Müggelheimer Bote
12. Jahrgang, Ausgabe 8/2006
August 2006
Müggelheimer Bote

Inhalt
Tauziehen um Rettungsstationen beendet
Köpenick wird Wanderparadies
Müggelheimer reisten in die Masuren
Achim Baeyer (†) zum Gedenken
Sinn und Unsinn von Saunen und Co.
Radtour zum Kranichsturm
Klassentreffen nach 50 Jahren!
Weitere Meldungen
Karikatur
Gedanken aus Müggelheim
Aus den Vereinen
Leserbriefe
Kleinanzeigen
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Müggelheim im Internet
Impressum
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Müggelheimer Bote
 
Serie für den Natur- und Gartenfreund

Mit allen Sinnen Schönes für die Seele erleben

von Marianne Schäfer

Nach der Dunkelheit der Nacht mit dem Glitzern der Sterne beginnt die Dämmerung des neuen Tages. Köstliche Stille – was für ein Friede! Die Stille ist in unserer lauten, hektischen Zeit etwas ganz Besonderes. Man versucht den Eindruck so tief und intensiv zu erleben wie es nur geht. Man möchte sie einsaugen – immer mehr von ihr trinken, die Seele darin baden.

Ich bin im Hemd in den nächtlichen Garten gegangen. Erlebe das erste fade Schimmern der Sonne. Sie schickt gerade die ersten Lichtfinger über den Horizont. Die Luft ist kühl aber zärtlich weich. Meine Gedanken sind klar und doch möchte ich träumen. Weit gleiten sie an dem Himmel entlang – nicht aufgehalten von dunklen Wolken. Dort oben – ob ich da den Seelen meiner Lieben begegne? Gerade jetzt, da ganz zart das erste Rosa den Horizont tönt.

Da, ganz leise, noch wie schlaftrunken ist eine Amsel erwacht und begrüßt den neuen Tag. Minuten später fallen andere Amseln weiter entfernt in den Reviergesang ein. Sie sitzen auf hohen Fichtenspitzen oder auf einem Lichtmast. Inzwischen ist die Sonne etwas weiter über den Horizont gestiegen. Noch ist sie hinter den dunklen Kiefern. Die fade Himmelsfarbe ist etwas intensiver geworden. Hinter mir raschelt es zwischen den Pfingstrosenbüschen, ich weiß, das ist der kleine Igel, welcher sich in meinem Garten eingefunden hat. Da, ganz entfernt höre ich einen Hahn krähen. Kikerikie – wie schön, ein dörflicher Laut. Und damit beginnt die Stille sich zu verabschieden. Die ersten Autos kommen auf der Gosener Landstraße angefahren. Als der Laut in der Ferne in Richtung Köpenick verklingt, wieder ein Moment Stille. Neue Autos kommen, man fährt zur Arbeit. Nun ist es doch frisch geworden. Ich geh noch einmal in mein warmes Bett – als Rentner darf man das.

Wie an jedem Morgen höre ich, wie meine Kaninchen mit den Futternäpfen klappern. Sie wollen ihr Futter. Es ist heller Tag und die Eindrücke von dem Wechsel von der Nacht zum Tag sind Erinnerung, beinahe aufgefressen von der Dringlichkeit des Tages. Aber nicht ganz, sie schwingen in mir noch nach. Nachdem meine Tiere versorgt sind, gehe ich durch meinen Garten. Hinter dem Kellerabgang habe ich eine kräftig wachsende Pfeifenwinde, die wie jedes Jahr ihre neuen Triebe wieder über das Dach des Kellerabganges schwingt. Ihre großen, herzförmigen Blätter zaubern bei sonnigem Wetter ein wunderbares, smaraktgrünes Licht an meinem Fenster und unter dem Kellerabgang. Wenn es geregnet hat, dann glitzern und kullern auf dem waagerecht liegenden Blättern einige Wassertropfen, sammeln sich zu größeren, bis sie zu schwer geworden, über den Blattrand rollen.

Schade, meine Pfingstrosen sind so schnell verblüht. Sie hatten riesige, rosa Blütenbälle. So stark gefüllt und schwer, dass sie sich auf die Buxuseinfassung legten. Sie verströmten einen feinen, kühlen und süßen Duft, den ich besonders von den abgeschnittenen Blüten, welche ich in eine stabile, schwere Vase stellte, genießen konnte.

Vor den Pfingstrosen blühten meine historischen Rosen. Dieses Jahr nicht so üppig wie sonst, weil an einer nicht so alten Rosensorte doch die Triebe durch den Frost sehr gelitten hatten. Außerdem hatte ich eine allzu sehr wuchernde Rose im Herbst gerodet und die nachgepflanzte ist noch zu jung. All die anderen Rosen haben wie immer geblüht. Bezaubernd die zarte Fältelung der „Celsiana“, deren Blütenblätter transparent wie Seide schimmern. Andere Rosenblüten haben eine Ballform oder kleine Blüten wie ein Spitzenballett-Röckchen. Der Duft der blühenden Rosen ist so stark, dass man es bis auf die Straße riecht.

Meinen Lieblingsduft verströmt aber eine andere Pflanze. Sie ist gerade im verblühen, aber noch rieche ich am Abend, wenn die Luft nicht mehr so sengend wie am Tage ist, den überaus reich, würzigen und schweren Duft des Geißblattes, bis in mein Zimmer hinein. Besonders die Lonicera x heckrottii ist eine sehr zu empfehlende Rankpflanze.

Zum Abend schaue ich gerne noch einmal zu meinem Gartenteich. Erhaben schwimmen die Seerosenblüten auf dem Wasser. Aus dem Rot, Rosa oder Weiß der nach oben gerichteten Blütenblätter, leuchtet aus dem Kelch der Kranz von strahlend gelben Staubgefäßen, aus deren Mitte der Stempel sich erhebt. Knisternd huschen Libellen über das Wasser, ein paar Wasserläufer flitzen hier und dort hin, spielen Einkriegen. Da wo ihre kleinen Beinchen das Wasser berühren, entstehen winzige Eindellungen.

Ich sitze auf meinem kleinen Huckebänkchen am Teich. Es ist Abend geworden – stiller, aber noch nicht still. An der dicht begrünten Hauswand, wo verschiedene Rankpflanzen so durcheinander gewachsen sind, dass ich sie wohl nicht mehr trennen kann, hat die Amsel noch einmal ein Nest gebaut. Ich sitze ganz still, bin ein Teil in meinem sehr üppig wuchernden Garten. Nun fliegt die Amsel ein, setzt sich auf ihre Eierchen. Der Amselvater singt auf der Kiefer sein Abendlied. Die Seerosen schließen langsam ihre Blüten. Dunkel ist das Wasser. Nachts wird der Mond sich im Wasser spiegeln, Frieden kehrt ein.