Müggelheimer Bote
12. Jahrgang, Ausgabe 6/2006
Juni 2006
Müggelheimer Bote

Inhalt
Schippert F21 bald nach Müggelheim?
Angerfest: Gaudi für Jung und Alt
25 Jahre Partnerschaft mit Rottevalle
Die Feuerwehr sagt danke!
Sind wir im Paradies gelandet?
Oldtimer im Anrollen
Weitere Meldungen
Karikatur
Gedanken aus Müggelheim
Aus den Vereinen
Jugendclub Mügge
Aus der BVV
Kleinanzeigen
Heimatverein
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
Archiv
Müggelheim im Internet
Impressum
© 2006
Müggelheimer Bote
 

Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius


Ein 12-Jähriger schlägt seine Lehrerin zusammen; eine 18-Jährige, die ihre Englischlehrerin töten wollte wird mit einer scharfen Schusswaffe gefasst; ein 15-Jähriger attackiert eine Mitschülerin mit dem Messer. Und nun, quasi als Krönung des Ganzen, auch noch ein 16-Jähriger, der auf mehr als 40 Menschen wahllos mit dem Messer einsticht.

Was ist nur los mit unserer Gesellschaft, was ist los mit den Jugendlichen? Was haben wir falsch gemacht, wie kommen wir aus dem Dilemma wieder heraus? Oder müssen wir uns damit abfinden, dass jugendliche Gewalt unser Leben beherrscht?

Die aufgezählten Fälle waren nur die, die sich in der letzten Maiwoche ereigneten – doch die Reihe jugendlicher Gewalttäter ließe sich noch beliebig verlängern.

Angst habe ich nicht, noch nicht. Aber ich bin hilflos und frage mich: Wie kann man dieser dramatischen Entwicklung entgegen wirken? Schule ist das eine. Doch wir als Eltern können nicht die ganze Verantwortung der Erziehung auf die Schule verlagern, Lehrer fühlen sich oftmals überfordert und Sozialpädagogen gibt es zu wenige.

Ich habe auch das Gefühl, dass sich die Fälle traumatischer Familienverhältnisse häufen, in denen viele Kinder heutzutage aufwachsen. In meinen beiden „Berufen“ als Mutter und als Journalistin stehe ich solchen Un-Verhältnissen oft hilflos gegenüber. Warum gibt es Eltern, die sich nicht um ihre Kinder kümmern? Auch wer selber viele Sorgen hat, kann doch seinem Kind ein bisschen Liebe und Geborgenheit vermitteln. Dafür bedarf es nicht immer der Markenklamotten und der teuersten elektrischen Geräte. Es wäre besser, und billiger, mit seinem Kind ein kleines Spiel zu spielen und dabei zu reden, als das Kind vor einem teuren Fernseher mit Playstation zu „parken“, wo es sich den Kopf mit Gewalt verherrlichenden oder einfach blöden Filmen und Spielen verdreht.

Reden - viele wissen gar nicht mehr, was das ist. Früher wurden höhere Töchter noch in „gepflegter Konversation“ unterrichtet. Ok, das war häufig auch nur belangloses Zeug. Gefühle und Befindlichkeiten kamen da nicht zur Sprache. Aber heute wissen viele noch nicht einmal, wie man sich überhaupt unterhält – dass Worte zu mehr da sind, als in Comic-Sprache miteinander herumzugrunzen oder sich anzupöbeln. Geschweige denn, dass sie den Gebrauch der Sprache richtig beherrschen.

Und noch etwas anderes: Gefühle zeigen ist out! Vor allem Jungen haben immer mehr Probleme damit, über ihr Gefühlsleben zu reden. Was ihnen gefällt, was sie nicht mögen, was sie stört, worüber sie glücklich sind. Viele haben es von ihren Vätern – bzw. haben es eben nicht. Es fängt schon damit an, dass Jungen über Jahrzehnte hinweg so erzogen wurden, dass sie nicht weinen dürfen – absoluter Humbug und der totale Gefühlskiller.

Ich will jetzt nicht alle Männer und Jungen über einen Kamm scheren (zumal auch die Mädchen "aufholen"), das wäre unfair. Doch die anfangs geschilderten Fälle waren meistens durch Sprachlosigkeit geprägt.

Also Männer und Jungs: lernt zu reden, zeigt eure Gefühle, strebt nach mehr Harmonie. Vielleicht können wir so dieser gewalttätigen Entwicklung etwas entgegen wirken. Mit ganz herkömmlichen Allerweltsmitteln. Und vielleicht sollten wir alle wieder mehr zu klassischenWerten wie Respekt und Nächstenliebe zurückkehren, um einer gesellschaftlichen Entwicklung in Richtung Ausnahmezustand zu entgehen.