Bürgeranhörung – klarer geregelt,
doch nicht verbessert
Aktuelles aus der letzten BVV des Jahres 2004
Kurz war die Tagesordnung bei der vorweihnachtlichen Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Da die letzte Sitzung gerade mal drei Wochen her war, hatten sich nicht viele neue Themen angesammelt.
Nach wie vor gestritten wird über die Steganlage im Frauentog. Der Bezirk plante ursprünglich einen 210 Meter langen Schwimmsteg, der in den Frauentog hineinreichen sollte. Museumsschiffe, ein Café und der Solarbootverleih sollten dort ihre Heimat finden, um Bootstouristen anzulocken, die einen oder mehrere Tage in der Altstadt anlegen. Doch unsere obersten Berlinplaner und –visionäre vom Senat sahen die Köpenicker Pläne mit Schaudern. Sie befürchten, der Schwimmsteg könnte so viel Attraktivität gewinnen, dass alle Blicke vom Schloss abgelenkt würden. Unter dem Vorwand des Denkmalschutzes wurde der Plan zunichte gemacht, die Bezirkspolitiker als provinziell beschimpft und der Steg um die Hälfte gekürzt.
Übrig blieb ein Stummel von 100 Metern mit Querarmen, an denen die Solarbootstation und ein paar Boote anlegen können. Aus der bezirklichen Vision einer Flaniermeile auf dem Wasser wurde damit nun wirklich provinzielle Kleingeisterei. Jetzt laufen die FDP und die Anwohner Sturm dagegen, letztere, weil sie sich an der Entscheidung für die neue Variante nicht beteiligt fühlen, erstere, weil sie sich gerne als Sprachrohr unzufriedener Altstadtanrainer gibt. Baustadtrat Dieter Schmitz ist verständlicherweise frustriert, weil seine Planungen vom Senat zunichte gemacht wurden, und andererseits, weil sich die Altstadtbewohner ständig beklagen, es würde vom Bezirksamt zu wenig unternommen um den Tourismus zu fördern. Er will nun wenigstens die kleine Lösung realisieren und bekam auf Antrag der SPD dafür auch die Unterstützung der BVV. Es haben sich Interessenten gefunden, die die Steganlage auch unter den zurechtgestutzten Umständen betreiben möchten. Es soll im Gegensatz zu den Befürchtungen der Anwohner keineMarina mit Dauerliegeplätzen entstehen, sondern eine Anlege- und Übernachtungsmöglichkeit für Bootstouristen geschaffen und dies mit dem Betreiber auch vertraglich abgesichert werden.
Zum Flughafen gibt es diesmal nichts zu vermelden, auch ansonsten war die Tagesordnung für Müggelheimer nicht sonderlich spannend. Einen Hinweis auf die Abgründe innerhalb der BVV mag die Diskussion über die Benennung einer Straße in Grünau nach Stefan Heym geben. Der Antrag der PDS wurde abgelehnt – von der SPD, weil die Straße Heyms nicht würdig ist und außerdem schon eine Bibliothek nach ihm benannt wurde, von der CDU, weil Stefan Heym der Straße nicht würdig sei . . . Überhaupt ist bei Diskussionen über Denkmäler, Mahnmäler und Gedenktage auffällig, dass sich aus allen Fraktionen fast nur die jungen Verordneten zu Wort melden und sich als kompetente „Zeitzeugen“ üble Gefechte mit heftigen Verbalattacken liefern. Offenbar lässt sich an solchen Themen politische Streitkultur am gefahrlosesten üben. Der Sache tut es nicht immer gut.
Die erste Sitzung im neuen Jahr findet am 20. Januar statt. Wie üblich haben Sie Gelegenheit, ab 16 Uhr bei der Bürgeranhörung ihre Probleme vorzutragen. Die Modalitäten dafür wurden nun neu geregelt, nachdem immer kritisiert wurde, dass die Bürger zu wenig beteiligt werden. Reden dürfen Treptow-Köpenicker Bürger und Interessenvertreter (Vereine) zu Bezirksproblemen, für die die BVV zuständig ist. Die Anmeldung kann bis 15 Uhr am Tag der Sitzung im BVV-Büro (Tel. 6172-4186) unter Angabe des Themas und der Anschrift erfolgen. Die Rednerliste richtet sich nach der Reihenfolge der Anmeldungen. Die Anhörung wird durch den BVV-Vorstand geleitet, er entscheidet über die Zulässigkeit eines Themas und achtet auf Einhaltung der maximalen Redezeit von drei Minuten. Auch in der Neufassung der Modalitäten ist weder eine Aussprache noch eine Nachfragemöglichkeit für die Bürger vorgesehen, die Bürger sollen stattdessen die Sprechstunden der Fraktionen, des Bürgermeisters und den Ausschuss für Eingaben und Beschwerden der BVV nutzen. Bei der Rede müssen die allgemeinen Grundsätze des Datenschutzes und der Privatsphäre beachtet werden. Es darf kein Einzelner beschuldigt oder verleumdet werden, da keine adäquate Möglichkeit der Rechtfertigung bzw. der Gegenrede besteht. Strittig war im Ältestenrat, ob die Bürger wenigstens eine schriftliche Reaktion der BVV auf ihre Rede erhalten sollten, doch SPD und CDU wandten sich dagegen. Angeblich werden ca. 90 Prozent der Anhörungen ohnehin in irgendeiner Weise reflektiert.
Damit hat sich gegenüber der früheren Regelung nichts in Richtung Bürgerbeteiligung verbessert. Nach wie vor bekommt der Bürger keine Antwort auf seine Anhörung. Nur wenn Bezirksverordnete ein Thema in Form einer Anfrage oder eines Antrages aufgreifen, wird es in der BVV behandelt. Wenn Sie also der Schuh drückt, wenden Sie sich an uns (Tel. 65 94 03 04 oder Fax 65 94 03 06) oder an eine andere Partei, damit Ihr Anliegen auf die Tagesordnung kommt.
Wir wünschen Ihnen einen guten Start ins Neue Jahr,
Ihre Müggelheimer Bezirksverordneten
Ute Schäfer-Lutz und Frank Emmerich
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