Direktkandidaten fürs Abgeordnetenhaus auf dem Prüfstand
Am 18. September wird in Berlin gewählt. Nach dem wir Ihnen in der vergangenen Ausgabe die Spitzenkandidaten für den Bezirk vorgestellt haben, sind diesmal "unsere" Direktkandidaten fürs Abgeordnetenhaus an der Reihe. Wir haben ihnen Fragen zum Bezirk und vor allem zur Flughafen-Problematik gestellt.
Tom Schreiber, SPD
Alter: 32, Familienstand: ledig, Beruf: Student (Abschluss 2012), Geburtsort: Berlin-Buch, Wohnort: Köpenick
MüBo: Müggelheim wird von vielen Politikern nicht als zu Berlin gehörend wahrgenommen. Wie wollen Sie das ändern?
Schreiber: Ich teile diese Einschätzung nicht ganz. Gerade der Südosten von Berlin und der Ortsteil Müggelheim, sind beliebt als Naherholungsgebiet. Seit 2006 bin ich für Müggelheim Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauseses und dort als Sprachrohr der Müggelheimer. Durch einen konstruktiven Dialog konnten wir schon eine ganze Menge erreichen. Schließlich steht auch Müggelheim bei der Flugroutendebatte auf Landesebene ebenso im Fokus.
Kennen Sie sich aus in Müggelheim? Wo sehen Sie hier die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Wir brauchen eine weitere Stärkung der ehrenamtlichen Arbeit. Der Heimatverein, der Umweltkreis oder beispielsweise die Sportvereine und die Freiwillige Feuerwehr leisten einen wichtigen Beitrag für ein Miteinander. Dieses "Netzwerk" muss gestärkt werden. Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) darf nicht ausgedünnt werden. Besondere Schwerpunkte momentan sind natürlich: Alle Betroffenen müssen einen passiven Lärmschutz ohne Behördenwillkür erhalten, die Alternative Flugroute "Gosener Wiesen" muss kommen, das Müggelturmareal muss mit ehrlichen Partnern entwickelt werden und wir brauchen eine sichere medizinische Versorgung gerade in den Randlagen.
Viele Senioren vermissen altersgerechten Wohnraum in Müggelheim. Hätten Sie Ideen für einen Standort und könnten bei der Suche nach Investoren helfen?
Es ist mir wichtig, dass Menschen in ihrer gewohnten Umgebung alt werden können. Das können Wohnungen oder größere Wohneinheiten sein. Deshalb versuche ich die Mehrheiten dafür zu organisieren, damit wir so etwas in Treptow-Köpenick und im Ortsteil Müggelheim ansiedeln können. Entscheidend ist auch, dass wir Investoren finden und bezahlbare Mieten haben, sowie eine medizinische Grundversorgung direkt vor Ort.
Welche großen Projekte sind Ihrer Ansicht nach in Treptow-Köpenick vordringlich zu behandeln? Ich denke dabei an Projekte von überregionaler Bedeutung, z.B. A100, Wissenschaftsstandort Adlershof oder oder oder.
Treptow-Köpenick zeichnet sich durch eine positive soziale Lebenswelt aus, auch, wenn es in einzelnen Ortsteilen Probleme gibt. Unsere große Aufgabe die nächsten Jahre wird es sein, diese Ortsteile, etwa das Kosmosviertel in Altglienicke oder das Kietzer Feld, im Einklang mit sozial besser gestellten Kiezen kontinuierlich zu entwickeln. Die SPD ist Garant dafür, dass die richtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gesetzt werden. Dazu zählen die A100 oder auch die Vollendung der Süd-Ost-Tangente, aber auch die Stärkung der Wissenschaft in Adlershof und Oberschöneweide. Das soll in Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern geschehen. "Gemeinsam gestalten" ist unser Slogan.
Die Müggelseeregion spielt als Naherholungsgebiet eine ähnlich große Rolle wie die Wannsee-Havel-Region auf der anderen Seite der Stadt. Wie kann diese Idylle mit seinen vielen Naturschutzgebieten als Naherholungsgebiet, Trinkwasserareal und "Klimaanlage" des Molochs Berlin gewahrt bleiben?
