Auf den Zahn gefühlt
Im Monat August hatten wir Ihnen an dieser Stelle die Müggelheimer Kandidaten für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vorgestellt. Diesmal stellen wir Ihnen die Spitzenkandidaten für unser Bezirksparlament vor – sechs Politiker aus sechs Parteien und alle haben dieselben Fragen beantwortet. Dabei richten wir uns generell nach den Parteien, die bereits jetzt in den entsprechenden politischen Gremien vertreten sind – also prozentual die meisten Stimmen bekommen haben und vermutlich auch wieder in den nächsten Parlamenten vertreten sein werden. Um die ganze Vielfalt der Parteien abzulichten, fehlt uns schlichtweg der Platz.
Unser Appell an Sie: Nehmen Sie Ihr demokratisches Recht wahr. Gehen Sie am 26. September zur Wahl oder machen Sie bereits vorher Briefwahl. So können Sie mitbestimmen, wer Sie die nächsten fünf Jahre regieren wird. Neben unseren Interviews bietet auch der
Wahlomat eine Entscheidungshilfe. Sowohl für das Abgeordnetenhaus als auch für die Bundestagswahl ist er inzwischen freigeschaltet. sip
Text
Oliver Igel, SPD
43 Jahre alt, in Köpenick geboren und zur Schule gegangen. Seit 2011 Bezirksbürgermeister, hat einen achtjährigen Sohn.
Wie sehen Sie die Entwicklung Müggelheims in den nächsten fünf Jahren?
Müggelheim wird beliebt bleiben, so wie Berlin beliebt bleibt. Eine gute wirtschaftliche Entwicklung wird weiterhin Menschen nach Berlin ziehen. Nicht jeder will in die wirbelige Innenstadt, viele suchen gezielt abseits der Stadt ihren Lebensmittelpunkt. Deshalb wachsen bei uns die Ortsteile, die teils eine dörfliche Struktur haben – Menschen finden hier in Müggelheim ihr neues Zuhause oder Eigenheim „im Grünen“. Wir werden aber noch stärker die Auswirkungen eines Flughafens erleben, der womöglich unter Volllast läuft. Deshalb wird Lärmschutz weiter ein bestimmendes Thema sein, ebenso Folgen des Tesla-Werks in Grünheide. Neben Chancen durch neue Arbeitsplätze werden wir uns mit den verkehrlichen Fragen und der Sicherheit für die Bevölkerung befassen.
Auf der einzigen Straße von Berlin nach Müggelheim reihen sich die Autos im Berufsverkehr und erst recht an den Wochenenden mittlerweile wie eine Perlenkette aneinander. Wie kann den stetigen Staus entgegengewirkt werden?
Ich kann mir kaum vorstellen, dass es Befürworter dafür gibt. Nein, da muss es andere Lösungen geben. Wie überall werden Verkehrsspitzen nicht vermieden werden können, aber es wäre gut, wenn mehr Besucher auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen könnten.
Müggelheim verfügt über nur wenige befestigte Straßen, die meisten gehören der Kategorie C an. Müssen wir hier mit Restriktionen rechnen wie an der Odernheimer Straße? Wie stehen Sie zu den plötzlichen „Aktivitäten“ des Ordnungsamtes?
Sicher sollte es für Müggelheim andere Schwerpunktthemen geben und hier und da sollte das Motto „Leben und leben lassen“ gelten. In unser SPD-Wahlprogramm haben wir aufgenommen, dass es ein Programm geben muss, mit dem die Straßen in Siedlungsgebieten instandgesetzt werden können. Davon haben wir im ganzen Bezirk sehr viele – eine Aufgabe für die nächsten Jahrzehnte. Ich will keinen Kampf gegen Autos. Deshalb ist es gut, dass die Fahlenbergbrücke endlich erneuert wird.
Der erhebliche Zuwachs vor allem an Familien lässt Kitas und Schule aus allen Nähten platzen. Auch sonst ist die Infrastruktur nicht auf das Bevölkerungswachstum eingestellt. Wo würden Sie für Verbesserungen ansetzen? Welche Veränderungen müssten aus Ihrer Sicht ergriffen werden?
