Gürtel enger schnallen
Lange BVV-Debatte um Haushalt 2010/11
Was macht unseren Bezirk eigentlich aus? Worin unterscheidet er sich von anderen Bezirken in Berlin? Fragen, die in den letzten Jahren insbesondere bei den Beratungen zum Bezirkshaushalt eine Beantwortung fanden. Und so konnte man gespannt sein, ob es dem Bezirksamt gelingt einen Haushaltsplan aufzustellen, der den Besonderheiten unseres Bezirkes Rechnung trägt.
Bisher war es immer die Ausgewogenheit zwischen Investition und sozialer Sicherheit, leistungsfähige, bürgernahe Verwaltung und ein breites Spektrum von Angeboten im Bereich Kultur, Sport und Jugend. Eine Mischung jedenfalls, die viele Menschen dazu veranlasste, nach Köpenick zu ziehen. Wir sind einer der wenigen Bezirke in Berlin, die einen kontinuierlichen Zuwachs an Einwohnern verzeichnet.
Und so kam es am 19. November wohl zu der spannendsten und längsten BVV-Sitzung seit langem. Ging es doch genau um die Beantwortung dieser Fragen bei der Behandlung der beiden Hauptthemen - Seniorenfreizeiteinrichtungen und Bezirkshaushalt
Die ersten Stunden waren geprägt von einer Demonstration und einer teils fachlichen, aber auch sehr emotional geführten Debatte um Seniorenfreizeiteinrichtungen. CDU und SPD hatten einen Antrag eingebracht, ein Konzept für die zukünftige Struktur der Seniorenfreizeiteinrichtungen zu entwickeln. Hierbei sollte auch die Übertragung von kommunalen Einrichtungen in freie Trägerschaft überprüft werden. Und genau das war der Grund der Proteste, wurde doch der Antrag von der Bezirksstadträtin Feierabend dahingehend interpretiert und diese Interpretation auch in den Einrichtungen verbreitet, CDU und SPD wollten die Einrichtungen schließen. Das knapp 200 Senioren auf die „Barrikaden“ gingen ist durchaus verständlich. Aber die Interpretation war wohl eher parteipolitisch motiviert als aus Sorge um die Einrichtungen. Von mehr als 50 Angeboten für Senioren im Bezirk sind zehn Einrichtungen in kommunaler Hand, 17 Einrichtungen werden von freien Trägern betrieben und der Rest sind private Angebote. Der Antrag wurde mit 27 zu 27 Stimmen abgelehnt, das Problem bleibt. Im Bezirk werden immer mehr Senioren wohnen und damit auch die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten steigen. Im Bezirkshaushalt wird jedoch kaum mehr Geld zur Verfügung stehen.
Und damit kommen wir zum zweiten Thema der BVV - dem Bezirkshaushaltsplan. Was ist das eigentlich? Jeder Bezirk bekommt vom Senat eine Globalsumme zugewiesen, mit der dieser dann die ihm übertragenen Aufgaben erfüllen soll. Der Bezirkshaushalt ist Bestandteil der Landeshaushalts, d.h. der Bezirk muss sich immer in einem vom Land vorgegebenen Rahmen bewegen. Konkret bedeutet dies für Treptow-Köpenick ein Haushaltsvolumen von ca. 410 Mio. Euro. Dieses Geld wird dann den einzelnen Ressorts zugewiesen, z.B. Bildung und Kultur 26 Mio. Euro, Soziales 160 Mio., Jugend 112 Mio., Umwelt und Natur 18 Mio., Wirtschaft 0,4 Mio., Gesundheit 4 Millionen Euro. Die Personalausgaben betragen im Bezirk über alle Ressorts 71 Millionen Euro.
Mit der Beschlussfassung über den Bezirkshaushalt für die Jahre 2010 und 2011 tritt der Bezirk in eine neue Ära ein. Diese wird gekennzeichnet durch enorme Risiken im Haushaltsplan und einer Verschiebung der Schwerpunktsetzung allein auf den Bereich Soziales. Von den sechs Ressorts im Bezirksamt klagten fünf darüber, dass das Budget kaum zur Aufrechterhaltung der Angebote und Erfüllung der Aufgaben ausreichen wird. Nur das Sozialressort sprach von einem auskömmlichen Budget. Verständlich, sind im Sozialbereich die Mittelzuweisungen den stark gestiegen Kosten angepasst worden. Wie substantiell die Einsparungen im Bezirk sein werden, wird der Einzelne wahrscheinlich erst mit einer gewissen Verzögerung spüren.
Investitionen werden gestrichen oder über große Zeiträume gestreckt. Hierbei soll nicht verschwiegen werden, dass der Bezirk erhebliche Mittel aus den Konjunkturpaketen für die Modernisierung von Schulen und anderen Gebäuden erhält.
Abstimmung und Diskussion waren geprägt von drei Grundhaltungen. Die generelle Ablehnung durch NPD und Grüne, die Forderung der Linken nach Unantastbarkeit des Sozialbereichs und der Haltung von SPD und CDU, dass Haushaltsrisiken begrenzt und alle Ausgaben insbesondere im Sozialbreich angemessen kontrolliert werden müssen. In der Abstimmung konnte sich die Position von SPD und CDU mit einer Stimme Mehrheit denkbar knapp durchsetzen. Aber, und dies sei positiv vermerkt, begleitend zum Haushalt wurden auch verschiedene Anträge über die Parteigrenzen hinweg beschlossen, die mögliche Einsparpotentiale erschließen sollen. Diese Mittel könnten dann für andere Aufgaben verwendet werden.
Auch positiv zu vermelden ist, dass trotz der wirklich angespannten Haushaltslage die finanziellen Mittel für die Jugendfreizeiteinrichtungen in Höhe der vergangenen Jahre erhalten bleiben und damit auch die Vielfalt der Angebote. Konkret für Müggelheim bedeutet dies, dass unser Jugendclub auch im Jahr 2010 mit fast 10.000 Euro gefördert wird. Die Förderung war lange unklar, aber das hohe Engagement der Jugendlichen und vieler Bürger hier vor Ort überzeugten dann auch die letzten Zweifler. Danke!
Und natürlich ist man auch über kleine Erfolge dankbar. So wurde ein Antrag der CDU beschlossen, in den Jahren 2010 und 2011 eine neutrale Beratungsstelle für passive Maßnahmen gegen Fluglärm mit jeweils 50.000 Euro zu fördern. Ein Dank gilt hier Ernst Welters von der Linken, der diesen Antrag stark gefördert hat.
Die nächste Sitzung der BVV findet am 17. Dezember ab 16.30 Uhr im Rathaus Treptow statt. Sollten Sie Anregungen für meine Arbeit in der BVV haben oder weitere Informationen wünschen, so teilen Sie mir das bitte mit. Meine nächste Bürgersprechstunde findet am 11. Dezember im Dorfklub statt.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, verbunden mit den besten Wünschen für das Jahr 2010.
Christian Schild, Müggelheimer Bezirksverordneter, Tel.: 0163-659 41 58 oder C.Schild@gmx.net
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