5. Jahrgang, Ausgabe 08/99 | |
August 1999 | Home | Archiv | Impressum |
Schönefeld: Tips für Einwendungen gegen den Ausbau Multikulti mit Wildschwein und Satire Wasserflöße und Seifenblasen zum 1. Umweltfest Ende der Bauarbeiten im Wohnpark in Sicht Ob Pfälzer oder Widerstandskämpfer - die Geschichte der Straßennamen (Teil I)
Serie für den Natur- und Gartenfreund © 1999 Müggelheimer Bote Zuletzt aktualisiert am 03.09.1999 |
Märchen aus dem MüggelwaldPaulchens GeburtstagIn diesem Jahr wurde Paulchen sieben Jahre alt. Die Eltern hatten den ganzen Garten mit Luftballons, Girlanden und einem großen, gelben Mondlampion geschmückt. Der Kaffeetisch war unter dem alten Apfelbaum im Garten gedeckt. Alle seine Freunde kamen zur Geburtstagsfeier. Sie kannten sich vom Kindergarten her und in ein paar Tagen war für sie alle der Schulanfang.War das ein fröhliches Gekicher, als sie den Obstkuchen um die Wette aßen. Danach bewunderten sie Paulchens Geschenke. Die bunte Schulmappe und drei Bücher, aber auch den Fußball. Dann stürmten sie auf den Rasen, wo sie sich unter dem Sprenger erfrischten. Es war ein warmer Tag und sie schaukelten, tollten auf dem Rasen und übten mit dem neuen Fußball. Dann rief die Mutter zum Abendbrot. der Mondlampion, der über dem Tisch an einer Leine hing, hatte innen eine Kerze, die jetzt angezündet wurde. Durstig und hungrig saßen sie dann am Tisch. Es gab Würstchen und Salat, Pudding mit Himbeeren und Brause. Als alles aufgegessen war, wurden seine Freunde abgeholt. Es war Abend und alle waren ein bißchen müde vom Spielen. Es wurde still im Garten. Die Eltern räumten alles ab, nur der lachende Mond leuchtete noch über dem Tisch. Paulchen ging langsam durch den Garten, streifte mit der Hand ein paar Blumen. Ganz hinten im Garten, wo der Komposthaufen und ein Kräuterbeet waren, wuchs ein riesiger Kürbis. Da war er gerne. Es war eine kleine, versteckte Welt. Die riesigen Kürbisblätter mit den langen Stielen waren wie Schirme wenn er sich darunter setzte. Müde strichen seine Fingerchen über Grashalme, eine dicke Hummel brummte in der großen, gelben Kürbisblüte. Ach, nur mal ein bißchen auf dem Rasen liegen, dachte Paulchen. Müde sah er ein braunes Häufchen krümeliger Erde. Mit dem Finger schnipste er sie weg, darunter war ein kleines Loch. Plötzlich hörte er eine zarte, freundliche Stimme: „Paulchen, wenn du schon unsere Tür aufmachst, dann komm doch rein und besuche uns mal - wir freuen uns.” „Wer spricht denn da?”, fragte Paulchen. „Komm nur Jungchen, immer mit dem Kopf voran.” Warum nicht, dachte Paulchen, vielleicht sind da neue Freunde und er folgte der Einladung mit dem Kopf voran. Zunächst war es dunkel, aber er hatte keine Angst. Plötzlich stand er in einem Raum, der ringsherum braun war. Ein paar feine Wurzeln zogen sich wie Stützen an den Wänden entlang, aber es gab keine Fenster. „Da bist du ja, Jungchen, also ich bin Frau Regenwurm.” Sie zeigte mit ihrem Kopf in eine Richtung, denn sie hatte keine Arme und Beine, nur einen Kopf und einen langen Körper, der aus vielen Ringen mit kleinen Borsten bestand. Paulchen sah in die angezeigte Richtung. Dort war eine runde Kammer mit vielen kleinen, hellroten Regenwurmkindern. Sie kicherten und schmusten miteinander. „Wir haben noch mehr Gänge und Kammern, Paulchen”, sagte Frau Regenwurm hinter ihm. „Ich würde mir gerne alles ansehen”, antwortete Paulchen. Gleich gingen sie durch weitere dunkle Gänge. Plötzlich hörte er ein schabendes Geräusch. Erschrocken blieb er stehen. „Keine Angst”, sagte Frau Regenwurm, „das ist nur unser Nachbar, der Herr Engerling.” „Ach”, sagte Paulchen, „warum schabt er denn so laut?” „Er frißt sicherlich gerade eine saftige Wurzel”, erklärte Frau Regenwurm geduldig. Plötzlich ein greller Lichtschein im Gang. Verwundert blinzelte Paulchen mit den Augen. „Was ist das nun schon wieder, Frau Regenwurm?” „Ach Jungchen, das ist nur eine unserer Türen, durch die wir die durchgekaute Erde nach oben hinausschieben.” „Durchgekaute Erde?”, sagte Paulchen wie zu sich selbst. „Na ja, sieh mal, hier ist ein Raum, in dem ich die feinen Speisen, die ich nachts von eurem Kompost geholt habe, lagere.” Paulchen sah fein gerollte Blätter, kleine Klumpen die süß wie Klarapfel dufteten, aber auch Stengel und Kiefernnadeln. Alles war in dieser Kammer gelagert. „Ich wußte gar nicht, daß euch das schmeckt”, sagte er. Und eine Frage wollte er auch noch gleich loswerden: „Warum heißt ihr eigentlich Regenwurm?” „Tja”, sagte Frau Regenwurm und schob noch schnell mit ihrem Hinterteil ein paar verdaute Teilchen durch die Tür nach oben, „Wenn ich mich recht erinnere, nennen uns die Menschen so, weil wir, wenn es stark regnet, schnell aus unseren Gängen hinauskommen auf die helle Erde. Sonst würden wir darin ertrinken. Weil wir also bei Regen auf der Erde zu sehen sind, heißen wir Regenwurm.” „Ach so”, meinte Paulchen, „ihr habt es aber auch nicht leicht.” Plötzlich bebte die Erde. Dumpfe, rhythmische Stöße erschütterten alles. Angst ergriff alle. „Kinder, Kinder”, rief die Regenwurmmutter, „schnell unter die Wurzeln.” Auch Paulchen rannte durch die Gänge, immer den Regenwurmkindern hinterher. „Meine Güte”, sagte Paulchen, „was ist das bloß? Ein Erdbeben oder Dinosaurier?” Immer näher kamen die rhythmischen Erschütterungen. Keuchend flitzten alle durch die Gänge. „Angst, Angst, Luft”, keuchte er, während Frau Regenwurm sie unter die Wurzeln des Holunderbaumes wies. Aus dem Dunkel sah er plötzlich Licht, hörte die Stimmen seiner Eltern. „Wie, was, kein Dinosaurier? Blinzelnd und verwundert sah er seine Eltern an. „Aber Paulchen, hier unter die Kürbisblätter hast du dich gelegt?” „Ja”, murmelte Paulchen, „ich bin bloß ein bißchen eingeschlafen.” Die Eltern sahen sich lachend an, nahmen Paulchen bei den Händen. Da leuchtete der lachende Mond an der Leine. „Ich bin so müde, aber mein Geburtstag war wunderschön.” MS |