Serie für den Natur- und Gartenfreund
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Mitbewohner im Garten
Plötzlich ist es Herbst geworden. Vorbei die milden Sonnentage, an denen man noch im Garten sitzen konnte. Tag für Tag waren ganz bestimmte Arbeiten durchzuführen. Obst ernten und verarbeiten, oder lagern.
Die Dahlien neigten sich schwer vom Regen, verloren an Halt. Es war Zeit sie aus der Erde zu nehmen. Schön abgetrocknet kamen die Wurzelstöcke in den Keller, ebenso die Gladiolen und Canna. Jetzt hieß es Abschied nehmen vom mediterranen Flair auf der Terrasse. Nach und nach wurden die Kübelpflanzen in den Keller gewuchtet und die Zimmerpflanzen kamen in der Wohnung wieder an ihren angestammten Fensterplatz.
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Jetzt könnten Gehölze, die zu dicht geworden sind ausgeschnitten, oder umgesetzt werden. Neue Pflanzen an geeigneter Stelle in die Erde gepflanzt werden.. Das Blumenzwiebelangebot verlockte wieder mal zum Kauf und auch sie können gleich in die Erde, damit sie noch ihre Würzelchen in die Erde strecken können.
Das Laub hat begonnen sich zu verfärben. Welch eine Pracht, wenn der Japanische Zwergahorn seine geschlitzten Blätter leuchtend rot erglühen lässt, oder die Funkien im satten Gold erstrahlen.
Dieses Jahr habe ich besonders viele Haselnüsse auflesen können. Immer wieder prasselten die kleinen braunen Nüsse durch die Zweige. Da bemerkte ich, dass der Buntspecht sich regelmäßig in den Haselbüschen einfand. Auch die Elstern und Eichelhäher wollten ihren Teil der Nussernte. In den vergangenen Tagen habe ich bei geeignetem Wetter immer an verschiedenen Stellen angefangen zu arbeiten. Schnell mal im Vorgarten ein paar Zwiebelchen gesteckt, dann wieder hinten bei den Haselbüschen, da war mir doch so, als wenn ein kleines Tierchen in Deckung flitzte. Es raschelte im Efeu, ein kleines graubraunes Schwänzchen war gerade noch zu sehen.
Und eines Nachts wurde ich von ungewöhnlichen Geräuschen wach. Es raschelte und hopste, mal über mir, außen an der Wand, aber dann auch etwas weiter weg. Marder?, war mein Gedanke. Schnell zog ich mich an, schlich mit der Taschenlampe hinaus. Stille —. Der Lichtschein konnte kaum durch die vielen Blätter und Ranken dringen. Da bewegte sich etwas graues, oder war es weiß? Wieder raschelte es, trippelte über eine Weinranke, dann war es still. Der Lichtschein der Taschenlampe erfasste einen völlig berankten Vogelkasten für Halbhöhlenbrüter, ich war ratlos. Keine Flucht, kein Trippeln, kein Sprung auf die Pergola. Da alles friedlich war, konnte ich ja auch schlafen gehen.
Am nächsten Gartenarbeitstag sah ich mir die völlig berankte Hauswand mal genauer an. Von dem Wein habe ich in diesem Jahr sowieso nichts abbekommen. Nur noch die Stiele hingen da. Ich entdeckte aber mehrere kleine Nester. Geflochten aus zarten Halmen, mit den Ranken verwoben, wie ein kleiner Napf. Da erinnerte ich mich, dass ich im Sommer öfter die Mönchgrasmücke gesehen und gehört hatte. Ein Pärchen nistet schon mehrere Jahre in meinem Garten. An einem Nachmittag, als die Herbstsonne an die berankte Hauswand schien, hörte ich es munter schabend, nagend, genau an der Stelle—und da sah ich das kleine Kerlchen. Es saß auf dem Vogelkasten, hatte eine Haselnuss in den weißen Vorderpfötchen und sah mich mit dunklen Knopfaugen an. Du kleines niedliches Kerlchen, gleich werde ich wissen, wer du bist. In meinem Bestimmungsbuch hab ich nachgesehen.
Es ist ein Gartenschläfer. Die Körperoberseite ist graubraun mit rötlichem Schimmer, die Unterseite ist weiß und um die Augen hat es eine schwarze Gesichtsmaske die sich bis unter die Ohren zieht. Die Körperlänge ist 10 – 15 cm; die Schwanzlänge 8 – 14,5 cm. Er gehört zu den Bilchen, wie auch die Haselmaus, der Siebenschläfer und der Baumschläfer. Sein Lebensraum ist der Nadel-, Misch- und Laubwald. In Obstbaugebieten ist er häufig anzutreffen. Er ist nachtaktiv und ein perfekter Kletterer, hält sich aber auch zuweilen auf dem Boden auf.
Er ernährt sich von Insekten, Gehäuseschnecken, Käfer, Spinnen, Waldmäusen, auch Jungvögeln, Früchten, Obst und Baumrinde. Bilche halten Winterschlaf. Etwa ab Ende September, bis dahin haben sie sich dick und rund gefressen, sind gut gerüstet für den Winterschlaf. Zusammengerollt wie eine Fellkugel, den Schwanz als Schal benutzend, schalten sie alle Körperfunktionen auf Sparflamme, bei einer Körpertemperatur von 10 bis 15 Grad und darunter mit nur zwei Atemzügen pro Minute kann ein Bilch bis April gut mit seinen Reserven über die sieben Monate kommen. Ich freue mich über so einen kleinen Kobold, genau so wie über das Rotkehlchen, den Zaunkönig die Mönchgrasmücke und all die anderen Vögel, Lurche, Säuger, Insekten und auch über die Schnecken. MS
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