Die Geschichte der Behelfsheime
Neue Ausstellung des Heimatvereins im Dorfklub
wandelt auf historischen Pfaden
Pünktlich zum Angerfest hat eine neue Ausstellung im Dorfklub eröffnet: „Aus Not entstanden - Die Geschichte der Behelfsheimsiedlungen in Müggelheim”. Spannend und interessant wird sie dargestellt, die Geschichte dieser kleinen Siedlungen im Ort. Es ist eine andere Ausstellung als üblicher Weise, die die Arbeitsgemeinschaft Heimatmuseum / Baeyer-Grottewitz-Gedenkstätte des Heimatvereins Müggelheim dort präsentiert.
Die Geschichte der Behelfsheimsiedlungen (heute noch an den Buchstabenstraßen erkennbar) wird von 1944 bis zur Gegenwart dargestellt. Das erstaunliche Wachstum des Ortes im 20. Jahrhundert von 180 Einwohnern im Jahre 1914, 875 Einwohnern im Jahre 1932, 2525 im Jahre 1938 und bis über 4700 Einwohner im Jahre 1947 wirft die Frage nach den Ursachen auf (im Jahre 1996 hatte Müggelheim 3800 Einwohner; 1998 über 5000 und am 31.12.2006 schon 6350 Einwohner). Diese Entwicklung entstand aus der Siedlungsbewegung der dreißiger Jahre, die den ersten Schub von Neubauten mit sich brachte, ergänzt durch die zahlreichen Gartenlauben der Berliner, die in der Kriegs- und Notzeit nach 1940 zu festen Wohnsitzen wurden. Die Einwohnerzahl wuchs weiter durch die 1943/44 staatlich verordneten Behelfsheim-Ansiedlungen im Randgebiet Berlins.
In Müggelheim wurden in dieser Zeit 18 ha Ackerflächen der Bauern gepachtet oder beschlagnahmt, um einerseits die von der Gemeinde von staatlicher Seite geforderten Behelfsheime mit Hilfe des Arbeitskommandos 2b des KZ Sachsenhausen aufstellen zu können oder Betrieben für ihre Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. Einige Häuser waren für ausgebombte Berliner, für Vertriebene aus Ostpreußen und Pommern und für kriegsgeschädigte Verwaltungs- und Polizeibeamte vorgesehen. Die damals errichteten Behelfsheime wurden in den folgenden Jahren aus- und umgebaut oder durch moderne Neubauten ersetzt.
Wolfgang Behrendt und Marianne Schäfer haben diese Entwicklung in aussagekräftigen Fotos dokumentiert. An der Erarbeitung des Themas haben unter der Leitung von Dr. Bärbel Kovalevski, Dagmar Belitz, Marianne Schäfer, Kerstin Melchior, Beate Bohne, Dr. Herbert Pieper, Wolfgang Behrendt, Peter Belitz, Klaus Baeyer und Horst Schmidt mitgewirkt. Auch die Schüler der 5. Klassen der Müggelheimer Grundschule haben unter der sachkundigen Leitung von Beate Bohne im Wahlfachunterricht mit dem Aufbau von Modellhäusern einen anschaulichen Beitrag geleistet. Für die Bereitschaft einiger Müggelheimer Bürger, uns originales Material aus dieser Zeit zur Verfügung zu stellen, sei allen herzlichst gedankt sowie Martin Jahn für seine ausdrucksstarke Zeichnung zur Situation im KZ-Lager Sobernheimer Straße. An dem Aufbau einer Wohnecke aus dieser Zeit haben besonders Dagmar und Peter Belitz großen Anteil. Die gegenständlichen Objekte bieten einen Blick in die Wohn- und Lebenssituation in der Kriegs- und Nachkriegszeit.
Dieser Blick in die Vergangenheit stärkt unser Bewusstsein für die Kostbarkeit friedlichen Lebens. Die Ausstellung ist bis September in den Räumen des Dorfklubs zu sehen.
Müggelheimer Autoren
stellen sich vor
Gleichzeitig möchten wir auf das kommende zweite Ausstellungsvorhaben hinweisen, das Ende August eröffnet werden wird. Unter dem Thema „Müggelheimer Autoren stellen sich vor“ möchten wir Autoren und Autorinnen, die in Müggelheim wohnen oder wohnten, mit ihren Werken bekannt machen. Es können sowohl wissenschaftliche Werke verschiedener Fachrichtungen oder literarische und künstlerische Werke aus der Vergangenheit und Gegenwart sein. Ein kurzer Lebenslauf, möglichst mit Bild, wird ebenfalls erbeten. Begleitend zur Ausstellung ist auch an Buchvorstellungen und Lesungen gedacht. Es wäre für die Vorbereitung der Ausstellung wichtig, wenn die Interessenten zur Teilnahme sich bis Mitte Juli bei Dr. Bärbel Kovalevski (Tel. 659 60 14), Dr. Herbert Pieper (659 5173) oder Dagmar Belitz (Tel. 659 86 42) melden würden.
Dr. Bärbel Kovalevski,
Leiterin der AG Heimatmuseum /
Baeyer-Grottewitz-Gedenkstätte
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Martin Jahn erstellte diese Zeichnung nach den Erzählungen eines ehemaligen Häftlings, der ihn 1998 besuchte. Die Außenstelle des KZs Sachsenhausen befand sich an der Sobernheimer Straße. Die Häftlinge waren unter anderem für den Bau der Behelfsheime zuständig.
Es war Herbst und Winter. Die Häftlinge trugen Holzschuhe, hatten teilweise keine Strümpfe und froren erbärmlich. Auch hatten sie kaum etwas zu essen. Die Wachmannschaft bestand aus älteren Herren, die nicht mehr fronttauglich waren und einigermaßen human mit ihnen umgingen.
Nur der Kommandant sei brutal gewesen. Beispielsweise warf er einem Häftling beim Morgenappell einen Mauerstein an den Kopf, weil er eine freche Bemerkung gemacht hatte. Der Häftling hat diesen Übergriff nicht überlebt.
Zum KZ-Lager an der Sobernheimer Straße werden wir demnächst einen separaten Artikel im Müggelheimer Boten veröffentlichen. sip
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