Johannes Zwingenberger -
und sein Geheimnis vom Jungbleiben
von Anne Müller
Johannes Zwingenberger, geboren 1913, betritt fröhlich die Bühne der Gaststätte Neu Helgoland anlässlich des Müggelheimer Kulturwochenendes und verzaubert ein erstauntes Publikum mit der berühmten Arie des Figaro aus dem „Barbier von Sevilla“.
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Johannes Zwingenberger schmetterte mit seinen 92 Lenzen den Figaro beim Kulturwochenende. Foto: Jacobius |
Zwei Wochen später steht er gut gelaunt an seiner Gartentür, bereit für ein Interview und führt mich durch den verschneiten Garten hinein ins Haus. Fragt man Johannes Zwingenberger wie er sich im stolzen Alter von 92 Jahren fühlt und seinen Alltag meistert, antwortet er galant: „Ich bin der reichste Mensch von Müggelheim.“ Und damit meint der gelernte Friseur, Englischlehrer und Entertainer sicher nicht sein Bankkonto, sondern sein Glück, sehr viel Freude und Herzlichkeit auszustrahlen und zu empfangen.
In seinem Haus ist diese Herzlichkeit deutlich zu spüren. Er erzählt Anekdoten aus seiner Jugend und zeigt mir sein Schlagzeug, die Orgel und unendlich viele Notenblätter in seinem Arbeitszimmer. Ein Fernseher steht auch in der Ecke, aber dieser wird nur selten angeschaltet. Ein fettarmes Mittagessen und so wenig Pillen wie möglich sind sein Gesundheitsrezept. „Jeden Tag ein Lied singen und bloß nicht im Sessel sitzen bleiben!“
Herr Zwingenberger wird etwas ernster und meint : „Ohne Selbstdiszliplin schafft man den Alltag nicht allein.“ Und er erzählt weiter aus seinem Leben, welches ebenso interessant ist wie ein guter Krimi:
Während des zweiten Weltkrieges absolvierte er in Dresden die Ausbildung zum Operntenor. Er gelangte auf Sizilien in Kriegsgefangenschaft und selbst unter diesen Umständen lernte er italienisch und die sizilianischen Arien und Volkslieder. Später dann arbeitete er als selbstständiger Friseurmeister, was zu DDR-Zeiten wohl nicht so gern gesehen wurde. Jedenfalls lächelt Herr Zwingenberger und verweist auf seine fünfhundert Seiten starke Stasiakte. Später gründete er die „Müggelheimer Dorfmusikanten“, spielte im Seniorenensemble Charlottenburg viele Rollen, trat in Rundfunk und Fernsehen auf; er wurde sogar vom BBC London eingeladen; und erteilte Englischunterricht in seinem Hause.
Heute noch frisiert er ältere Damen und bietet seine Englischkenntnisse an. Was ihm geblieben ist, ist sein unvergleichlicher Charme und seine positive Lebenseinstellung.
Ich verabschiede mich genauso gut gelaunt wie ich vor dem Gespräch empfangen wurde. Wahrscheinlich ist das Geheimnis dieses vielseitig talentierten Gentleman, dass er selbst im hohen Alter in Seniorenheimen auftritt um den Menschen seine Lebensfreude zu übermitteln und nie aufhört an sich selbst zu arbeiten, denn schließlich, so meint er, sei die lohnendste Arbeit, die ein Mensch tun kann, die Arbeit an sich selbst.
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