Stadtjäger soll Wildschweinen
den Garaus machen
Frischlingsschwemme sorgt für Ärger im Ort
von Simone Jacobius
Mit Entsetzen sah eine Anwohnerin aus der Sobernheimer Straße dem Treiben in der Kleingartenanlage Müggelheim II zu. Mit Autos, Äxten und Forken rannte eine Horde Kleingärtner einer Rotte Wildschweinen hinterher. Drei Bachen und etwa 15 Frischlinge sollen es gewesen sein, die vor der wildgewordenen Meute Reißaus nahmen. „Es ist eine wahre Hysterie unter den Kleingärtnern ausgebrochen. Als ich sah, wie rabiat sie jetzt werden, dachte ich, ich muss etwas tun”, erzählt die Müggelheimerin (Name der Redaktion bekannt).
So, wie die Kleingärtner den Tieren auf den Leib rückten, kann das auch schnell die Gesetzeshüter auf den Plan rufen. „Es passiert ganz leicht, dass die Leute gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Auch Wildschweine dürfen nicht misshandelt oder gar getötet werden von Nichtbefugten”, erläutert Forstamtsleiter Klaus Pogrzeba. In solch einem Fall drohen erhebliche Geldstrafen. Allerdings räumt er ein, dass sein Amt nur für die Wildschweine in den Waldflächen um Müggelheim herum zuständig ist. Innerhalb des Ortes wäre die Oberste Jagdbehörde zuständig, die spezielle „Stadtjäger” für die einzelnen Gebiete beschäftige.
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„Wir haben einen Stadtjäger aus Müggelheim für die Gebiete innerhalb Müggelheims”, erläutert Derk Ehlert von der Obersten Jagdbehörde. Er hätte schon viele Rotten innerhalb des Ortes gesichtet, aber noch keinen Schwarzkittel erlegt. „Das eine Problem ist, dass der Jäger keine führenden Bachen, also keine Sau mit Frischlingen, schießen darf. Und das andere die Sicherheit. Die muss innerhalb des Ortes absolut gewährleistet sein, der Jäger haftet persönlich im Falle eines Schadens”, erläutert Ehlert. Dennoch kennt er die Problematik in Müggelheim und auch die Sache mit der Kleingartenanlage ist ihm nicht unbekannt.
Generell gibt es im Ort noch viele verwilderte, unbewohnte Grundstücke, auf denen sich die Rotten heimisch fühlen. Sie richten sich dort ihren Kessel ein und nehmen es als günstig gelegenen Startpunkt für einen Spaziergang durch den Ort. Sowohl Ehlert als auch Pogrzeba appellieren an mehr Eigeninitiative der Anwohner. Jeder sei selbst dafür zuständig, seine Zäune und Tore verschlossen zu halten und so zu befestigen, dass es für die Tiere nicht ein Leichtes sei, an die gedeckte Tafel zu spazieren.
Überall sieht man derzeit wieder Spuren der Schwarzkittel. Oberste Devise: Nicht füttern, in der Erntezeit kein Fallobst liegen lassen; Komposthaufen innerhalb des Gartens einrichten und vor allem für einen stabilen Zaun sorgen. Im vergangenen Winter seien um Müggelheim herum viele Wildschweine geschossen worden, so Pogrzeba. Mehr als sonst. Denn auch der Nachwuchs war extrem zahlreich. „Das Schwarzwild hat im Herbst bereits eine Menge Frischlinge bekommen und im zeitigen Frühjahr noch einmal, begünstigt durch die milde Witterung“, so der Forstamtsleiter. Da der Abschussplan für Wildschweine nicht starr sei, sondern sich dem Bestand anpasse, sei eine weitaus höhere Zahl zum Abschuss freigegeben worden.
Doch mit dem Abschuss im Wald ist das Problem im Ort nicht beseitigt. Es handelt sich hierbei mittlerweile um völlig unterschiedliche Tiere: Stadtschweine und Waldschweine. Die innerstädtischen Wildschweine (also auch die Müggelheimer Schwarzkittel) seien nicht mehr in der Lage, sich dem Wald anzupassen, würden von den Waldschweinen auch nicht mehr akzeptiert werden, so Ehlert. Deswegen käme ein Fangen und Umsetzen der Sauen nicht in Frage. Um dem Problem dennoch Herr zu werden, freut sich die Oberste Jagdbehörde über jeden Hinweis darüber, wo sich die Rotten tagsüber versteckt halten.
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