Natürlich hängt dies besonders an der letztendlichen Entscheidung zu den Flugrouten. Unsere Region wird leider nicht unverschont bleiben können – allein die Belastung durch die Anflüge wiegt viel. Jedoch müssen die Belastungen gerecht verteilt werden und vor allem benötigt es sichere Lärmschutzmaßnahmen und Kontrollmöglichkeiten. Ich bin gegen eine Ost-West-Diskussion oder ein Ausspielen von Regionen beim Thema Flugrouten, in Berlin. Wir sind eine Stadt und ein Berlin!
In Gesprächen mit Frau Senatorin Junge-Reyer gelang es eine mobile Fluglärmmessstelle für den Bezirk nach Müggelheim zu holen. Wir werden Bewährtes mit Neuem verbinden.
Wir haben viele Stärken, wie unsere wunderschöne Seen- und Naturlandschaft. Auch das gute Klima des Miteinanders in Müggelheim macht unseren Ortsteil nicht nur sympathisch sondern ebenso anziehend. Unsere Naherholungsmöglichkeiten müssen im Einklang mit der Natur weiter ausgebaut und weitere ehemalige Ausflugslokale reaktiviert werden. Dazu gehört im Besonderen der Müggelturm, welcher wieder ein Anziehungsmagnet werden muss! Dafür braucht es ehrliche, kreative und vor allem zuverlässige Investoren. Damit hatten wir in den letzten Jahren nicht viel Glück, aber ich bin zuversichtlich und setze mich weiter dafür ein.
Müggelheim gehört mit zu den am stärksten vom Flughafen BER betroffenen Gebieten innerhalb der Stadt. Wie setzen Sie sich persönlich dafür ein, den Menschen trotzdem Erleichterung zu verschaffen in Bezug auf weniger Lärm bzw. entsprechende Lärmschutzmaßnahmen? Können Sie ihnen noch Hoffnung machen?
Die SPD Treptow-Köpenick, setzt sich dafür ein, dass es ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr gibt. Passiver Lärmschutz muss jedem Betroffenen unbürokratisch ermöglicht werden. Wir werden weiterhin Anwalt der Betroffenen sein. Wir setzen uns mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit bei der Deutschen Flugsicherung, dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung sowie beim Bundesverkehrsministerium für die alternative Flugroute ein.
Was halten Sie von dem Nachnutzungskonzept des BVBB für Schönefeld, zu Gunsten eines internationalen Drehkreuzes mit Tag-Nacht-Betrieb in Sperenberg? Wäre es aus Ihrer Sicht umsetzbar? Wäre es aus Ihrer Sicht umsetzbar und hätte es einen wirtschaftlichen Reiz?
Es ist ein Konzept ohne realistische Chance. Die Chance, Sperenberg zum Passagierflughafen zu machen, wurde vor mindestens einem Jahrzehnt vertan, vom damaligen Regierenden Bürgermeister Diepgen (CDU) ebenso wie von Bundesverkehrsminister Wissmann (CDU). Siegfried Scheffler hatte 1994 als damaliger SPD-Bundestagsabgeordneter für Sperenberg massiv gekämpft. Wir waren damals als SPD im Berliner Abgeordnetenhaus für Sperenberg. Heute ist es müßig, noch darüber zu diskutieren. Der Willy-Brandt-Flughafen in Schönefeld kommt, jetzt geht es darum mit Augenmaß und ruhiger Hand die Bürgerinteressen aus Treptow-Köpenick durchzusetzen. Dabei sind wir der Vorreiter im Bezirk und Sprachrohr auf Landesebene, denn Ungerechtigkeiten dürfen in Berlin auch bei diesem Thema nicht existieren.
Viele Wähler sind enttäuscht von den Politikern. Zu häufig wird das Wohlergehen des Menschen wirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Wie wollen Sie den Wählern wieder Vertrauen in die Politik zurückgeben und sie dazu bringen, am Wahltag auch ihr Kreuzchen zu machen?
