen haben. Der Klimawandel ist bereits im Gange und nicht mehr rückgängig zu machen. Man kann nur das Ausmaß dieses Wandels beeinflussen.
Der Ozeanograf Mojib Latif sagte in einem Interview: „Solche ungewöhnlichen Wetterlagen hat es immer schon gegeben, auch in kühleren Zeiten. Doch früher konnten wir ähnlich starke Sturzregen viel besser verkraften, weil die Flüsse noch nicht so kanalisiert waren. Insofern ist die Überschwemmungskatastrophe natürlich doch Menschenwerk. Die Häufigkeit der ungewöhnlichen Niederschläge hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen.
Nach allem was wir wissen, sind die vergangenen zehn Jahre auf der Nordhalbkugel die wärmsten der letzten 1000 Jahre. Natürliche Gründe dafür sind: Vulkanausbrüche, zyklische Schwankungen der Sonnenaktivität und nun eben die von Menschen in die Luft geblasenen Treibhausgase (Die Sonnenaktivität ist zu einem Drittel für die globale Erwärmung verantwortlich). Die Erdatmosphäre wird sich in den nächsten 100 Jahren um etwa drei Grad erwärmen. Fakt ist auch, dass es vor 10 000 Jahren zyklisch wiederkehrende Klimaschwankungen gab. Der derzeitige rasche Temperaturanstieg könnte deshalb – mindestens teilweise – auf noch unbekannte Ursachen zurückzuführen sein.”
Das der stinkende Schlamm, nach dem Abfließen der Wassermassen, mühsam beseitigt werden muss ist klar. Gefährlich ist zum Teil für die betroffenen Menschen die Infektionsgefahr. Schon früher wurden bei Hochwasser der Elbe in Dresden, öffentlich angeschlagene „Gesundheitsmaßregeln” bekannt gemacht, um Ansteckungen im Zaume zu halten. Auch durften die Bürger nicht die nassen Wohnräume bewohnen. Sie wurden mit Wacholder und auch Schwefel beräuchert und Essigdämpfe sollten Seuchen verhindern. Natürlich wurden durch Heizen die Mauern getrocknet. Übrigens gab es in Dresden schon seit Jahrhunderten einige so hohe Flutpegelstände wie jetzt.
Bei diesem Hochwasser kommen noch die giftige Fracht von Chemiefirmen und giftige Altlasten wie Quecksilber und Dioxine dazu. Es drohen Fischsterben und eine deutliche Verschlechterung der Wasserqualität. (Das Elbe-Wasser war gerade kurz zuvor als gut bezeichnet worden.)
Für viele Bewohner in den Hochwassergebieten der Elbe und ihrer Zuflüsse bedeutet die Flut den Verlust ihres Heimes, oftmals die Vernichtung eines Lebenswerkes, auch der Lebensbasis. Für sie befremdlich sind da einige Äußerungen von Experten, welche vor einem schnellen Wiederaufbau warnen. Der Leiter des Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR ), Bernhard Müller, aus Dresden. „Wir werden nicht umhin können, Räume für Wasser frei zu machen; auch Räume, in denen einzelne Gebäude stehen. Dazu steht auch Emil Diester, Leiter des WWF-Auen-Instituts in Raststatt. Er hält eine Vorschrift wie in der Schweiz, wo von Fluten zerstörte Häuser nicht an der selben Stelle wieder aufgebaut werden dürfen, in Deutschland für realisierbar und zwingend geboten. Manfred Furich, Leiter des Referats Stadtentwicklung und Bodenpolitik am Bundesamt für Bauwesen und Raumplanung, sagt folgendes: „Müssten wir Gebiete, die von der Natur eingeklagt werden, nicht wieder zurückgeben?” Bei allem Respekt vor dem oft tragischen Verlust der Heimat dürfe die Bauleitplanung die Menschen nicht erneut in Gefahr bringen. Die nächste Flut kommt bestimmt!
Ein Paradebeispiel ist die Stadt Dessau, die ihre schön gelegenen Flussauen frei von Bebauung hält.
Naturschutzverbände fordern eine weitreichende Umorientierung im Hochwasserschutz. Die vorbeugenden Maßnahmen dürfen sich nicht auf eine Erhöhung der Deiche beschränken, sondern müssten ökologisch verträgliche Maßnahmen wie die Schaffung neuer Überschwemmungsflächen beinhalten. Flüsse und Bäche müssen in unbewohnten Gebieten endlich den notwendigen Überflutungsraum erhalten.
Der Nabu forderte eine Novellierung des Bundeswasserstraßengesetzes. Die noch im Bundeshaushalt vorhandenen 100 Millionen Euro für den Ausbau der Elbe (Vertiefung und Verengung) sollten vielmehr in Deichrückverlegung und Hilfe für Hochwasseropfer investiert werden. Der Geschäftsführer des „Bund”, Gerhard Timm sagte: „Mitverantwortlich für die Flutwellen in Bayern und Sachsen ist die bedenkliche Situation der Wälder.” Einig waren sich die Verbände, dass neben einer nachhaltigen Siedlungs- und Verkehrspolitik auch weitere Klimaschutzmaßnahmen nötig seien.
Für Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber ist das Hochwasser „kein Thema der politischen Auseinandersetzung”. Er will auch an den bisherigen Entscheidungen festhalten. In seinem Kompetenzteam hat er keinen Umweltexperten. Das macht er alles selbst, mit links? Das Bundes Umweltamt warnte vor falschen Entschlussfassungen. Verkehrsminister Bodewig scheint endlich seine sehr umstrittenen Elbufer-Begradigungen und Vertiefungen zu stoppen.
Der Klimaforscher Christian Schönwiese sagte: „Bei den unterschiedlichsten Auffassungen und Meinungen zur Klimaveränderung liegen durchaus Hinweise auf Zunahme von Extremereignissen vor. Zu dieser Kategorie rechnen wir Meteorologen etwa Stürme und heftige Regenfälle. Wir haben an unserem Institut nachweisen können, dass sich in Deutschland die Zahl extremer Monatsniederschläge innerhalb der letzten hundert Jahre um rund dreißig Prozent erhöht hat. Daran, das vor allem der Mensch seit etwa hundert Jahren das Klima beeinflusst, gibt es nichts zu rütteln. Diese letzte Katastrophe sollte die Einsicht fördern.” Klaus Töpfer sagte: „Die Fragen die wir in Johannesburg zu diskutieren haben, sind Fragen der Sicherheit unseres Planeten. Wir brauchen eine Allianz gegen Hunger, gegen die Umweltzerstörung, für einen verantwortlichen Wohlstand für alle. Wir brauchen ganz verlässliche Absprachen bei den zuvor festgelegten Themen wie: Wasser, Energie, Gesundheit, Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und Artenvielfalt. Wir brauchen den verbindlichen ‚Plan of Action’ der Staaten, zu Zielen und Zeitplänen.”
Wir erwarten von allen Politikern, weltweit, dass sie die Warnungen der Wissenschaftler ernst nehmen und auch danach handeln! Wir hoffen auf gute Ergebnisse beim Klimagipfel in Johannesburg. MS
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