Die Schule ist erweitert und eine neue Kita ist gebaut worden. Das ist schon ein Erfolg. Weitere Kitaplätze wird es geben, aber die anderen Bezirksregionen werden ebenfalls Kinder aus Müggelheim aufnehmen. Die Vorbereitungen für eine neue Jugendfreizeiteinrichtung und den Neubau der Feuerwache laufen.
Wie können Sie umsetzen, dass unser denkmalgeschützter Dorfanger erhalten und gepflegt wird und solche Bausünden wie mit der Gasdruckregelstation nicht wieder passieren?
Die Erhaltungssatzung ist eine gute Grundlage. Sicher ist die Privilegierung der Leitungsbetriebe und damit die Rückstellung denkmalrechtlicher Belange nicht hilfreich. Ich finde es aber gut, dass sich die Netzgesellschaft gesprächs- und kompromissbereit gezeigt hat. Es ist auch richtig, dass alle Leitungsbetriebe in ihre Netze investieren – wir profitieren alle davon. Sie sollten dann aber auch rechtzeitig die Bevölkerung informieren.
Wie wollen Sie mehr Bürgernähe erreichen und den Menschen wieder Vertrauen in die Politik geben?
Ich danke zunächst den engagierten Akteuren in Müggelheim, die sich im Heimatverein, der Kirche oder in den Vereinen einbringen. Mit den Leitlinien zur Bürgerbeteiligung und einer Anlaufstelle für Bürgerbeteiligung haben wir neue Formen des Dialogs geschaffen. Die müssen mit Leben erfüllt werden. Mein Ziel ist es, dass für jedes Investitionsvorhaben des Bezirksamtes eine Bürgerbeteiligung stattfindet und dass auch alle anderen, die Bauvorhaben oder andere wichtige Planungen im Bezirk umsetzen wollen, Beteiligungsformate nutzen. Wir unterstützen das. Zu oft haben wir erlebt, dass Gespräche erst geführt wurden, wenn es schon zu spät war und alle wütend genug sind.
Carolin Weingart, Die Linke
Wohnort in Rahnsdorf und Erfurt, persönliche Referentin im Thüringer Sozialministerium, Partner, Sohn (15 Monate)
Wie sehen Sie die Entwicklung Müggelheims in den nächsten fünf Jahren?
Sicherlich wird es durch Wohnungsbau (der dem Charakter Müggelheims angepasst sein muss) einen weiteren Bevölkerungszuwachs geben. Das hat natürlich auch Folgen auf die soziale, grüne und technische Infrastruktur. Wichtig ist der Erhalt von soziokulturellen Angeboten wie z.B. des Dorfklubs, die stärkere Einbindung von Senior:innen in Partizipationsprozesse, die Förderung von bürgerschaftlichem Engagement, vor allem der Nachbarschaftshilfe und die barrierefreie Gestaltung des öffentlichen Raumes. Ein zentrales Thema bleibt der Lärmschutz angesichts des zunehmenden Flugverkehrs des BER. Neben dem Schallschutz für die Anwohner:innen setzt sich DIE LINKE für ein striktes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ein.
Auf der einzigen Straße von Berlin nach Müggelheim reihen sich die Autos im Berufsverkehr und erst recht an den Wochenenden mittlerweile wie eine Perlenkette aneinander. Wie kann den stetigen Staus entgegengewirkt werden?
Am Ausbau des ÖPNV mit einer höheren Taktung und einer langfristigen, sozial abgefederten Abkehr des motorisierten Individualverkehrs führt kein Weg vorbei, das hat für mich Vorrang vor dem Neubau von Straßen. Vorhandene Straßen sollten ertüchtigt werden. Zudem sind mehr Fahrradabstellmöglichkeiten erforderlich, vor allem an den Umsteigepunkten des ÖPNV (Haltstelle Müggellandstraße, Ortsausgang Müggelheim Richtung Köpenick), am Anger und an den Freizeitbereichen (Krampenburg/Kuhle Wampe, Badestellen Kleiner Müggelsee). Die Schaffung von Angeboten für den ruhenden Verkehr insbesondere im Umfeld der Naherholungsbereiche muss in Verbindung mit Straßenumgestaltungen mitbedacht werden.
