Müggelheimer Bote
14. Jahrgang, Ausgabe 1/2008
Januar 2008
Müggelheimer Bote

Inhalt
Der Müggelturm ist verkauft
Kulturwochenende startet durch
Wirtschaftskreis unterstützt die Kita
Feuerwehr: Grausiges und Abenteuerliches
Parksituation an S-Bahnhöfen bleibt Problem
Weitere Meldungen
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Geschichten aus dem Müggelwald

"Der Neue"

von Anne Müller

Am Heiligabend hatte die Familie Meyerbeck ein kleines hölzernes Wildschwein geschenkt bekommen. Es war aus einer Wurzel oder einem Baumstumpf gefertigt und recht niedlich anzusehen. Seine lustigen Borsten waren Weidenzweige und seine große Schnauze reichte fast bis zum Boden. Von weitem war es nicht von einem echten Frischling zu unterscheiden und jedermann musste lachen wenn er es sah. Nach den Weihnachtsfeiertagen wurde das Schwein in den Garten gebracht. Man entschied sich für ein nettes Plätzchen an der Wacholderhecke, nahe dem Komposthaufen, da man dorthin gern aus dem Wintergarten blickte. Eines Abends im neuen Jahr bekam das Schwein seinen neuen erwählten Standort und wartete freudig auf den nächsten Morgen. „Was würden die anderen Schweine sagen, wenn sie mich hier sehen?“, dachte es vergnügt. Es wusste noch nicht, dass es auf der Welt nicht nur Holzschweine gab.

Der ersehnte Morgen brach heran und das Amselpärchen Robert und Gerda Schnabelflink erwachten in ihrem neuen Heime im Rotdorn über dem Kompost. Die Feiertage waren famos gewesen. Ständig wurden neue Köstlichkeiten aus aller Welt auf dem Kompost serviert. Robert stand nun der Sinn nach heimischer Kost. „Wie wärs heute mal mit einem fetten saftigen Regenwurm?“, flüsterte er seiner noch schläfrigen Gattin Gerda zu. „ Und danach genehmigen wir uns ein Schälchen vom Obstsalat und vom Heringssalat!“, Gerda zupfte sich zufrieden einige alte Daunen heraus und bereitete sich so auf den Ausflug vor. Auf dem Weg zur Wacholderhecke schwatzten beide noch vergnügt miteinander als Robert Schnabelflink plötzlich wie angewurzelt stehen blieb. Er hatte gerade das hölzerne Schwein entdeckt, das von der Morgensonne angestrahlt wurde. „ Was ist denn hier los? Was sucht das borstige Vieh hier an unserer Wacholderhecke?“ Robert war außer sich. Womöglich hatte es dort die ganze Nacht gewühlt. Warum war es nicht zurückgelaufen. Robert war sich sicher, dass diese Hecke mit samt dem Boden ihm gehörte und schimpfte gehörig los. Das Schwein bekam Angst und wollte fortlaufen, aber so sehr es auch wollte es konnte sich nicht fort bewegen. Gerda flehte ihren Gatten an vernünftig zu sein und das Schwein zu bitten den Platz zu verlassen. Den leckeren Regenwurm konnte sie sich jetzt abschminken und sie hüpfte seufzend zur Nachbarin Trude Eichelzorn, die auch gerade an der Hecke stand. Dessen Gatte war ebenfalls, als er das Gemecker von Robert hörte zur Tatstelle geeilt und versuchte das Schwein nun mit drohenden Schnabelgebärden zu vertreiben. Das Eichelhäherpärchen pflegte nämlich in den frühen Morgenstunden immer einen Spazierflug über den Wacholder der Schnabelflinks zu machen auf der Suche nach frischen Wacholderbeeren und sonstigen Leckereien. Frau Eichelzorn war nun genauso genervt über den versauten Vormittag wie Gerda und beschloss, als sie die beiden Streithähne sah, die verzweifelt auf den hölzernen Kopf des leise schluchzenden Schweins einhämmerten das eigentlich banale Problem zu lösen. „ Gerda“, fragte sie, „können so stumme Schweine wie dieses da überhaupt wühlen oder sonstige schlimme Sachen machen?“ „Nö, eigentlich nicht, es bewegt sich ja nicht mal. Komm lass uns anstoßen!“ Gerda reichte Frau Eichelzorn einen selbstgemachten Sanddornlikör: „Auf den neuen Nachbar! Prosit.“ Gerda rief ihren Gatten zur Ordnung. „ Nun frag doch mal endlich das arme Tier warum es da so einsam steht. Es wird sicher einen Grund geben!“ Robert guckte verdattert drein. Herr Eichelzorn hatte schon einen heißen Schnabel und ließ sich gern von seiner Frau auf eine frische Wacholderbeere überreden. „ Soll ich fragen, oder was?“, rief Gerda und rollte ihre Augen. „ Ja, Ja, ich frag ja schon.“. Robert näherte sich von schräg hinten an das Schwein, das gerade mit dem Schluchzen aufgehört hatte und begann nun höflich und kühl mit dem Schwein zu reden. Gerda sah vom Rand der Hecke zu und konnte eine deutliche Entspannung im Gesicht des Gatten erkennen. „ Das Schwein heißt Norbert …und ist aus Weidenholz gebaut worden. Früher stand es am Dorfteich als Baum…die menschlichen Mitbewohner haben es da hingestellt. Es kann gar nichts dafür und stört uns nicht. Es hat sogar einen Regenwurm für uns gefunden!“ Robert war entzückt, entschuldigte sich wieder und wieder bei dem Schwein und rief Gerda zu: „ Komm lass uns unseren neuen Nachbarn willkommen heißen. Gerda schüttelte den Kopf: „ Männer, immer dasselbe mit ihnen. „Prosit! Herr Nachbar“, lallte Frau Eichelzorn nach ihrem dritten Sanddornlikör und steckte ihrem Gatten ein Stück Schweinefilet in den Schnabel.