Bericht aus der BVV
Es soll nicht zur Gewohnheit werden, dass wir über unsere Sitzungen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Doppelpack berichten, aber auch bei uns war Urlaub und danach viel Arbeit angesagt.
Beide Sitzungen im August und September begannen mit Protesten, in der Septembersitzung genehmigte der gestrenge BVV-Vorsteher sogar den Zutritt protestierender Jugendlicher in den Sitzungssaal. Sie machten ihrem Ärger über die bevorstehende Schließung ihrer Schulen und Jugendclubs Luft - mit Musikeinlagen, gelben Karten sowie Äpfeln und Eier (brav übergeben, nicht geworfen). Zurück blieb Bedauern und Wut über die Ohnmacht, mit der wir zusehen müssen, wie unsere Kinder Opfer einer rücksichtslosen Politik werden.
Ein Beispiel dafür ist auch der Protest des Deutschen Roten Kreuzes, das keine Schwimmzeiten für Rettungsschwimmer- und Anfängerkurse zugeteilt bekam. Nachdem die Schwimmhalle Adlershof geschlossen ist, stehen den Vereinen - auch da vor allem Kindern und Jugendlichen - zu wenige Trainingsstunden zur Verfügung.
Ein umfangreiches Thema der letzten drei Monate war die Übergabe der Lokalen Agenda 21 an die Öffentlichkeit. Der Arbeitsentwurf soll ständig weiterentwickelt werden und wurde auch in allen Ausschüssen diskutiert. Jetzt gilt es, Maßnahmen für die Umsetzung zu erarbeiten. Zumindest eine Erkenntnis drängt sich dem aufmerksamen Leser des Agendaberichtes auf: Ein Verzicht auf den Flughafenausbau ist unumgänglich, wenn Mensch und Natur in unserer Region geschützt werden sollen. Häufig zitiert wird übrigens der Umweltkreis der Evangelischen Kirche in Müggelheim, der sehr engagiert an der Erstellung mitgearbeitet hat - Gratulation zu dieser Leistung. Es ist ein höchst lesenswerter Bericht über die Lage des Bezirkes und zukünftige Entwicklungschancen und -gefahren entstanden (im Rathaus kostenlos erhältlich).
Der Flughafen ist für uns das Thema, das wir in irgendeiner Form in jede BVV-Sitzung einbringen. Per kleiner Anfrage erfuhren wir z.B., dass das Bezirksamt Korrekturen und Richtigstellungen sowie die Erstellung einer wörtlichen Niederschrift des Anhörungsprotokolls beantragt hatte. Die Protokollkorrekturen wurden aber abgelehnt. Es ist zu vermuten, dass deshalb wesentliche Argumente des Bezirkes nicht Teil der Entscheidungsgrundlage der Planfeststellungsbehörde sein werden. Das offizielle Protokoll - so bekamen wir auf unsere Anfrage zu hören - legt das Bezirksamt übrigens im Krematorium (Zufahrt Sarglager!!!) aus...
Kritische Positionen zum Planfeststellungsverfahren wurden im inzwischen vorliegenden Abschlussbericht der Anhörung nicht zur Kenntnis genommen. Die Darstellung der Vorhabensträger ersetzt eine Stellungnahme zur Standortabwägung durch die Anhörungsbehörde. Immer wieder wird zwar auf den Landesentwicklungsplan hingewiesen, eine klare Position ist aber nicht zu erkennen. Beim Fluglärm werden die Jansen-Werte im wesentlichen bestätigt, eine Verlagerung beispielsweise von Kitas und Altenheimen aus der Lärmzone empfohlen. Im Großen und Ganzen wurde im Abschlussbericht die Meinung der Flughafenbetreiber übernommen. Vorbelastungen - z.B. durch bestehenden Fluglärm - werden als schutzmindernd angesehen. Entgegen der ursprünglichen Aussagen der Anhörungsbehörde nimmt der Abschlussbericht sehr wohl wertend Stellung und sieht das Bauvorhaben als gerechtfertigt an. Auf einen Planfeststellungsbeschluss, der die unzähligen Argumente der Betroffenen und der Träger öffentlicher Belange berücksichtigt, können wir nach dieser Vorlage nicht hoffen.
Deshalb ist es umso mehr unser Anliegen, alle unsere Möglichkeiten zu nutzen, auf das Beteiligungsrecht des Bezirkes zu bestehen. Bei der letzten BVV beantragten wir deshalb, dass das Bezirksamt in seiner Stellungnahme zum inzwischen geänderten Landesentwicklungsprogramm inhaltlich dieselbe (ablehnende) Position vertritt wie in der Einwendung bei der Anhörung. Alle Parteien stimmten unserem Antrag zu. Die Stellungnahme muss bis Ende Oktober erfolgen und wird im Stadtplanungsausschuss vorgelegt. Wir werden darüber berichten.
Das Müggelturmareal bot in beiden Sitzungen eine Menge Anlass für mündliche Anfragen. Im Ergebnis erfuhren wir, dass der Investor bis zur BVV-Sitzung Ende September die Pläne mit dem reduzierten Bauvolumen nicht vorgelegt und auch seine Geldgeber nicht genannt hat. Durchaus verständlich, wenn das Bezirksamt nun eine Ausschreibung durchführen will - die Unterlagen sollen laut Stadtrat Dr. Schmitz im November fertig sein. Unverständlich ist nur, warum dies nicht schon vor zwei Jahren geschehen ist.
Die nächste BVV findet am 31. Oktober 2002 statt (leider zu spät für den aktuellen Müggelheimer Boten). Lassen Sie sich nicht von Halloween-Gespenstern aufhalten und sagen Sie Ihre Meinung um 16 Uhr bei der Bürgeranhörung im Rathaus Treptow (Anmeldung unter Tel. 6172-4186).
Ihre Bezirksverordneten
Ute Schäfer-Lutz und Frank Emmerich
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