Perspektivwechsel
Einladung zu drei Gesprächsabenden in der Alten Schule
von Siegfried Menthel
„Entdecken Sie Thüringen mit der Elisabeth-Card“ lese ich in dem bunten Werbeprospekt, der mir zum Elisabeth-Jahr ins Haus geflattert ist.
Es wird, wie bei dererlei Jubiläen üblich, viel geboten: Von der Welturaufführung eines Musicals am Origialschauplatz in Eisenach, bis zur Eröffnung der 49. Aktion „Brot für die Welt“ Anfang Dezember in der Elisabethkirche in Marburg.
Man fragt sich nur: Woher kommt das Interesse an einer Frau, die vor 800 Jahren geboren wurde und als 24-Jährige starb? Große Verehrung ist ihr schon im späten Mittelalter zuteil geworden. Sie ist eine der herausragendsten Frauengestalten der christlichen Kirche. Dass sie zu Lebzeiten, aber wie wir sehen, auch noch lange danach, einen Platz in den Herzen so vieler Menschen gefunden hat, hängt damit zusammen, dass sie - die ungarische Königstochter - in jungen Jahren einen Perspektivwechsel vollzogen hat. Ihr ging die Armut der vielen armen Menschen, denen sie begegenete, zu Herzen. Sie gewöhnte sich nicht daran, selbst komfortabel lesen zu können, während anderen das Nötigste fehlte. Sie ging nicht an den Armen vorbei, sondern sah das Leben aus deren Perspektive - und tat was sie konnte, um ihnen vom Fürstenhof in Eisenach aus zu helfen. Sie versuchte schlicht nach den Weisungen Jesu zu leben. Franz von Assisi (1181/82 - 1226) war ihr Vorbild.
Dieser einmal getroffenen Grundentscheidung blieb sie ihr Leben lang treu. Später, nachdem ihr Ehemann im Kreuzzg gefallen war, gründete sie mit ihrem Erbteil ein Krankenhaus, in dem sie, nun selbst arm geworden, bis zur Erschöpfung arbeitete. „Wir müssen die Menschen fröhlich machen“, hat sie gesagt. Ihr authentisches, praktisch gelebtes Christentum hat viele Menschen aufhorchen lassen und ihr Interesse und ihre Verehrung geweckt.
Das ist nach meiner Beobachtung bis heute so geblieben.
Selbst in unserer säkularisierten Lebenswelt werden Menschen hellhörig, wenn einzelne Christen, christliche Gruppen oder die Kirche als ganze an der Seite der Armen und Unterprivilegierten zu finden sind und sich für deren Interessen einsetzen.
Was sagt uns das?
Darüber wollen wir in Müggelheim mit allen Interessierten ins Gespräch kommen. Unter dem Motto „Perspektivwechsel“ laden wir im März/April zu drei Gesprächsabenden in die Alte Schule Müggelheim ein.
Am Beginn steht ein Vortrag der in unserer Gemeinde beheimateten Kunstwissenschaftlerin Dr. Bärbel Kowalevski, der wir auch die Initiative zu dieser Reihe zu verdanken haben. Sie wird uns anhand von Kunstwerken in die Lebens- und Glaubenswelt der heiligen Elisabeth und ihrer Zeit einführen.
Montag, 19.3., 20 Uhr - „Leben und Legende der heiligen Elisabeth zum 800. Geburtstag der Fürstin und Heiligen“ - Dr. Bärbel Kowalevski.
Zum 2. Gesprächsabend haben wir die aus Peru stammende Ärztin Dr. Jenny de la Torre eingeladen, die seit vielen Jahren die Obdachlosen in Berlin medizinisch betreut und durch ihr unbeirrtes Engagement viele Menschen in unserer Stadt aufhorchen lässt. Sie führt uns vor Augen, was eine einzelne Frau auch in unserer Zeit bewirken kann.
Montag, 23.3., 20 Uhr: „Erfahrungen einer Ärztin für Obdachlose in Berlin“ -Dr. Jenny de la Torre.
Am dritten Abend wollen wir der immer drängenderen Frage nachghen, wie wachsender Reichtum und wachsende Verarmung in unserer Gesellschaft zusammenhängen.
Wir haben Ronald Blaschke aus Dresden gebeten, diesen Zusammenhang zu erläutern und über Initiativen zu berichten. Er ist Sprecher der sächsischen Armutskonferenz und Mitinitiator des Netzwerkes „Grundeinkommen“.
Montag, 2.4., 20 Uhr: „Wachsende Armut - wachsender Reichtum. Analysen - Ideen - Aktionen“ - Ronald Blaschke.
Ich freue mich auf zahlreiche Interessierte und ermutigende Gespräche.
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