Es gibt für mich zwei wesentliche Punkte in der Politik: Glaubwürdigkeit und Authentizität. Ich muss zu meinen Entscheidungen stehen können und vor allem im Vorfeld mit den Betroffenen sprechen. Demokratie lebt vom Mitmachen. Eine engagierte Bürgerschaft ist keine Last, sondern ein großes Glück. Durch die Volksentscheide gibt es innerhalb der Legislaturperiode Möglichkeiten, direkte Demokratie zu vollziehen. Das hat Rot-Rot eingeführt und es war richtig. Ich habe großen Respekt beispielsweise für die Entscheidung zum Wasser und der Offenlegung von Verträgen. Demokratie ist keine Einbahnstraße. Gehen Sie wählen. Nutzen Sie Ihr Wahlrecht. Die Politiker sind die Angestellten des Souveräns und nicht umgekehrt.
Norbert Pewestorff,
Die Linke
Geboren 1952 im idyllischen Rheinsberg, lebe ich nun schon 47 Jahre in Köpenick, davon 29 Jahre zwischen Müggelsee und –bergen. An der Humboldt-Universität habe ich in der Fachrichtung "Währungen, Banken, Börsen" studiert und mit Diplom abgeschlossen. Ich habe im Außenhandel und in einer Metallhütte gearbeitet. Meine Kinder sind jetzt 32 und 9 Jahre alt. Heute kann ich auf über 20 Jahre Erfahrung in der Politik aufbauen, davon 14 Jahre im Abgeordnetenhaus, aber auch in der Bezirksverordnetenversammlung.
MüBo: Müggelheim wird von vielen Politikern nicht als zu Berlin gehörend wahrgenommen. Wie wollen Sie das ändern?
Pewestorff: Spätestens mit den Protesten gegen den BBI und die Flugrouten ist manchen ins Bewusstsein gerückt, dass Müggelheim kein Dorf in Brandenburg ist, sondern richtig zu Berlin gehört. Aber mal ehrlich, die Müggelheimer fühlen sich auch erst einmal als Müggelheimer und fahren "nach Berlin", wenn sie sich in Richtung Innenstadt bewegen.
In Müggelheim leben viele Menschen nicht nur nebeneinander, sondern für und miteinander. Ob Heimatverein und Dorfklub, Sozialbündnis, Wirtschafts- oder Umweltkreis, Feuerwehr – es gibt ein lebendiges Gemeinwesen. Das verbindet und schafft ein besonderes Zugehörigkeitsgefühl. Und das macht ja gerade den Reiz innerhalb der Großstadt Berlin aus.
Trotzdem: Berlin besteht nicht nur aus Potsdamer Platz und Kurfürstendamm. Deshalb habe ich mich immer für leistungsfähige Bezirke stark gemacht. Sie gewährleisten Bürgernähe. Das ist gut für alle, für den Bezirk und für Berlin.
Kennen Sie sich aus in Müggelheim? Wo sehen Sie die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
In Müggelheim leben Freunde und Bekannte von mir. Meine Tochter besuchte einen Musikkurs im Dorfklub. Müggelheim ist auch mein Kietz. Politik sollte das Engagement der Bürger fördern und nicht behindern. Die soziale Infrastruktur muss erhalten und gestärkt werden. Vieles davon wird, kann und sollte im Bezirk im Dialog mit den Menschen vor Ort geregelt und geplant werden. Dafür will ich mich auch im Abgeordnetenhaus einsetzen.
Viele Senioren vermissen altersgerechten Wohnraum in Müggelheim. Hätten Sie Ideen für einen Standort und könnten bei der Suche nach Investoren helfen?
Bei einem Gespräch in Müggelheim zusammen mit Gregor Gysi und dem Heimatverein, dem Sozialbündnis sowie dem Umweltkreis haben wir nach geeigneten Standorten gesucht. Erste Anfragen sind bereits erfolgt. Die städtische DEGEWO besitzt in Hessenwinkel eine Seniorenresidenz. Warum nicht auch bei uns?
Welche großen Projekte sind Ihrer Ansicht nach in Treptow-Köpenick vordringlich zu behandeln?
Adlershof ist eine Erfolgsgeschichte. Wirtschaft, Wissenschaft und Medien ergänzen sich. Mit der Hochschule für Wirtschaft und Technik in Oberschöneweide ist ein wichtiger Impuls für unseren ganzen Bezirk gegeben. Die Entwicklung der Köpenicker Altstadt kann, trotz einiger guter Ansätze, nicht befriedigen. Ob der Weiterbau der A100 die Lösung ist, bleibt strittig. Unstrittig ist, dass es ein Verkehrsproblem gibt. Ich halte ein regionales Verkehrskonzept für den Südosten Berlins, vor allem im Zusammenhang mit dem Flughafen Schönefeld, für überfällig.