Müggelheim verfügt über nur wenige befestigte Straßen, die meisten gehören der Kategorie C an. Wie stehen Sie zu den plötzlichen „Aktivitäten“ des Ordnungsamtes?
Grundsätzlich kann ich mir eine Befestigung von Gehwegen und Parkflächen vorstellen, diese müsse aber mit möglichst wenig Flächenversiegelung einhergehen. Was den Umgang des Ordnungsamtes mit Falschparkern angeht, würde ich mir eine andere Prioritätensetzung wünschen.
Der erhebliche Zuwachs vor allem an Familien lässt Kitas und Schule aus allen Nähten platzen. Auch sonst ist die Infrastruktur nicht auf das Bevölkerungswachstum eingestellt. Wo würden Sie für Verbesserungen ansetzen? Welche Veränderungen müssten aus Ihrer Sicht ergriffen werden?
Die Versorgung mit Kita- und Schulplätzen ist angesichts der Bevölkerungsentwicklung eine große Herausforderung. Damit Bildung, Förderung und Betreuung dauerhaft in guter Qualität sichergestellt werden können, muss die Bereitstellung von Kita- und Schulplätzen dringend an den Bedarf angepasst werden. Für die Schaffung neuer Kitaplätze sehe ich es als notwendig an, Investitionsmittel des Landes Berlin und des Bezirks merklich zu erhöhen, um den Bedarf an neuen Einrichtungen kurz- und mittelfristig abdecken zu können. Auch Schulneubauten sind angesichts der Entwicklung notwendig.
Wie können Sie umsetzen, dass unser denkmalgeschützter Dorfanger erhalten und gepflegt wird und solche Bausünden wie mit der Gasdruckregelstation nicht wieder passieren?
Es ist absolut erforderlich, dass bei allen Baugenehmigungen die Erhaltungsverordnung „Dorfkern Müggelheim“ beachtet wird, damit der Dorfkerncharakter erhalten bleibt.
Wie wollen Sie mehr Bürgernähe erreichen und den Menschen wieder Vertrauen in die Politik geben?
Das Vertrauen in die Politik kann aus meiner Sicht nur über die Verlässlichkeit der Aussagen von Politikerinnen und Politikern hergestellt werden. Was für eine Legislatur vereinbart wurde muss am Ende einer Wahlperiode transparent abrechenbar sein. Komplexe Sachverhalte müssen erklärbar gemacht werden. Nur ein Mehr an Bürgerbeteiligung stärkt die Identifikation mit der Politik vor Ort und das Vertrauen in politische Entscheidungsprozesse.
Bertram Wieczorek, CDU
Wohnhaft in Wendenschloss seit 14 Jahren, Facharzt für Allgemeinmedizin, noch als Gutachter des MDK tätig, verheiratet, fünf erwachsene Kinder. Als Wassersportler ist Treptow-Köpenick sein Zuhause.
Wie sehen Sie die Entwicklung Müggelheims in den nächsten fünf Jahren?
Müggelheim braucht einen Masterplan unter frühzeitiger Einbeziehung der Einwohner zur Entwicklung als Ortsteilzentrum, das den Namen wirklich verdient. Das bedeutet den Ausbau einer vielfältigen Infrastruktur, die es den Bürgerinnen und Bürgern zukünftig ermöglicht, viele Erledigungen von Ort realisieren zu können und der Dorfanger als kulturelles und soziales Zentrum fungiert.
Auf der einzigen Straße von Berlin nach Müggelheim reihen sich die Autos im Berufsverkehr und erst recht an den Wochenenden mittlerweile wie eine Perlenkette aneinander. Wie kann den stetigen Staus entgegengewirkt werden?
Für Müggelheim muss ernsthaft über die Möglichkeiten einer Ortsumgehung nachgedacht werden.
