Sechs Zentimeter Urlaubslektüre
Nur Zahlenjongleure freuen sich über den bezirklichen Haushaltsplan 2006/7, der als 6 cm dicker Papierstapel die Postkästen der Bezirksverordneten füllte. Immer wieder eine bewundernswerte Meisterleistung der Bezirksamtsmitarbeiter, die monatelang Zahlen zusammentragen, ändern und bewerten. Die BVV muss den Haushalt absegnen, das ist eines ihrer wenigen Rechte. Doch mehr als Schwerpunkte setzen ist nicht möglich, nachdem die Haushaltssumme der Bezirke vom Senat festgelegt wird. Der Haushalt wird in die verschiedenen Ausschüsse überwiesen, die die Arbeitsebene der BVV bilden. Dort werden die Zahlen durchleuchtet, hinterfragt, Vorschläge für andere Gewichtungen erstellt und am Ende des Diskussionsprozesses gibt der Ausschuss eine Beschlussempfehlung ab. Die lautet meistens auf Annahme der Haushaltsvorlage, über die die gesamte BVV dann noch einmal abstimmt.
An dem heißen Sommerabend der Juni-BVV versuchte der PDS-Fraktionsvorsitzende deshalb, den üblichen politischen Ritualreden der Fraktionsvorsitzenden mit seinem Antrag auf die Überweisung des Haushaltes in die Ausschüsse zuvorzukommen. Doch konnten sich die Vorsitzenden von SPD und CDU die Chance auf ein politisches Statement nicht verkneifen – obwohl ihre eigenen Fraktionen sich lieber eine Pause gönnten.
Noch vor der Vorlage des Haushaltsplanes in der BVV hatte das Bezirksamt (BA) Bürger zur Diskussion des Bezirkshaushaltsplanes eingeladen. Das BA hatte sich viel Mühe gegeben, den Haushaltsplan in verständlicher Form darzustellen – die Bürger mussten sich also nicht mit Papierbergen herumschlagen. Konkrete Vorschläge zu einer geänderten Gewichtung der Haushaltsmittel gab es wenige, doch nutzten die eingeladenen Bürger in verschiedenen Arbeitsgruppen die Chance, das Bezirksamt auf Missstände aufmerksam zu machen.
Auf stärkstes Interesse stieß die Arbeitsgruppe Bildung, Kultur, Schule, die ihre Unzufriedenheit mit der Ausstattung an Lehr- und Lernmitteln, die im Haushaltsplan auf den Mindeststandard abgespeckt wurde, äußerte. Die AG Bauen und Stadtentwicklung wünscht sich eine Beteiligung der Bürger bei der Verteilung der Straßenunterhaltungsmittel und fordert, dass die verfügbaren Straßenbaumittel auch vollständig verwendet werden. Kleine und mittlere Betriebe sollen dabei stärker berücksichtigt werden. Die AG Grün und Immobilienwirtschaft bewertet die Aufstockung der Grünunterhaltungsmittel positiv, kritisiert aber Leerstand und fehlende Verwertungsmöglichkeiten von Kitas. Die AG Personal, Verwaltung, Wirtschaft und Finanzen problematisierte die Verunreinigungen an den Müggelsee-Badestellen und die Parksituation am Müggelseedamm. Insgesamt zeigte sich bei der Veranstaltung, dass es sinnvoll ist, Bürger frühzeitig in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, und nicht abzuwarten, bis sich die Konflikte zugespitzt haben.
Hoffnung für Eltern, die sich für die Einrichtung eines Spielplatzes in Müggelheim einsetzen und bisher an den mangelnden Finanzmitteln gescheitert sind, bringt ein von der SPD angeregter Beschluss, nach dem das Bezirksamt prüfen soll, ob mit Hilfe von Hartz-IV-Kräften die Öffnung von Schulhöfen am Nachmittag realisiert werden kann.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass unsere Schule in die Prüfung einbezogen wird. Denn obwohl Müggelheim für Familien hohe Attraktivität besitzt und der Anteil der Kinder steigt, erntet jeder Vorstoß beim Bezirksamt Kopfschütteln darüber, dass ein Naturparadies wie Müggelheim sich nicht selbst genügt und auch noch einen öffentlichen Kinderspielplatz fordert. Dass weder Wald noch unsere Seen geeignete Spielplätze für Kinder sind, will beim BA niemand sehen. Vielleicht finden sich Redegewandte unter Ihnen, die dieses Thema in der Bürgeranhörung der nächsten BVV am 25. August um 16 Uhr zur Sprache bringen wollen. In der Zwischenzeit wünschen wir Ihnen einen schönen Sommer und gute Erholung,
Ihre Müggelheimer Bezirksverordneten
Ute Schäfer-Lutz und Frank Emmerich
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