Bomben und Manipulationen
Schwere Vorwürfe des BVBB vom Ministerium
als Sommertheater abgekanzelt
Bisher unbekannte Altlasten wie Bunkeranlagen und Bomben könnten den Flughafen-Bau in Schönefeld gefährden. Das gehe aus aufgetauchten Stasi-Dokumenten hervor, berichtete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel” Mitte Juli. Während die einen, unter anderem viele Kommunalpolitiker, aufschrieen und die sofortige Schließung des Airports verlangten, taten andere, wie der Sprecher des Potsdamer Bauministeriums, das ganze als „blödes Sommertheater” ab.
Der BVBB bezeichnet die „Vertuschung der Wahrheit über die auf dem Gelände des Flughafens Schönefeld vorhandenen Altlastengefahren” als Gipfel. Noch immer werde nicht zugegeben, dass die Interflug und ihre Sicherheitsabteilung, der Munitionsbergungsdienst der ehemaligen Volkspolizei und Altlastenexperten der ehemaligen DDR vor der fachgerechten Beräumung von Granaten, Blindgängern und anderen gefährlichen Munitionsrückständen kapituliert hätten. Sie hätten erklärt: „Auf faktisch jedem Quadratmeter aufgenommenen Boden wird Munition gefunden.” und „Dabei wird immer deutlicher, dass die generelle Freimachung des Flughafens Schönefeld ... nicht durchführbar ist” (aus einem Schreiben des Leiters Schutz und Sicherheit der Interflug an den Interflug-Generaldirektor Dr. Henkes vom 8.11.1988).
Gerademal Sicherheitsstreifen entlang der Landebahn und einige Flächen für absehbare Investitionsobjekte seien damals beräumt worden, erkennt der Bürgerverein anhand der Unterlagen. „Es ist davon auszugehen, das unter dem Flughafen noch Hohlräume existieren, in denen Munition ist”, erläutert BVBB-Vorsitzender Ferdi Breidbach. Die für die Planung verantwortliche Flughafengesellschaft will sich die Unterlagen angucken, geht aber von keinen spektakulären Funden aus. „Das noch Altlasten von den Henschel-Werken da sein müssen, ist uns bekannt”, so Sprecher Burkhard Kieker. Allerdings seien bereits 1993 unterirdische Hohlräume von einer Spezialfirma verfüllt worden. Die Henschel-Werke, ein Rüstungsbetrieb, habe bis 1945 auf dem Flughafen-Gelände produziert und war dadurch häufig Ziel von Bombenangriffen.
Für den BVBB ist schon allein der Altlastenverdacht durch die frühere militärische Nutzung ein Grund vor den Kadi zu gehen. War doch schließlich ein Ablehnungsgrund der Alternativstandorte Sperenberg und Jüterbog der hohe Altlastenverdacht. „Das Argument greift jetzt auch für Schönefeld”, sagt der BVBB und spekuliert auf die nahenden Gerichtsverhandlungen. Doch erst wenn der Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen wirklich im Frühjahr 2004 ergeht, können dessen Gegner vor Gericht ziehen Und dann zählt jedes Argument.
Doch die Standortgegner haben noch anderes in die Waagschale zu werfen. So haben sie nach akribischen Prüfungen herausgefunden, dass die zur Einwendung ausgelegten Unterlagen nicht identisch sind mit denen, die die „Flughafen Berlin Schönefeld GmbH” (FBS) im Potsdamer Verkehrsministerium eingereicht hat. Die Papier seien „nachträglich frisiert worden”, so Breidbach. An einer Unzahl von Textstellen seien Änderungen, Ergänzungen oder Auslassungen vorgenommen worden. Plötzlich fänden sich darin viele Argumente für den Flughafen Schönefeld. Das Ziel der Manipulation sei eindeutig: Es soll, so der BVBB, der Eindruck erweckt werden, dass die FBS nun auch der nach EU-Recht vorgeschriebenen Abwägung nachgekommen sei. Aus diesem Grund fordern die Standortgegner den sofortigen Abbruch des Planfeststellungsverfahrens. „Durch diese Manipulation ist erwiesen, dass das Genehmigungsverfahren parteiisch zu Gunsten der Gesellschafter durchgeführt wird”, prangert Breidbach an.
Das Ministerium weist die Vorwürfe jedoch zurück. „Wir sind selbstverständlich nicht parteiisch”, bekräftigt Ministeriumssprecher Lotahr Wiegand. Die Änderungen seien von der FBS vorgenommen worden, nachdem das Ministerium Nachbesserungen verlangt habe. Die sei ein „ganz normaler Vorgang”. Auf den Zeitplan für das weitere Verfahren werde das keine Auswirkungen haben. Doch Breidbach rechnet sich auf Grund der neuen Erkenntnisse gute Chancen aus, das Projekt vor dem Bundesverwaltungsgericht zu stoppen. sip
|