Mein neues Leben: Arbeiten von Zuhause
Inspiriert durch die Corona-Gedanken der 13-jährigen Sophie-Charlotte in der April-Ausgabe des Müggelheimer Boten hat jetzt Ralf Krüger einige seiner Gedanken zusammenfassend aufgeschrieben – als Erwachsener, der im Berufsleben steht:
Homeoffice war nie eine Option für mich. Schon gar nicht in Müggelheim.
Fast ein Arbeitsleben lang, war ich früh auf den Beinen. Immer in Eile, um pünktlich die Stechuhr zu streicheln. Mein Schreibtisch stand in Lichtenberg, Charlottenburg und ist aktuell in Schöneberg. In den 15 Jahren, in denen meine Frau und ich jetzt in Müggelheim wohnen, habe ich es geschafft, den täglichen Stress des Broterwerbs auf Abstand zu halten. Unsere 2-Zimmer-Wohnung an der Waldseite der Philipp-Jacob-Rauch-Straße ist zu unserem „Castle“ geworden. Zu einem Ort der Entspannung, an dem die Alltäglichkeiten abprallen, wie Geschosse an einer dicken Mauer. An einem Märztag des Jahres 2020 war damit Schluss.
Das Unternehmen, das letztlich meine Miete finanziert, empfahl seinen Mitarbeitern ab sofort im Homeoffice zu arbeiten. Es klang ernst. Kollegen bleibt weg von der Straße, bleibt wenn möglich Zuhause! So die Losung. Was ich mir nie hätte vorstellen können, passierte dann in wenigen Tagen. Auf dem runden Tisch, an dem meine Frau und ich an den Wochenenden frühstücken und zu Abend essen, entstand ein Mini-Büro mit Laptop, Bildschirm und Headset. Beim ersten Kundengespräch von dieser Stelle hörte ich meine eigene Stimme ungewohnt intensiv. Die Geräusche des Großraumbüros waren weg.
Man glaubt nicht, wie schnell sich der Mensch an neue Umgebungen gewöhnt. Aber nicht an andere Abläufe. Ich musste mich förmlich zwingen, das bequeme Büro auch mal zu verlassen. Mittagspausen sind sogar im Homeoffice erlaubt. Ich lernte Müggelheim neu kennen. Am helllichten Tage. Keine Hetzerei nach Feierabend mehr, zur Post oder zum Arzt. Dafür sah ich entspannte Verkäuferinnen und ein größeres Angebot zu High Noon.
Mir wurde bewusst, dass ich diese Pandemie, sofern ich gesund blieb, überleben konnte. Zwischen Ludwigshöheweg und Müggelheim-Dorf, zwischen zwei Haltestellen also, gibt es alles, was ich dafür brauche.
Auf 114,8 Höhenmetern steht unser stolzes Gipfelkreuz. Nicht weit davon entfernt ist dieser tolle Waldrastplatz eingerichtet, von dem man über den Müggelsee bis nach Friedrichshagen schauen kann. Ich bin oft hier hochgestiegen, wenn mich der Corona-Frust aus der Bude trieb. Ich denke, es wird sich einiges ändern, wenn dieser Spuk erstmal vorbei ist. Sicher ist jedoch: Die Natur, die unseren Ort so friedlich umgarnt, wird bleiben. Es ist nicht viel, aber doch ein tröstlicher Gedanke.