Müggelheim verfügt über nur wenige befestigte Straßen, die meisten gehören der Kategorie C an. Wie stehen Sie zu den plötzlichen „Aktivitäten“ des Ordnungsamtes?
Es gibt keine objektiven Grund, das Parken auf Randstreifen zu verbieten ( z.B. Odernheimer Straße ). Die Halteverbotsschilder müssten bis auf die Grundstückseinfahrten und Querstraßen und Wege beseitigt werden.
Der erhebliche Zuwachs vor allem an Familien lässt Kitas und Schule aus allen Nähten platzen. Auch sonst ist die Infrastruktur nicht auf das Bevölkerungswachstum eingestellt. Wo würden Sie für Verbesserungen ansetzen? Welche Veränderungen müssten aus Ihrer Sicht ergriffen werden?
Zur Entwicklung einer umfassenden Infrastruktur gehört auch die Schaffung neuer, ortsnaher Kita- und Schulplätze. Dazu müssen die tatsächlichen Bedarfe auf den Tisch und mit dem Bezirk und dem Senat abgestimmt werden.
Wie können Sie umsetzen, dass unser denkmalgeschützter Dorfanger erhalten und gepflegt wird und solche Bausünden wie mit der Gasdruckregelstation nicht wieder passieren?
Der Dorfanger muss reaktiviert und rekultiviert werden, siehe Frage 1
Wie wollen Sie mehr Bürgernähe erreichen und den Menschen wieder Vertrauen in die Politik geben?
In der nächsten Wahlperiode sollten regelmäßige Treffen mit Bürgerinitiativen und interessierten Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, auch mit Ortsbegehungen, organisiert werden. Keine falschen Versprechungen sondern Transparenz.
Alexander Bertram, AfD
Seit 2012 wohnhaft in Niederschöneweide. Studium der Sozialwissenschaften. In der AfD beruflich bereits in verschiedenen Funktionen auf Bezirks-, Landes-, und Bundesebene tätig gewesen. Verheiratet und Vater einer Tochter.
Wie sehen Sie die Entwicklung Müggelheims in den nächsten fünf Jahren?
Die Ortsteile in Randlage unseres Bezirkes gewinnen immer weiter an Attraktivität für junge Familien, die einerseits die Nähe zur Stadt schätzen, aber auch am Wochenende die Ruhe im Grünen suchen. Dieser zu erwartende Zuzug wird Müggelheim prägen und kann mit dem richtigen Augenmaß zu einer großen Bereicherung für die gesamte Bezirksregion werden, sofern auch die Infrastruktur mitwächst.
Auf der einzigen Straße von Berlin nach Müggelheim reihen sich die Autos im Berufsverkehr und erst recht an den Wochenenden mittlerweile wie eine Perlenkette aneinander. Wie kann den stetigen Staus entgegengewirkt werden?
Mit dem weiter steigenden Zuzug steigen auch die Anforderungen an die Verkehrs- infrastruktur in erheblichem Maße. Wir brauchen daher dringend die Modernisierung und den zielgenauen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sowohl für den Individualverkehr als auch für den öffentlichen Personennahverkehr.
Müggelheim verfügt über nur wenige befestigte Straßen, die meisten gehören der Kategorie C an. Müssen wir hier mit Restriktionen rechnen wie an der Odernheimer Straße? Wie stehen Sie zu den plötzlichen „Aktivitäten“ des Ordnungsamtes?
Die plötzlichen Aktivitäten werfen erhebliche Fragen zur Prioritätensetzung des Ordnungsamtes auf. Anstatt beherzt die wirklichen Probleme des Bezirkes wie zum Beispiel illegale Müllablagerungen oder das Ahnden von so genannten Kampfradlern anzugehen, wird der Konflikt mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort gesucht. Vollkommen unproblematisch könnte auch eine Bestandsschutzregelung ausgesprochen werden. Dass ausgerechnet der Klimaschutz als Begründung herhalten muss, wirkt mehr als befremdlich und es ist leider zu erwarten, dass sich diese Verwaltungspraxis wie ein Flächenbrand auf den gesamten Bezirk ausweiten wird.