Die Müggelseeregion spielt als Naherholungsgebiet eine ähnlich große Rolle wie die Wannsee-Havel-Region auf der anderen Seite der Stadt. Wie kann diese Idylle mit seinen vielen Naturschutzgebieten als Naherholungsgebiet, Trinkwasserareal und "Klimaanlage" des Molochs Berlin gewahrt bleiben?
Berlin ist eher keine "gnadenlose, alles verschlingende Gegebenheit" (Wikipedia). Die vorhandenen Schutzmechanismen müssen angewandt und durchgesetzt werden. Die gewollte Nutzung der Erholungsräume am Land, wie auf dem Wasser müssen verträglich erfolgen. Das setzt Einsichten voraus. Flugrouten über den Müggelsee stehen dem allerdings entgegen. Sie werden nicht nur eine Belastung für die Naherholungsregion, sondern auch für die "Klimaanlage" unserer Stadt sein.
Müggelheim gehört mit zu den am stärksten vom Flughafen BER betroffenen Gebieten innerhalb der Stadt. Wie setzen Sie sich persönlich dafür ein, den Menschen trotzdem Erleichterung zu verschaffen in Bezug auf weniger Lärm bzw. entsprechende Lärmschutzmaßnahmen?
Ich habe Schönefeld vom Beginn der Planungen an aus vielen Gründen für absolut ungeeignet gehalten und den Widerstand der Betroffenen unterstützt. Das in Leipzig erstrittene Nachtflugverbot muss eingehalten werden. Dafür werde ich mich einsetzen. Wer die vermeintlichen Vorteile eines innerstädtischen Flughafens haben will, muss die damit verbundenen Einschränkungen hinnehmen. Der Umgang der Flughafenbetreiber mit den Ansprüchen der Anwohner ist oft indiskutabel. Die menschliche Gesundheit darf nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert werden. In unserem Bezirk ist der Widerstand in vielen Fragen parteiübergreifend. Doch der lautstarke, ideenreiche, entschlossene und anhaltende Protest der Vielen muss immer unüberhörbarer, aber auch solidarischer werden. Treptow-Köpenick ist doch in vielerlei Hinsicht betroffen. Vom Lärm und Schmutz der Flugzeuge, aber auch vom Verkehr, den der Flughafen mit sich bringt. Und von der gestörten Frischluftzufuhr wird letztlich auch die Innenstadt betroffen sein.
Was halten Sie von dem Nachnutzungskonzept des BVBB für Schönefeld, zu Gunsten eines internationalen Drehkreuzes mit Tag-Nacht-Betrieb in Sperenberg? Man soll nie nie sagen! Ob Atomwende einer schwarzgelben Regierung oder Stuttgart 21, das Leben ist überraschender als Politik glaubt. Sollten Gerichte feststellen, dass beim Planfestellungsverfahren getrickst und getäuscht wurde und BBI/BER nicht Bestand hat, ist das Nachnutzungskonzept ein interessanter Ansatz. Aber: Ich glaube nicht, dass es zur Zeit die notwendigen Mehrheiten dafür gibt. Im Übrigen bin ich überzeugt, dass die Region nicht die Voraussetzungen für ein internationales Drehkreuz hat.
Viele Wähler sind enttäuscht von den Politikern. Zu häufig wird das Wohlergehen des Menschen wirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Wie wollen Sie den Wählern wieder Vertrauen in die Politik zurückgeben?
Wirtschaft ist eine wichtige Grundlage für Wohlstand, darf aber kein Selbstzweck sein. In Berlin sind Formen der direkten Demokratie durch die Koalition von Rot-Rot gestärkt und vereinfacht worden. Die aktive Nutzung zeigt die Bedeutung solcher demokratischen Mitwirkungsformen. Politiker und Politik dürfen nicht versprechen, was sie nicht leisten können, aber auch Bürgerinnen und Bürger nichts erwarten, was in dieser Wirtschaftsordnung nicht von gewählten Parlamenten entschieden wird.
