Gedanken aus Müggelheim
von Ralf Jacobius
Wir sind mal wieder dem Aufruf gefolgt. Inzwischen ist es bei uns
schon so etwas wie eine Familientradition. Es gab noch kein Jahr,
in dem wir der Menschenkette gegen den geplanten Großflughafen
in Schönefeld ferngeblieben wären. Wir standen schon
bei unterschiedlichstem Wetter dort draußen, doch die Stimmung
war trotz aller Unbilden immer gut. Aber was wir in diesem Jahr
erlebt hatten, war eine Premiere. Hubschrauber am Himmel, Wasserwerfer,
berittene Bundesgrenzschützer, Polizisten in Zivil und der
Verfassungsschutz filmt hinter abgedunkelten Autoscheiben.
Ausnahmezustand in Brandenburg? Nein, überhaupt nicht. Aber
2000 betroffene Bürger haben sich vor dem Flughafen Schönefeld
eingefunden, um gegen Flugverkehr im Siedlungsmeer zu demonstrieren.
Ordnungsgemäß angemeldet und friedlich natürlich
- so wie es halt all die Jahre davor auch war.
Da fragt man sich als Betrachter und Teilnehmer: wo bleibt die
Verhältnismäßigkeit? Fehlt es den Verantwortlichen
in Brandenburg an Routine, oder sollen die Betroffenen eingeschüchtert
und in ihren Grundrechten eingeschränkt werden, nur damit
das Wahnsinnsprojekt von den Politikern in Berlin und Brandenburg
durchgesetzt werden kann?
Ich kann nur sagen: Unsere Familie lässt sich davon nicht
einschüchtern. Wir werden mit unseren Kinder auch weiterhin
zu solch friedlichen, demokratischen Mitteln greifen, um unseren
Protest zu verkünden - auch wenn wir jetzt in irgendwelchen „Fotoalben“ fröhlich
winkend und singend zu sehen sind. Wie sollten wir uns sonst bemerkbar
machen in einer Demokratie, die manchmal sehr zweifelhaft ist.
Und wie sollten wir unseren Kindern beibringen, was friedliche,
demokratische Mittel sind? Die Brandenburger Sicherheitsbehörden
haben sich mit diesem Großaufgebot an Staatsgewalt ein Armutszeugnis
ausgestellt. Die Taktik der Einschüchterung ging auch komplett
ins Leere. Offensichtlich haben es einige Verantwortliche immer
noch nicht begriffen (oder wollen es nicht begreifen), dass es
sich bei der Demonstration nicht um eine NPD- oder Hausbesetzerdemo
mit aggressivem Gewaltpotenzial handelte, sondern um friedliche
Bürger, die für ihre Rechte eintraten.
Wollen wir mal hoffen, dass die Stimmung angesichts des massiven
staatlichen Misstrauens eines Tages nicht doch noch kippt!
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