Der erhebliche Zuwachs vor allem an Familien lässt Kitas und Schule aus allen Nähten platzen. Auch sonst ist die Infrastruktur nicht auf den Bevölkerungswachstum eingestellt. Wo würden Sie für Verbesserungen ansetzen? Welche Veränderungen müssten aus Ihrer Sicht ergriffen werden?
Als AfD haben wir eine klare Prämisse: Erst die Infrastruktur, dann die Wohnungen. Einen Wildwuchs an Neubauten, der die vorhandene soziale Infrastruktur, insbesondere bei Kita- und Schulplätzen, in der medizinischen Versorgung oder auch beim öffentlichen Nahverkehr überfordert, lehnen wir ab. Für die Bebauung von Freiflächen in gewachsenen Wohnquartieren fordern wir daher die Aufstellung von Bebauungsplänen, um eine Beteiligung der Bürger und einen angemessenen Interessenausgleich zu wahren. Gleichermaßen wichtig ist es auch, die entsprechende Infrastruktur auszubauen. Es gilt daher die systematische und konsequente Schulsanierungen und -neubauten endlich mit dem notwendigen Nachdruck anzugehen. Der Sanierungsstau an den Schulen ist abzubauen. Reparaturen und Renovierungen sind zügig durchzuführen.
Wie können Sie umsetzen, dass unser denkmalgeschützter Dorfanger erhalten und gepflegt wird und solche Bausünden wie mit der Gasdruckregelstation nicht wieder passieren?
Wir setzen uns für einen wirksamen Schutz unserer Bau- und Naturdenkmäler sowie aller Zeugnisse unserer Kultur und Geschichte ein. Ein Grundproblem, gerade im Bereich Denkmalschutz und Bauen, ist die mangelnde Transparenz und Information sowohl der Bürger als auch der BVV.
Durch die damalige Nichtinformation sind erhebliche Zusatzkosten für die Umsetzung der Gasdruckregelanlage entstanden, was durch eine frühzeitige Information hätte vermieden werden können.
Wie wollen Sie mehr Bürgernähe erreichen und den Menschen wieder Vertrauen in die Politik geben?
Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind die Grundpfeiler funktionierender politischer Entscheidung. Wir setzen uns daher für größtmögliche Transparenz politischer Entscheidungsprozesse und der Arbeit bezirklicher Gremien ein.
Claudia Leistner, Bündnis 90/Die Grünen
34 Jahre alt, Volljuristin und derzeit Referentin und Justiziarin bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus, verheiratet, 3 Kinder, aufgewachsen in Rahnsdorf, lebt in Friedrichshagen.
Wie sehen Sie die Entwicklung Müggelheims in den nächsten fünf Jahren?
Die jeweiligen Besonderheiten der unterschiedlichen Ortsteile in Treptow-Köpenick gilt es in ihrer ganzen Vielfalt zu erhalten. In Müggelheim heißt das, den dörflichen Charakter zu schützen und das Ortszentrum attraktiv zu gestalten. Müggelheim wächst, es entsteht viel neuer Wohnraum – die soziale Infrastruktur muss dementsprechend anpasst werden. Die Verkehrssituation ist schon heute sehr angespannt. Durch den Bau der Tesla-Gigafactory in Grünheide wird sich dies noch verstärken. Dem müssen wir durch eine echte Verkehrswende entgegenwirken.
Auf der einzigen Straße von Berlin nach Müggelheim reihen sich die Autos im Berufsverkehr und erst recht an den Wochenenden mittlerweile wie eine Perlenkette aneinander. Wie kann den stetigen Staus entgegengewirkt werden? Sind bauliche Erweiterungen des Straßensystems vorstellbar?
Eine Verbreiterung der Straße ist nicht zielführend. Es braucht vielmehr die konsequente Umsetzung des Mobilitätsgesetzes. Dafür muss der öffentliche Nahverkehr durch eine dichtere Taktung sowie der Ausbau der Buslinie auch am Abend attraktiver gestaltet, eine Verlängerung der Straßenbahn vom Krankenhaus Köpenick auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht, Carsharing-Angebote erweitert, eine E-Bike-Infrastruktur aufgebaut sowie Fahrradstraßen ausgewiesen werden.