Aber es gilt auch: Nur den Starken genügt ein schwacher Staat, die Schwachen dagegen brauchen einen starken Staat.Deshalb war der Weg der Privatisierung von öffentlichen Unternehmen falsch! Die Wasserbetriebe müssen wieder vollständig städtisch sein und die Stadt muss auch die Energieversorgung beeinflussen können.
Es gibt viel zu tun! Ich bin bereit, mich mit meiner Kraft, meinem Wissen, meiner Leidenschaft und meiner Erfahrung gemeinsam mit den Menschen vor Ort für das Wohl dieser Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger einzusetzen.
Prof. Dr. Niels Korte, CDU
Am 22. September 1969 wurde ich in Arnsberg geboren. Heute lebe ich mit meiner Frau und unseren Kindern Maja und Julius in Köpenick. Seit 1998 bin ich als selbstständiger Rechtsanwalt tätig und leite eine Kanzlei mit 20 Mitarbeitern. Seit 2001 lehre ich an der Alice-Salomon-Hochschule.
MüBo: Müggelheim wird von vielen Politikern nicht als zu Berlin gehörend wahrgenommen. Wie wollen Sie das ändern?
Korte: Nach meiner Kenntnis gibt es nur Einen, der Müggelheim nicht kennt. Aber diesen Zustand kann man am 18. September mit seiner Abwahl aus dem Roten Rathaus ändern.
Kennen Sie sich aus in Müggelheim? Wo sehen Sie hier die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Der Fluglärm und die Auswirkungen des Flughafens werden sicher Schwerpunkte, denn hier liegt kein Sprint, sondern ein Marathon vor uns. Ich will die Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetzes, da dies Auswirkungen auf jeden Grundstücksbesitzer und Mieter hat. Nicht zu unterschätzen: Den Müggelheimern mit ihren Anliegen endlich eine Stimme im Abgeordnetenhaus geben.
Viele Senioren vermissen altersgerechten Wohnraum in Müggelheim. Hätten Sie Ideen für einen passenden Standort und könnten bei der Suche nach entsprechenden Investoren helfen?
Mir gefällt die Idee der evangelischen Kirchengemeinde, am Müggelheimer Damm generationsübergreifenden Wohnraum zu schaffen, in dem es Kindergarten und Seniorenwohnen gibt.
Welche großen Projekte sind Ihrer Ansicht nach in Treptow-Köpenick vordringlich zu behandeln? Ich denke dabei an Projekte von überregionaler Bedeutung, z.B. A100, Wissenschaftsstandort Adlershof oder oder oder.
Es gibt viel zu tun. Das vordringliche Projekt ist die Region vom Fluglärm frei zu halten. Aber auch die ganz alltäglichen, leider nicht mehr normalen Aufgaben wie Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit gehören dazu. Private und öffentliche Investitionen – z.B. die Sanierung des Müggelturms - und Firmenansiedlungen bedürfen der Begleitung durch fähige und unabhängige Politiker. Dieser Bezirk wird unter seinen Möglichkeiten und vielfach ideenlos regiert.
Die Müggelseeregion spielt als Naherholungsgebiet eine ähnlich große Rolle wie die Wannsee-Havel-Region auf der anderen Seite der Stadt. Wie kann diese Idylle mit seinen vielen Naturschutzgebieten als Naherholungsgebiet, Trinkwasserareal und "Klimaanlage" des Molochs Berlin gewahrt bleiben?
Naturschutz- und FFH-Gebiete müssen vor den geplanten Flugrouten geschützt werden. Das Südufer des Müggelsees muss vor einer ausufernden Bebauung im Bereich Rübezahl bewahrt werden.
Müggelheim gehört mit zu den am stärksten vom Flughafen BER betroffenen Gebieten innerhalb der Stadt. Wie setzen Sie sich persönlich dafür ein, den Menschen trotzdem Erleichterung zu verschaffen in Bezug auf weniger Lärm bzw. entsprechende Lärmschutzmaßnahmen? Können Sie ihnen noch Hoffnung machen?
