Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 11/2003
Oktober 2003
Müggelheimer Bote

Inhalt
Lösung für die Mountainbiker in Sicht
Der heilige Hubertus wacht über die Jäger
Dieter Hildebrandt strapazierte die Lachmuskeln der Zuschauer
Die "Mügge" findet erste Unterstützung
Dank an die Schulhoffest-Helfer
Von Feiern im Garten tobenden Kindern und bellenden Hunden
"Gosener Bub" veröffentlicht LP
Martinstag: Eine schöne Legende
Sportlergrößen im Müggelheim: Thomas Zweiniger
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Aus den Vereinen
Leserbrief
Heimatverein
Kleinanzeigen
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
Archiv
Müggelheim im Internet
Impressum
© 2003
Müggelheimer Bote
 

Dieter Hildebrandt strapazierte die Lachmuskeln der Zuschauer

„Satirischer Abend im Dorfklub” war angesagt und Dieter Hildebrandt kam. Mit ihm kamen viele, viele Müggelheimer in unser Klubhaus, weil sie wissen, dass man bei dieser Veranstaltungsreihe nicht nur schmunzeln, sondern auch herzhaft lachen kann.

„Autogrammstunde” von Dieter Hildebrandt (2. von links). Foto: Frenzel

Bei der Scheibenwischerlegende Hildebrandt war diese Erwartung besonders hoch, denn er ist wohl ein „Mercedes” (nicht weil er aus dem Westen kommt, denn auch im Osten gab es „Volvos”!) unter den Satirikern, der nicht nur zu Lachern, sondern auch zum Nachdenken zwingt. Seine Gags sind nicht vordergründig und manche versteht man erst beim zweiten Anlauf, den er auch gerne selber liefert. Und Wortschöpfungen von der „Steuerverlastung” oder der „Steuerentlastungseigenbeteiligung” entlarven die Vernebelungsrhetoriker im Bundestag. Gekonnt bricht er seine Worte vor der eigentlichen Pointe ab, weil im gleichen Moment das Publikum auflacht. Immer wieder wühlt er ganz tief in seinen Gedanken und lässt sich dabei anmerken, wie wichtig ihm jeder Satz ist. Alle Zufälligkeiten und Versprecher sind vorher gedanklich geplant.

Mancher Fan wollte den Kabarettisten Hildebrandt persönlich kennenlernen, und hören, ob er z.B. seine effektvoll eingesetzten Stotterer immer benutzt. Nun, der Altmeister der gesprochen Satire war ganz natürlich und so, wie man ihn vom Fernsehen her kennt, nur dass man ihm an diesem Abend auch mal die Hand schütteln konnte, was ja über viele Jahre für den normalen DDR-Ossi nicht möglich war.

Es sollte eigentlich eine Lesung werden, so wie es der Heimatverein angekündigt hatte. Aber zum Lesen kam Dieter Hildebrandt nicht mehr, denn er erzählte zwei Stunden (mit einer kleinen Pause, in der sich die Lachmuskeln der Zuhörer erholen konnten) über seine Sicht zu den Dingen, zur Werbung, zum Fernsehen, zur Einheit Deutschlands und zu den Politikern. Er stellte beispielsweise fest, dass die Alten immer älter werden und sich zudem noch mäuseartig vermehren, und dieses Grundproblem unserer Gesellschaft würde von keiner Partei richtig gelöst. Oder er meinte zu den Ausländern, die wir brauchen, zwar nicht möchten, aber wollen müssen – also nötige Ausländer, wären dann die Nobelpreisträger aus Polen, Rumänien oder sonst wo her.

Wenn Richard Roger nach Hildebrandts letztem „Scheibenwischer” (144 Folgen) vorschlug, dass er jetzt Zeit hätte, Bundespräsident zu werden, weil er das Zeug und einen schwarzen Anzug dazu hat, dann wäre das nach unserer Meinung eine Verarmung für Deutschland, denn Bundespräsident können viele werden, aber einen Dieter Hildebrandt nicht.

Einige seiner Bücher waren zum Kauf angeboten, sodass man auch noch Schwarz auf Weiß (z.B. „Nach der Werbung” für 8,90 Euro) mit nach Hause nehmen konnte, was Dieter Hildebrandt den Menschen zu sagen hat. Wer das Glück und eine Eintrittskarte hatte, war beeindruckt, ließ sich ein Autogramm geben, und konnte auf dem Heimweg die Mundmuskeln massieren, um das normale Alltagsgesicht wieder zu bekommen. Die Sicht von Hildebrandt hat jedenfalls helle Augen hinterlassen. Und wer sich dafür bedanken möchte, kann in den Heimatverein eintreten und mit zehn Euro Jahresbeitrag die Kulturlandschaft Müggelheims aufhellen helfen. Es wird weitere „Satirische Abende im Dorfklub” geben. Martin Jahn

Siehe auch Leserbrief