Müggelheim verfügt über nur wenige befestigte Straßen, die meisten gehören der Kategorie C an. Müssen wir hier mit Restriktionen rechnen wie an der Odernheimer Straße? Wie stehen Sie zu den plötzlichen „Aktivitäten“ des Ordnungsamtes?
Die StVO regelt, dass das Parken auf unbefestigten Seitenstreifen nicht zulässig ist. Ich rege hier ein Dialogverfahren zwischen dem Ordnungsamt, dem Amt für Stadtentwicklung und den Anwohner*innen an, um gemeinsam eine gute Lösung zu finden.
Der erhebliche Zuwachs vor allem an Familien lässt Kitas und Schule aus allen Nähten platzen. Auch sonst ist die Infrastruktur nicht auf den Bevölkerungswachstum eingestellt. Wo würden Sie für Verbesserungen ansetzen? Welche Veränderungen müssten aus Ihrer Sicht ergriffen werden?
Um dem Zuwachs gerecht zu werden, muss mehr Raum für wohnungsnahe Kitas, Schulen, Spielplätze, Versorgungsmöglichkeiten und Parks geschaffen bzw. freigehalten werden. Grundschulen müssen dort entstehen, wo neue Wohnungen gebaut werden. Die verkehrliche Infrastruktur muss dabei stets mit geplant und vor Schulen für Verkehrssicherheit gesorgt werden. Hier müssen und können wir die Investoren stärker in die Pflicht nehmen.
Wie können Sie umsetzen, dass unser denkmalgeschützter Dorfanger erhalten und gepflegt wird und solche Bausünden wie mit der Gasdruckregelstation nicht wieder passieren?
Mit der Erhaltungsverordnung für das Gebiet Dorfkern Alt-Müggelheim wird der Bereich um den Dorfkern in seiner städtebaulichen Eigenart geschützt. Der Dorfanger ist zu erhalten und zu pflegen und dafür Geld im Bezirkshaushalt vorzuhalten. In Zukunft ist durch alle Akteure mehr Sorge dafür zu tragen, dass denkmalgeschützte Bereiche nicht mit großen Baukörpern versehen werden. Zudem ist es notwendig, frühzeitig und klar zu kommunizieren, wenn Bauvorhaben in solch sensiblen Bereichen anstehen.
Wie wollen Sie mehr Bürgernähe erreichen und den Menschen wieder Vertrauen in die Politik geben?
Die Menschen wollen sich beteiligen und mitbestimmen. Ich möchte Politik für die Bürger*innen vor Ort machen, ihnen zuhören und mich für alle Bürger*innen in klaren und transparenten Prozessen stark machen. Es braucht enge Kommunikationsbeziehungen mit den bürgerschaftlich engagierten Gruppen vor Ort, wie dem Müggelheimer Bürgerverein. Insbesondere bei großen Bauvorhaben ist eine Beteiligung der Bürger*innen dringend nötig. Der Bezirk muss hier Verantwortung übernehmen und sich für seine Bürger*innen stark machen.
Joachim Schmidt, FDP
1969 geboren, unverheiratet, Diplom-Politologe und Journalist. Seit 24 Jahren Bezirksverordneter, seit 2015 Vorsitzender der FDP Treptow-Köpenick; ehrenamtlich tätig als Vorsitzender des Bürgerverein Altglienicke und Mitglied im dortigen Gemeindekirchenrat.
Wie sehen Sie die Entwicklung Müggelheims in den nächsten fünf Jahren?
Die Einwohnerzahl Müggelheims hat sich nach 1990 verdreifacht. Das spricht einerseits für die gute Wohn- und Lebensqualität, zieht aber auch Probleme mit der nicht mitwachsenden Infrastruktur nach sich. Dazu gehört die ausreichende Bereitstellung von Schul- und Kitaplätzen, der Ausbau von Straßen (siehe Parkproblem Odernheimer Straße) oder das Bereitstellen von Bänken und Erholungsmöglichkeiten. Zudem ist die Fähre Schmöckwitz – Krampenburg bis nach Alt- Müggelheim zu verlängern. Dies sollte in den nächsten fünf Jahren verbessert werden.