Ich möchte den Drei-Stufen-Plan umsetzen! Erstens eine Südabkurvung beim Abflug von der Nordbahn mit "Ausgang" im Bereich zwischen Gosen und Wernsdorf. Zweitens einen segmentierten Anflug mit einem verkürzten Geradeausflug, kommend über die Gosener Wiesen. Drittens: Eine ausschließliche Nutzung der Südbahn am Wochenende und in flugverkehrsarmen Zeiten. Wir, die CDU Treptow-Köpenick, haben uns zudem im lokalpolitischen Wahlprogramm für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ausgesprochen. Hierbei werde ich wie bisher mit den Bürgerinitiativen eng zusammenarbeiten.
Was halten Sie von dem Nachnutzungskonzept des BVBB für Schönefeld, zu Gunsten eines internationalen Drehkreuzes mit Tag-Nacht-Betrieb in Sperenberg? Wäre es aus Ihrer Sicht umsetzbar und hätte es einen wirtschaftlichen Reiz?
Man darf sich keiner Illusion hingeben: Der Flugbetrieb wird 2012 aufgenommen. Doch niemand weiß heute, was in den nächsten Jahrzehnten bei der Frage nach einem Alternativstandort möglich wird. Meine vordringlichste Aufgabe sehe ich darin, hier und jetzt den Menschen in Müggelheim und Umgebung zu helfen. Die Auswirkungen des Flughafens müssen jetzt erträglich gestaltet werden.
Viele Wähler sind enttäuscht von den Politikern. Zu häufig wird das Wohlergehen des Menschen wirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Wie wollen Sie den Wählern wieder Vertrauen in die Politik zurückgeben und sie dazu bringen, am Wahltag auch ihre Kreuzchen zu machen?
Die Aussage ist mir zu pauschal. Bürger können und sollen mitreden – das ist meine Überzeugung. Damit Sie aber gehört werden, bedarf es eines erreichbaren Abgeordneten, der sie informiert und eine starke Stimme im Abgeordnetenhaus hat. Dazu gehört auch eine berufliche Unabhängigkeit des Abgeordneten, damit er die Wählerinteressen nicht dem Erhalt seines Mandats unterordnet. Schon vor der Wahl habe ich das Prinzip des "Mitreden-Könnens" erfolgreich ausprobiert: Viele Köpenicker und Müggelheimer haben mir geschrieben, mich angerufen oder im Bürgerbüro besucht. Als gewählter Abgeordneter möchte ich dies weiterhin so handhaben. Wann haben Sie das letzte Mal direkt aus dem Abgeordnetenhaus Informationen erhalten?
Martin Böhmert,
Bündnis 90/Grüne
Ich bin 31 Jahre alt und in Halle/Saale geboren. Seit meinem zweiten Lebensjahr lebe ich bis auf mehrere Auslandsaufenthalte u.a. ein Highschooljahr in den USA, während des Studiums in Frankreich und dann für die Friedrich-Ebert-Stiftung in Marokko, in Berlin Köpenick. Heute arbeite ich als Finanzberater für Immobilien. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder.
MüBo: Müggelheim wird von vielen Politikern nicht als zu Berlin gehörend wahrgenommen. Wie wollen Sie das ändern? Kennen Sie sich aus in Müggelheim und wo sehen Sie hier Ihre Schwerpunkte?
Böhmert: Was andere Politiker über Müggelheim wissen, kann ich nicht beurteilen. Ich selbst kenne Müggelheim seit meiner Kindheit. Durch meine beruflichen Verpflichtungen bin ich zudem regelmäßig hier. In der nächsten Legislaturperiode liegt der Schwerpunkt eindeutig auf:
1. Sicherstellung des Nachtflugverbots und die Umsetzung passiver Schallschutzmaßnahmen
2. Erhalt des MVZ in Köpenick und Gewinnung von neuen Fachärzten,
3. Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetzes,
4. Schaffung von neuem Wohnraum für Senioren,
5. Einführung neuer geführter Routen im Ort und Bänke für den gesamten Ortsteil.
Viele Senioren vermissen altersgerechten Wohnraum in Müggelheim. Hätten Sie Ideen für einen passenden Standort und könnten bei der Suche nach entsprechenden Investoren helfen?
