Müggelheimer Bote
12. Jahrgang, Ausgabe 6/2006
Juni 2006
Müggelheimer Bote

Inhalt
Schippert F21 bald nach Müggelheim?
Angerfest: Gaudi für Jung und Alt
25 Jahre Partnerschaft mit Rottevalle
Die Feuerwehr sagt danke!
Sind wir im Paradies gelandet?
Oldtimer im Anrollen
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Geschichten aus dem Müggelwald

Der tyrannische Borkenkäfer Manfred

eine Geschichte von Anne Müller

Nicht immer sind alle Waldbewohner liebenswerte und possierliche Geschöpfe. Wie im richtigen Leben gibt es auch hier Miesepeter und Stänkerfritzen. Und von einem besonders stinkigen Waldbewohner möchte ich euch erzählen: Manfred war ein böser Borkenkäfer. Er lebte zusammen mit mehreren Käferdamen an einer stattlichen Birke.

Diese hütete er mit besonderer Sorgfalt und Strenge. Andere Käfer, wie den armen Hirschhornkäfer Heinrich und die Kolonie der Feuerwanzen wurden erbarmungslos vom Birkenstamm vertrieben.

Manfred hatte es geschafft den ganzen Baumstamm für sich zu erobern. Wenn sich ein feindlicher Käfer seinem Revier näherte, klopfte Manfred mit seinem Hinterlaib kräftig und bestimmt auf die Borke und schüttelte somit das „Ungeziefer“ ab. Auch im Nahkampf beherrschte er ungewöhnliche Techniken, die ihn stets zum Sieg führten. Obwohl er recht kleinwüchsig war, hatte er doch tatsächlich Heinrichs Geweih abgebissen, so dass dieser nun unwürdig und versteckt in einem Abfallkorb leben musste.

Schon lange wagte es kein Krabbeltier mehr in seine Nähe zu kommen. Manfred herrschte über seine Birke allein. Einmal im Monat traf sich Manfred mit seinem einzigen Freund, dem Mistkäfer Kurt. Sie aßen dann gemeinsam modrige Rinde und wetterten über die überheblichen Blattwanzen, die lauten Rüsselkäfer an der Nachbar-erle und die unverschämte Käferjugend. „Die fressen mir die Rinde vom Kopf und amüsieren sich auf meiner Birke.“ Manfred klopfte dann wie ein Presslufthammer auf den Boden, dass Kurt beinah das Gleichgewicht verlor. „Meine letzte Brut lebt in einem Pferdestall in Saus und Braus aber ihrem armen Vater geben sie nichts ab“, klagte Kurt und Manfred hämmerte sogleich wieder los. Die umliegenden Blattwanzen erstarrten dann und Heinrich zitterte in seinem Mülleimer.

Manfred hatte sich Respekt verschafft. Keine Frage. Seine Birke war tabu und alle Nachbarn hielten sich daran. Eines Morgens wurde Manfred von einem lauten Geräusch geweckt. Er hatte gerade so wunderbar geträumt wie er die ansässige Amsel in die Flucht schlug, als er durch das Vibrieren beinahe die Rinde unter seinen Füßen verlor. Ein riesiges grünes Objekt versperrte seine Aussicht. „Weg da!“, brüllte Manfred, doch das grüne Ding kam auf seine Birke zu. Dann ging alles sehr schnell. Ein ohrenbetäubender Lärm setzte ein und Manfred schwanden die Sinne. Als er erwachte lag seine Birke niedergestreckt am Boden.

Heinrich lachte laut aus seinem Abfallkorb heraus: „Siehst du Manfred, jetzt hast du keine Sorgen mehr. Deine Birke hast du nun ganz für dich.“ Manfred fühlte sich schwach. Er versuchte zu klopfen aber es gelang ihm nicht. Heinrich kroch aus dem Abfall hervor und näherte sich vorsichtig. Jetzt würde er sich rächen können für seine verlorenen Hirschgabeln. Selbstbewusst schritt er zur Birke. Kurt, der Mistkäfer, lag ausgestreckt auf einem Misthaufen, und dachte nicht daran Manfred zu helfen. Er ärgerte sich über seine Käfernachkommen und konnte Manfred im Grunde auch nicht leiden. Also schlief er wieder ein.

Heinrich hob kampfeslustig seine Vorderbeine und attackierte den völlig verwirrten Manfred. Die Blattwanzen eilten in Scharen herbei und sogar der scheue Rüsselkäfer Rudi wetzte seine Kiefer. Manfred war nun völlig hilflos den wütenden Käferscharen ausgeliefert. Eine Polizeistreife der Ameisen eilte herbei. Verzweifelt rief er: „Hilfe, so helft mir doch!“ Doch der Oberwachtmeister erinnerte sich wie Manfred sämtliche Blattläuse vor seinen Augen gefressen hatte. Obwohl der Ameisenverein „Blattlausschutz e.V.“ dies strengstens untersagt hatte. „Angriff!!“, rief der Wachtmeister und die Birke glich einem Schlachtfeld. Vorneweg stand Heinrich, der sich im Zweikampf mit Manfred duellierte, hinterdrein die Rüsselkäfer mit wütendem Klopfen und von links und rechts strömte die Ameisenpolizei auf den Baumstamm. Das Getümmel dauerte wohl die ganze Nacht hindurch.

Am nächsten Morgen lagen sie alle erschöpft auf dem Boden. Manfred hatte sein linkes Vorderbein und eine Flügelplatte verloren. Der arme Heinrich kroch erschöpft in seinen Mülleimer zurück die Polizei zog weiter und alle anderen Käfer hatten Hunger bekommen und die Lust am Kämpfen verloren. Doch von diesem Tag an herrschte wieder Frieden im Wald. Manfred bezog die Nachbarbirke und lernte zu teilen mit seinen Mitbewohnern. Er entschuldigte sich bei Heinrich und dem Oberwachtmeister und bei allen Blattwanzen und wurde seitdem zum freundlichsten Borkenkäfer Müggelheims.