Auf der einzigen Straße von Berlin nach Müggelheim reihen sich die Autos im Berufsverkehr und erst recht an den Wochenenden mittlerweile wie eine Perlenkette aneinander. Wie kann den stetigen Staus entgegengewirkt werden?
Eine Patentlösung gibt es leider nicht. Durch die abgelegene Lage Müggelheims ist die Verkehrsanbindung nur über eine einzige Straße möglich. Eine Verbreiterung ist ein reizvoller Gedanke, würde aber wohl an den Berliner Forsten und dem Trinkwasserschutz scheitern. Daher bleibt zu hoffen, dass der prognostizierte Stau, der bis jetzt zum Glück auch nur selten auftritt, nicht zunimmt. Es ist richtig, ggf. über Ampelsteuerungen auf den Zufahrtsstraßen in Köpenick den Verkehr zu entzerren.
Müggelheim verfügt über nur wenige befestigte Straßen, die meisten gehören der Kategorie C an. Müssen wir hier mit Restriktionen rechnen wie an der Odernheimer Straße? Wie stehen Sie zu den plötzlichen „Aktivitäten“ des Ordnungsamtes?
Das Ordnungsamt hat bei diesem Thema jedes Maß verloren. Formaljuristisch mag das Parken auf unbefestigten Seitenstreifen falsch sein, dennoch wurde es Jahrzehnte geduldet und entspricht geübter Praxis. Die Anwohner nun abzukassieren, ohne ihnen einen Ersatz anzubieten, ist der falsche Weg. Wo nötig sind die Seitenstreifen auf Kosten des Bezirksamts zügig zu befestigen, um das Parken wieder legal möglich zu machen. Wir haben als FDP in der BVV einen Antrag unterstützt, an der Odernheimer Straße zeitnah für eine Lösung zu sorgen.
Der erhebliche Zuwachs vor allem an Familien lässt Kitas und Schule aus allen Nähten platzen. Auch sonst ist die Infrastruktur nicht auf den Bevölkerungswachstum eingestellt. Wo würden Sie für Verbesserungen ansetzen? Welche Veränderungen müssten aus Ihrer Sicht ergriffen werden?
Wie bereits in der ersten Frage dargestellt, müssen entsprechende Erweiterungen zügig angegangen werden, damit die Kapazitäten erhöht werden können. Die Infrastruktur muss unbedingt mit der Entwicklung Schritt halten. Mir arbeitet die Verwaltung immer noch zu bürokratisch, um den doch vorab einschätzbaren Bedarf an Kita- und Schulplätzen rechtzeitig bereitzustellen.
Wie können Sie umsetzen, dass unser denkmalgeschützter Dorfanger erhalten und gepflegt wird und solche Bausünden wie mit der Gasdruckregelstation nicht wieder passieren?
Der Umgang mit dem denkmalgeschützten Dorfanger war bei der Gasstation besonders ärgerlich, weil das Zusammenspiel verschiedener Bereiche des Bezirksamts nicht geklappt hat und sich die Denkmalschutzbehörde als zahnloser Tiger herausstellte. Künftig müssen solche Projekte rechtzeitig der Bevölkerung bekannt gemacht – etwa über den Müggelheimer Boten – und im Bezirksdenkmalrat vorgestellt werden. Nur so kann man auf die Planungen noch Einfluss nehmen.
Wie wollen Sie mehr Bürgernähe erreichen und den Menschen wieder Vertrauen in die Politik geben?
Das heißt im Bezirk viel vor Ort zu sein. Ich erlebe viele Menschen, die an ihrem Wohnumfeld interessiert sind. Deren Sorgen und Probleme will ich weiterhin ernst nehmen und nach Lösungen dafür suchen. Ich bin da Kommunalpolitiker mit Leib und Seele. Wir müssen erreichen, dass Entscheidungen der Verwaltung noch transparenter für alle werden.