Wenn es um altersgerechten Wohnraum geht, denke ich zuerst an die eigenen vier Wände. Die meisten Menschen wollen bis ins hohe Alter eigenständig und selbstbestimmt zu Hause leben. Die frühzeitige Anpassung des Wohnraums muss daher Vorrang haben. Zusätzlichen altersgerechten Wohnraum könnte man in der Müggellandstraße schaffen, wo Bauland zentrumsnah zur Verfügung steht. Investoren für ein Neubauprojekt zu finden, ist kein Selbstläufer. Ich glaube jedoch, dass berufliche Kontakte bei Suche nach Partnern hilfreich sind.
Welche großen Projekte sind Ihrer Ansicht nach in Treptow-Köpenick vordringlich zu behandeln?
Ich bin kein Anhänger von Großprojekten. Ich glaube sie werden in ihrer Wirksamkeit grundsätzlich überschätzt. Ihre Kosten stehen nur selten im Verhältnis zum Aufwand. Planungszeiträume sind zu lang und behäbig, so dass Grundannahmen und Projektionen überholt sind. Zudem wird die Umsetzung immer stärker durch den Widerstand der Betroffenen erschwert. Windpark- oder Solarparkbetreiber bekommen das ebenso zu spüren wie Straßenbauer.
Projekte von überregionaler Bedeutung, die wir in den nächsten Jahren realisieren müssen, sind der Regionalbahnhof Köpenick, die Entlastung von Schöneweide durch die Süd-Ost-Verbindung (SOV) und die Verdichtung des ÖPNV. Der Ausbau des Wissenschaftsstandortes Adlershof bleibt auf der Agenda. Wir brauchen Platz für Innovationen und weitere Ausgründungen aus dem universitären Betrieb. Nur so kann Berlin einen neuen industriellen Kern aufbauen.
Die Müggelseeregion spielt als Naherholungsgebiet eine ähnlich große Rolle wie die Wannsee- Havel-Region auf der anderen Seite der Stadt. Wie kann diese Idylle mit seinen vielen Naturschutzgebieten als Naherholungsgebiet, Trinkwasserareal und "Klimaanlage" des Molochs Berlin gewahrt bleiben?
Ich sehe gegenwärtig die Idylle, mal abgesehen von der Fluglärmbelastung, in unserer Region nicht akut gefährdet. Der Erhalt der hiesigen Naturlandschaft lässt sich aus meiner Sicht am besten realisieren, wenn die Menschen um seine Bedeutsamkeit wissen und sie schätzen. Die sanfte touristische Erschließung des Areals und der Erhalt von geschützten Gebieten gehen daher Hand in Hand. Flankiert werden müssen diese Unternehmungen durch verstärkte naturnahe und ökologische Bildungsansätze.
Müggelheim gehört mit zu den am stärksten vom Flughafen BER betroffenen Gebieten innerhalb der Stadt. Wie setzen Sie sich persönlich dafür ein, den Menschen trotzdem Erleichterung zu verschaffen in Bezug auf weniger Lärm bzw. entsprechende Lärmschutzmaßnahmen?
Ich stehe für ein striktes Nachtflugverbot von 22-6 Uhr und die Umsetzung von passiven Schallschutzmaßnahmen. In einer offiziellen Erklärung für den VUV e.V. habe ich versprochen, als Abgeordneter dafür Sorge zu tragen, dass ein Nachtflugverbot in den Koalitionsvertrag kommt und meine Zustimmung zur Wahl des Bürgermeisters davon abhängig gemacht. Aktuell unterstützen wir das Volksbegehren.
Was halten Sie von dem Nachnutzungskonzept des BVBB für Schönefeld, zu Gunsten eines internationalen Drehkreuzes mit Tag-Nacht-Betrieb in Sperenberg? Wäre es aus Ihrer Sicht umsetzbar?
Schönefeld nimmt nächstes Jahr, sofern das Nachtflugverbot in Kraft tritt und die Flugrouten bestätigt werden, seinen Betrieb auf. Die Diskussionen um ein Nachnutzungskonzept führen in eine Sackgasse. Sperenberg ist keine Option. Die viel diskutierte Drehkreuz-Funktion sehe ich übrigens weder für Berlin noch für Sperenberg. Für den Frachtverkehr übernimmt Leipzig längst diese Aufgabe. Für den Passagierverkehr macht es schlichtweg keinen Sinn, zumal dafür die demographischen und ökonomischen Voraussetzungen in unserer Region fehlen.
