Gedanken aus Müggelheim
von
Horst Wolf
Sicher hat auch hier bei uns manch einer die Nachricht von der Selbstverbrennung des evangelischen Pfarrers Roland Weißelberg am Reformationstag (31.10.) in Erfurt mit Erschrecken zur Kenntnis genommen. Er wollte, wie es heißt, mit seiner Tat auf die „Ausbreitung des Islam“ und die daraus entstehenden Probleme und Gefahren hinweisen und sie deutlich ins Bewusstsein rufen.
Der Umgang mit dem Islam beschäftigte in diesem Frühjahr auch die evangelische Kirchengemeinde Müggelheims im Rahmen eines Gemeindeseminars und beim Besuch der Partnergemeinde aus Rottevalle in den Niederlanden. Im Gespräch mit den Gästen wurde u.a. auf die Feststellung von Peter Scholl-Latour hingewiesen, dass das eigentliche Problem nicht die Stärke des Islam sei, sondern die Schwäche des Christentums.
Viele Menschen sind dem Christentum gegenüber gleichgültig geworden oder haben sich gar von ihm abgewandt, aus welchen Gründen auch immer. Auch hier in Müggelheim gehört nur ungefähr ein Zehntel der Einwohner zu einer christlichen Gemeinde, und auch bei vielen Gemeindegliedern ist ein christliches Bekenntnis nicht deutlich, eher ist eine Gleichgültigkeit zu bemerken. Selbst die weitgehend christlichen Wurzeln unserer Kultur und unserer Gesellschaft sind vielen Menschen nur undeutlich im Bewusstsein.
Doch sehr deutlich wird diese Verwurzelung z.B. auch in den Ausstellungen in Magdeburg und Berlin zur 200. Wiederkehr des Endes des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation am 6. August.
Wie anders tritt uns da der Islam entgegen und die Menschen, die sich anderwärts und auch hier in Deutschland zu ihm bekennen. Sie erscheinen fest verwurzelt in ihrer Religion und interessieren sich zu weiten Teilen vergleichsweise wenig für Toleranz und Dialog. Doch gerade das Bemühen um einen den Gegebenheiten angemessenen Dialog kann nur das Verhalten von Christen bestimmen. Pfarrer Weißelberg wollte wohl unüberhörbar auf die Probleme aufmerksam machen und auch Warnsignal gegen ein mögliches weiteres Vordringen des Islam setzen. Er sah in seiner Tat offenbar – ebenso wie 30 Jahre zuvor Pfarrer Oskar Brüsewitz – ein letztes Mittel, auf eine als von ihm als gefahrvoll angesehene Entwicklung hinzuweisen und die Situation zu verändern.
Ich blicke mit Erschrecken auf die Tat, die man wohl nur zwiespältig sehen kann, so dass in ihr sowohl ein gewisser Gotteszweifel, aber auch ein „außergewöhnliches“ Gottvertrauen zum Ausdruck kommen.
Wir jedoch sollten uns unsere kulturellen und geistigen Wurzeln auch im Alltag wieder stärker ins Bewusstsein rufen, um so den Herausforderungen und dem notwendigen Dialog gewachsen zu sein.
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