Auf Spurensuche
in Müggelheimer Landkarten
Wenn Menschen sich in ihrer Umwelt aus unterschiedlichsten Gründen räumlich orientieren wollen, benutzen sie Landkarten. Diese Pläne besitzen neben rein sachlichen raumbezogenen Informationen oft einen hohen handwerklichen und künstlerischen Wert. Der interessierte Betrachter kann zum Beispiel anhand der Flussverläufe, Flurnamen, Wege, der Wohn- und Industriebauten Veränderungen, die sich im Zeitenwandel ergeben haben, registrieren und diese mit zeitbezogenen Geschichten von Menschen und Ereignissen in Verbindung bringen.
Vor einem Jahr präsentierte die Arbeitsgruppe Heimatmuseum des Müggelheimer Heimatvereins die Ausstellung „Ein Dorf wird geboren - von Odernheim nach Müggelheim“. Ein Bestandteil dieser Ausstellung waren kartografische Darstellungen des Dorfes Müggelheim, das sich, eingebettet in die Landschaft des „Cöpenickschen Werders“, in der Zeit ab 1747 in seinen räumlichen Verhältnissen stark veränderte. Diese Pläne erfreuten sich eines außerordentlichen Interesses. Das veranlasste die Arbeitsgruppe, in diesem Jahr eine neue Ausstellung vorzubereiten mit dem Titel „Entdeckungen auf alten Landkarten – Müggelheim in der Kartografie“.
Die Kartografie kann auf eine lange Geschichte ihrer Entwicklung zurückblicken. Erste Versuche, eine brauchbare Karte unter mathematischen und geometrischen Aspekten anzufertigen, verdanken wir den griechischen Wissenschaftlern Anaximander von Milet (um 541 v.Chr.) und Ptolomäus (um 100 n.Chr.). Letzterer bezog sich vorwiegend auf astronomische Positionen. Seine Karten aus der „Kosmographie“ dienten über 1000 Jahre zur Orientierung. Die verstärkte weltweite Seefahrerei um 1500 und die Werke Gerhard Mercators (Atlanten) läuteten eine Wende zu mehr Realitätsnähe bei der Kartografie ein. Für die weltweiten Wirtschaftsbeziehungen, die kriegerischen und politischen Verhältnisse seit dem 16. Jahrhundert waren die Land- und Seekarten unentbehrlich geworden und förderten diesen Wissenschaftszweig.
Im 18. Jahrhundert war der Landkartenstich, wie der Buchdruck, ein Gewerbe geworden. Bedeutend waren deutsche Zentren wie Nürnberg und Augsburg. Mitte des 19. Jahrhundert wurde es dank der Erfindung der Lithografie auch möglich, Karten mehrfarbig zu drucken. Dadurch wurde das Kartenbild anschaulicher.
Die Ausstellung zeigt in der Abfolge der Landkarten die räumliche Entwicklung des Kolonistendorfes Müggelheim in einem Zeitraum von knapp 200 Jahren. Aus Schriftstücken in den Archiven wissen wir, dass der Landvermesser Loescher im Jahre 1747 das Gebiet des Dorfes und der dazugehörigen Felder im Auftrage des Königs Friedrich II. eingemessen hat. Bis heute ist es uns jedoch noch nicht gelungen, von dieser ersten Vermessung das entsprechende Kartenmaterial zu finden.
Bei der Betrachtung der historischen Karten von 1758, 1760 und 1857 können viele Fragen zur Geschichte des Dorfes und seiner Flur beantwortet werden. Zum Beispiel, worum ging es in dem Streit zwischen den Müggelheimern und den Rahnsdorfern, wer waren Bartho und Tabbert, warum fanden Napoleons Soldaten 1806 nicht den Weg nach Müggelheim, um dort zu plündern? Welche Familien lebten Mitte des 19. Jahrhunderts am Dorfanger, was sind eigentlich die „Apfelbaumstücken“ und was waren die Folgen der kleinteiligen Parzellierung des Müggelheimer Landes? Wie entwickelte sich der Ort im Sog Berlins als aufstrebende europäische Metropole in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts?
Das sind Fragen, die sich anhand der gezeigten Karten erklären lassen. Wir laden Sie ein, noch viel mehr ortsbezogene Geschichten auf den alten Karten zu entdecken. Das Anliegen der Ausstellung ist es, das Interesse für die Heimatgeschichte zu wecken und den Zugang zu den „Geheimnissen“ alter Pläne zu vermitteln.
Die Ausstellung im Dorfklub ist vom 5. Juni bis zum 15. August jeweils Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Vom 5. Juni bis zum 30. Juni auch wochentags von 10 bis 14 Uhr.
AG Heimatmuseum,
Lutz Melchior/ Dr. Bärbel Kovalevski
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