Viele Wähler sind enttäuscht von den Politikern. Zu häufig wird das Wohlergehen des Menschen wirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Wie wollen Sie den Wählern wieder Vertrauen in die Politik zurückgeben und sie dazu bringen am Wahltag auch ihre Kreuzchen zu machen?
Ich habe ein eher dynamisches Verständnis von Politik. Im Grunde geht es schlichtweg darum, ein friedliches Miteinander zu organisieren und einen kontinuierlichen Interessenausgleich zu gestalten. Das geschieht tagtäglich in jeder Familie, wo sich Groß und Klein miteinander arrangieren müssen. Das Aushandeln von Lösungen darf nicht dauerhaft zu Lasten einzelner Gruppen gehen. Aufgabe von politischen Entscheidern muss es daher sein, immer wieder ein Gleichgewicht herzustellen.
Ich glaube viele Menschen verlassen sich zu sehr auf politische Entscheidungsträger, in der Hoffnung, dass Dinge für sie geregelt werden. Wenn die Erwartungen zu hoch gesteckt werden, können Politiker nur scheitern, was ihrem Ansehen natürlich abträglich ist. Dabei kann jeder Einzelne so viel leisten. Mich stört sehr, dass politische Entscheidungen kaum noch visionäre Züge tragen. Vielerorts wird Politik nur noch juristischen und verwaltungstechnischen Prämissen unterworfen. Wir reden zu viel darüber, warum Dinge nicht gehen, statt intensiver zu überlegen, wie Sachen funktionieren könnten. Wir müssen wieder mehr träumen und uns dabei von mentalen aber auch fiskalischen Beschränkungen frei machen. Die Bürger spielen dabei eine zentrale Rolle. Ihre Impulse tragen maßgeblich zur Verbesserung des Gemeinwohls bei. Diese politische Kultur will ich fördern.
Nachtrag zur BVV-Wahl:
Leider ist das Interview mit dem Spitzenkandidaten der FDP für die Bezirksamtswahl, Stefan Förster, in der August-Ausgabe nur unvollständig erschienen. Aufgrund eines technischen Versehens sind die beiden letzten Fragen nicht mit gedruckt worden. Dies holen wir jetzt nach mit der Bitte um Entschuldigung.
Wie wollen Sie den Menschen das Vertrauen in die Politik zurückgeben?
Der Vertrauensverlust resultiert ja vor allem aus der Bundes- und Landespolitik, die oft als abgehoben und weit von den Problemen weg wahrgenommen wird. Da ist ja auch etwas dran. Wer ehrenamtlich Kommunalpolitik als Bezirksverordneter macht, muss schon ein bisschen verrückt sein. Fast jeden Abend Termine und es bleibt wenig Freizeit. Aber im direkten Kontakt mit den Menschen sind auch Verbesserungen möglich. Ein Dankeschön für ein erfolgreich umgesetztes Bürgeranliegen macht diese Anstrengungen vergessen und ist gleichzeitig auch die beste Werbung dafür, dass es eben doch Politiker gibt, die das in sie gesetzte Vertrauen rechtfertigen.
An welchem Ressort hätten Sie neben dem Bürgermeisterposten noch Interesse?
Da unser Ergebnis sicher nicht reichen wird, um im Bezirksamt vertreten zu sein, sollen das Fell des Bären andere verteilen. Sowohl SPD, Linke, CDU und Grüne haben realistische Chancen auf einen Stadtratsposten. Umso wichtiger ist es, dass es auch eine Partei gibt, die aus der BVV heraus kritisch, aber auch konstruktiv die Arbeit im Bezirksamt begleitet. Dafür stehen die FDP Treptow-Köpenick und auch ich persönlich. Ich werbe darum, durch die BVV-Stimme für die FDP zu verhindern, dass die rechtsextreme NPD diese Kontrollfunktion ausübt und erneut in Fraktionsstärke in die BVV einzieht. Eine hohe Wahlbeteiligung ist hierbei hilfreich.
|