„Von Safari zurück” – Karl Reiche
Ein Bekenntnis zum Frieden
von Katrin Reiche-Kurz
Das 1950 im A. Weichert Verlag erschienene Buch „Von Safari zurück” schildert die Erlebnisse des Unteroffiziers Kaub im 2. Weltkrieg im Afrika-Feldzug und der anschließenden Kriegsgefangenschaft in Amerika. Der Berliner Schriftsteller Karl Reiche, nach dem Kriege wohnhaft in Müggelheim, hat dieses Buch seiner Frau Irmelin- Anni Reiche gewidmet. Er verstarb bereits 1959 und liegt auf dem Waldfriedhof Müggelheim begraben.
Angesichts der momentanen Ereignisse gewinnt das Buch wieder an Aktualität.
Im Vorwort schreibt der Schriftsteller:
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Schriftsteller und Journalist Karl Reiche Foto: privat
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„Dieses Buch vertritt eine Tendenz. Es soll der Vernunft dienen: Ablehnung aller Vorurteile, der Überheblichkeit und des Hasses, entschiedener Bekämpfung des Krieges.”
Im Zeichen der weltweiten Proteste gegen den drohenden, von den USA favorisierten Irak-Krieg, gewinnt dieses Buch wieder an Aktualität. Am 15. Februar demonstrierten 500 000 Menschen in Berlin im Einklang mit der rot-grünen Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder für den Frieden; 1 000 000 Menschen bezogen in London eindeutig Position gegen ihren Regierungschef Tony Blair und auch in Rom demonstrierten 1 500 000 Menschen gegen ihre Regierung und für den Frieden.
Die letzten Absätze des Buches sind eine eindeutige Sprache, 60 Jahre nach Beendigung des 2. Weltkrieges. Unteroffizier Kaub vertritt die Haltung des Schriftstellers Karl Reiche. Wieder in der Heimat angekommen, resümiert er mit seinen Kriegskameraden:
„Früher hat man mal gesagt: Über Gräber vorwärts! Daran mangelt es heute (1950) nicht. Aber wir dürfen nicht vergessen, das dieser Friedhof bis zum Kaukasus reicht, bis nach Ägypten - fast um die ganze Erde! Wenn wir es vergessen, sorgen wir schon jetzt für neue Gräber. Diesmal kann keiner sagen, er hätte keine Ahnung gehabt, was Krieg bedeutet! Alle haben ihn miterlebt, wenigstens hier in Deutschland. Wer jetzt vom Kriege spricht, ohne ihn zu verdammen, ist ein gemeingefährlicher Verbrecher oder ein ebenso gefährlicher Narr!
(. . .)
Man muß (. . .) den Menschen klarmachen, dass der Krieg kein Naturereignis ist. Selbst bei einem Naturereignis kämpft der Mensch noch gegen das Unglück an: In Überschwemmungsgebieten werden vorsorglich Dämme gebaut, und gegen Blitzgefahr setzt man Blitzableiter auf die Häuser. Jedes Kind weiß das. Aber gegen etwas weit Schlimmes, gegen das Fürchterlichste, von „Menschengeist” Geschaffene, stemmt sich die leidende Menschheit nicht! Es ist entsetzlich und komisch zugleich.
Es ist das gleiche, als legte ein Krebsforscher achselzuckend seine Arbeit nieder: „Tut mir leid, aber gegen den Krebs kommen wir nicht an! Den hat es ja schon immer gegeben. Sterbt ruhig, Ihr Kranken!”
Heute (1950) sieht es so aus, als wären wir dagegen noch machtlos. Aber vor 90 (150) Jahren hat man auch dem Kindbettfieber noch ratlos gegenübergestanden, und eine Blinddarmentzündung war ein fast so aussichtsloser Fall wie eine gebrochene Wirbelsäule. So wird es eines Tages auch mit der Krebskrankheit sein. Und so soll und wird es eines Tages auch mit dem Kriege sein!
Natürlich wird man dafür kämpfen müssen. Die Kräfte, die immer wieder davon profitieren, werden ohne Zwang nicht abtreten. Aber seid überzeugt: Was hundert Forschern bisher nicht gelang, wird vielleicht einem aus dem nächsten Tausend gelingen. Und was ein paar Millionen auf der ganzen Erde bis jetzt nicht erreicht haben, werden ein paar hundert Millionen schaffen, wenn sie erkannt haben, dass es nur an ihrem Willen liegt! Stellt euch vor, man hätte die unzähligen Milliarden Dollars, Mark, Francs und Sterling nicht für Bomben, U-Boote und Tanks ausgegeben, sondern für Krebsforschung, Lungenheilstätten, gesunde Wohnungen, Schulen und so weiter. Deshalb werden jetzt Millionen Kinder keine Schuhe, keine Kleidung haben, werden in notdürftig her gerichteten Ruinen hausen müssen und Hunger leiden. Nur, weil ihre Eltern zu träge gewesen sind, das Gute zu wollen, mit ganzer Festigkeit zu wollen! Aber es genügt nicht, im Innern davon überzeugt zu sein.
Es genügt nicht mit seinen erhabenen Gedanken auf eine idyllische Privatinsel zu rudern und sich da weise und gut zu fühlen! Andere müssen wir gewinnen, mehr, immer mehr!
Bis auf jeden Toten dieses Krieges hundert Lebende kommen, die entrüstet aufschreien, wenn wieder mal so gemütlich vom „Dritten Weltkrieg” gesprochen wird.
Mein Vater Karl Reiche ist an den Folgen des 2. Weltkrieges verstorben. Am 6.Dezember vorigen Jahres wäre er 100 Jahre alt geworden.
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