Geschichten aus dem Müggelwald |
Wieviele verschiedene Nussknacker gibt es?
von Ingrid Zweiniger
„Wieviele, wieviele, das ist doch egal, Hauptsache, ich kriege die Nüsse kaputt, damit ich den leckeren Nusskern verspeisen kann.”
Das dachte sich die rabenschwarze Krähe Karoline und flog mit ihrer Nuss, die sie in einem Garten unter einem Nussbaum gefunden hatte, davon.
Karoline war noch sehr jung. Sie war ein Krähenkind und hatte deshalb keine Erfahrung, wie man solch eine Nuss auseinander bekommt.
„Mama”, rief sie ganz laut, als sie zu Hause angekommen war. „Mama, ich habe eine Nuss mitgebracht, kannst du mir mal zeigen, wie die aufgemacht wird?”
„Karoline, hör auf, hier so herumzuschreien. Ich muss erst die Nestbetten machen, dann muss ich noch aufräumen und danach können wir über die Nuss reden.”
Karoline setzte sich artig auf den Nestrand, legte die Nuss auf ihre Krähenfüße und wartete auf ihre Krähenmama, die im Nest herumwuselte. Als die Krähenmama fertig war, nahm sie Karoline und die Nuss und flog mit beiden davon. Im Wald angekommen, setzten sie sich auf eine Wiese.
„Mama, Mama, nun erzähle mir endlich, wie ich die Nuss aufkriege. Ich will es jetzt wissen.”
„Das ist ganz einfach”, sagte die Krähenmama, „du nimmst die Nuss und fliegst mit ihr zu einer Straße. Es muss eine harte Straße sein, also eine gepflasterte oder eine asphaltierte Straße. Es darf keine weiche Straße sein, kein Sandweg oder so. . .”
Karoline unterbrach ihre Krähenmama. „Höre auf von harten und weichen Straßen zu sprechen. Das interessiert mich nicht. Ich will wissen, wie die Nuss aufgeht.”
„Sei nicht so ungeduldig. Also die harte Straße ist unser Nussknacker. Du fliegst über die Straße, lässt die Nuss fallen und wenn sie auf die Straße plumpst, dann geht sie kaputt. So einfach ist das. Du musst dann nur hinunterfliegen und die Nussstücken einsammeln.”
Karoline war glücklich. „Danke, liebe Mama, wieder etwas gelernt. Ich fliege jetzt zur harten Straße und lasse mir von dem Straßennussknacker die Nuss knacken.”
Auf dem Weg zur harten Straße sah Karoline schon von weitem einen Hund. Als sie näher heranflog erkannte sie Strolch. Er zog einen kleinen Sack hinter sich her und war auf dem Weg nach Hause.
„Hallo Strolch”, rief Karoline, „was ziehst du denn hinter dir her?” „Nüsse”, rief Strolch. „Nüsse für Herrchen und Frauchen?”, fragte Karoline. „Nein, Nüsse für mich”, sagte Strolch. „Bleib doch mal stehen Strolch, Nüsse interessieren mich, weil ich den Nussknackern auf der Spur bin. Wer knackt denn deine Nüsse?”
„Na wer wohl, ich selber”, sagte Strolch. „Ich wusste gar nicht, dass Hunde auch Nüsse fressen und das Hunde auch Nüsse knacken können.” Karoline staunte. Jetzt hatte sie schon zwei Nussknacker. Eine harte Straße und einen Hund.
„Kann ich jetzt weitergehen?”, fragte Strolch.
„Nein, bleib mal stehen. Ich habe noch ein paar Fragen zu Nussknackern. Weißt du vielleicht, was es außer harten Straßen und Hunden noch für Nussknacker gibt?”
„Na klar weiß ich das”, sagte Strolch, „also die Menschen benutzen Holzmänner. Die nennen sie Nussknacker. Die Nuss wird den Holzmännern in den Mund gesteckt, dann wird ein Hebel gedrückt und dann spuckt das Männchen die geknackte Nuss aus. Aber die Menschen haben auch noch Metallzangen zum Knacken der Nüsse. Die sind klein und sehen nicht schön aus, aber sie knacken die Nüsse auch. Und dann kann man noch einen Hammer nehmen und auf die Nuss schlagen. Ach, und dann fällt mir noch das Eichhörnchen ein. Das knackt seine Nüsse selber. Aber mehr weiß ich jetzt nicht. Darf ich nun endlich weitergehen? Ich will mich gemütlich im Wohnzimmer unter den Tisch legen und in Ruhe meine Nüsse knacken. Das macht mir Spaß und ist eine schöne Winterbeschäftigung für mich. Tschüss, mach‘s gut Karoline, du alte Krähe. Hahaha . . .”
Strolch wanderte mit seinem Sack voller Nüsse nach Hause. Und Karoline knackte ihre Nuss auf der harten Straße und flog glücklich von dannen.
|